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Die Bestimmung - Roth, V: Bestimmung

Die Bestimmung - Roth, V: Bestimmung

Titel: Die Bestimmung - Roth, V: Bestimmung
Autoren: Veronica Roth
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über die Schulter hinweg. Sie sind völlig verwirrt. Sie haben noch nicht verstanden, was sie tun sollen.
    » Denkt nicht darüber nach«, sage ich. » Springt einfach.«
    Ich drehe mich um, und in der Drehung lasse ich mich fallen. Mit geschlossenen Augen stürze ich wie ein Stein in die Tiefe, nur einen Arm ausgestreckt, um den Luftzug zu spüren. Ich lockere mich, so gut ich kann, ehe ich in das Netz falle. Meine Schulter fühlt sich an, als würde ich auf einen Betonklotz knallen. Mit zusammengebissenen Zähnen rolle ich auf die Seite, halte mich an der Stange fest, an der das Netz aufgehängt ist, und schwinge meine Beine über die Kante. Ich lande auf den Knien und blinzle die Tränen weg.
    Caleb schreit auf, als das Netz ihn umfängt und sich dann wieder strafft.
    Mühsam stehe ich auf. » Caleb!«, zische ich. » Hierher!«
    Schwer atmend kriecht Caleb über den Netzrand und rutscht hinunter. Er kommt unsanft auf. Stöhnend stellt er sich auf die Füße und starrt mich aus weit aufgerissenen Augen an.
    » Wie oft… hast du das schon gemacht?«, fragt er zwischen zwei Atemzügen.
    » Jetzt zweimal«, sage ich.
    Er schüttelt den Kopf.
    Dann fällt mein Vater ins Netz und Caleb hilft ihm heraus. Als er wieder festen Boden unter den Füßen hat, beugt er sich über die Plattform und übergibt sich. Ich gehe die Treppen hinunter, und als ich unten bin, höre ich, wie Marcus mit einem lauten Stöhnen ins Netz klatscht.
    Die Höhle ist leer und die Gänge verlieren sich im Dunkeln.
    Jeanine klang so, als wäre außer den Soldaten, die sie zurückgeschickt hat, um die Computer zu bewachen, niemand mehr auf dem Gelände. Wenn wir diese Soldaten gefunden haben, dann haben wir auch die Computer gefunden.
    Ich drehe mich um. Marcus steht auf dem Boden, leichenblass, aber unverletzt.
    » Das also ist das Hauptquartier der Ferox«, sagt er.
    » Ja«, antworte ich. » Und?«
    » Ich dachte, ich würde es nie zu Gesicht bekommen«, antwortet er und streicht mit einer Hand über die Wand. » Kein Grund, so gereizt zu sein.«
    Mir ist nie zuvor aufgefallen, wie kalt seine Augen sind.
    » Hast du einen Plan, Beatrice?«, fragt mich mein Vater.
    » Ja.« Es stimmt. Ich habe einen Plan, obwohl ich es bis zu diesem Moment nicht ahnte.
    Ich weiß nicht, ob er funktionieren wird, aber ich kann zumindest von drei Dingen ausgehen: Erstens, auf dem Gelände befinden sich nicht viele Ferox, zweitens, die Ferox sind nicht gerade für ihren Scharfsinn bekannt, und drittens, ich bin wild entschlossen, ihnen das Handwerk zu legen.
    Wir gehen durch den Gang, der zur Grube führt; alle paar Schritte brennt ein Licht. Als wir in den ersten Lichtkegel treten, höre ich einen Schuss und lasse mich zu Boden fallen. Jemand muss uns gesehen haben. Ich krieche zur nächsten dunklen Stelle. Der Schuss blitzte direkt an der Tür auf, die in die Grube führt.
    » Alle in Ordnung?«, frage ich leise.
    » Ja«, antwortet mein Vater.
    » Dann bleibt, wo ihr seid.«
    Ich laufe an die Seite der Grube. Direkt unter den Lampen ist ein schmaler dunkler Schattenstreifen. Wenn ich dicht an der Wand entlanggehe, kann ich mich unbeobachtet zu der Stelle schleichen, von der aus auf uns geschossen wurde, und den Angreifer überrumpeln, ehe er mir eine Kugel in den Kopf schießt. Hoffe ich jedenfalls.
    Ich bin jetzt auf alles gefasst und deshalb habe ich auch keine Angst mehr. Zumindest das verdanke ich den Ferox.
    » Wer auch immer da ist«, ruft jemand, » werft die Waffen weg und hebt die Hände hoch!«
    Den Rücken an die Wand gepresst, laufe ich seitwärts, einen Fuß über den anderen setzend, und versuche, im Halbdunkel etwas zu erkennen. Wieder zerreißt ein Schuss die Stille. Ich bin an der letzten Lampe angekommen und bleibe einen Moment stehen, damit sich meine Augen an das Licht gewöhnen.
    Einen direkten Kampf kann ich wohl kaum gewinnen, aber wenn ich schnell genug laufe, werde ich nicht kämpfen müssen. Leise nähere ich mich der Wache vor der Tür. Als ich nur noch ein paar Schritte entfernt bin, wird mir klar, dass ich das dunkle Haar, das immer glänzt, auch in tiefer Dunkelheit, kenne, genauso wie die lange, schmale Nase.
    Es ist Peter.
    Die Kälte kriecht von außen bis in mein Innerstes.
    Seine Miene ist wach und angespannt– er ist also kein Schlafwandler. Er blickt sich um, aber er sieht mich nicht. Seiner Haltung nach zu urteilen, hat er nicht vor, mit uns zu verhandeln; er wird uns ohne viel Aufhebens abknallen.
    Ich fahre mit der Zunge
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