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Die beste Welt: Roman (German Edition)

Die beste Welt: Roman (German Edition)

Titel: Die beste Welt: Roman (German Edition)
Autoren: Karen Lord
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Mutter den fakultativen Brautpreis aus purem Gold in Form eines selbst gefertigten Kolibris.
    Sie war begeistert. Zu mir sagte sie: »Natürlich hinterlasse ich dir das Stück in meinem Testament, aber es ist einfach eine schöne Geste. Ein Beweis, dass er dich wirklich schätzt .«
    Die dritte Feier hielten wir geheim. Wir reisten in die Bergwälder im Norden zu einem gewissen Tempel und wurden dort kraft Gesetzes, kraft der Religion und kraft unseres Geistes in einer Schweigezeremonie, bei der nur wenige Menschen körperlich, aber Hunderte im Geist anwesend waren, miteinander verbunden. Ich … will darüber nicht zu viel sagen, bedaure. Es ist kein Geheimnis, aber eine sehr persönliche Herzensangelegenheit. Schon die Erinnerung treibt mir die Tränen in die Augen. Tief durchatmen! Weitermachen!
    Ein dramatischer Zwischenfall im Sinne von »der möge jetzt sprechen oder für immer schweigen« blieb uns nicht erspart. Ich hätte mir denken können, dass die berüchtigte Zhera bei all den Brautgesprächen irgendwann auf eine Frau vom Tempel stoßen musste und ihr – lediglich durch ihre überwältigende Präsenz – das Geheimnis entlocken würde. Oder, freundlicher ausgedrückt, man hatte ihr wahrscheinlich in Anerkennung ihrer Stellung eine Einladung geschickt. Jedenfalls erschien sie am Ende unserer Hochzeitszeremonie, prächtig gekleidet und mit zwei jungen Nonnen im Schlepptau, und gebärdete sich, als sei sie bereits die Herrin hier. Ihr drohender Blick erinnerte mich an die böse Fee, die vor Wut, weil man sie nicht zur Taufe der Prinzessin eingeladen hatte, nicht nur das arme unschuldige Kind, sondern das gesamte Königreich mit einem Fluch belegt.
    »Noch einmal also geschah es, dass Ihr die Bindung besiegelt, Dllenahkh.«
    Ihrem altertümlichen, gestelzten Sadirisch hörte man an, dass sie zu viele Stunden in rituellen Gesängen mit Untergebenen und zu wenige Minuten bei normalen Gesprächen mit Gleichgestellten verbracht hatte.
    »So ist es, Zhera«, antwortete er höflich, aber knapp.
    »Die Wahl der Partnerin erscheint uns … unklug.«
    Innerlich kochte ich, aber ich sagte nichts. Sie mochte sich für befugt halten, über die jungen Leute der Kolonie zu Gericht zu sitzen, aber ich war eine erwachsene Frau und würde mir das nicht bieten lassen.
    Ich bemühte mich, kühlen Kopf zu bewahren, während sich Dllenahkh ganz ungerührt verteidigte. »Ich würde es nicht unklug nennen, eine Frau zu heiraten, die zu starken euphorischen Projektionen fähig ist.«
    Ich rang weiter um Fassung, aber jetzt aus einem ganz anderen Grund. Wie schaffte er es nur, diesen glatten Worten so viel Anzüglichkeit beizumischen. Mein Erstaunen wuchs noch, als Zhera weder die Stirn runzelte, noch sonst in irgendeiner Weise Missfallen erkennen ließ. Ihr strenger Blick wich leichter Belustigung, und ihre zusammengepressten Lippen entspannten sich.
    »Respektloser Jüngling! Nie hätten wir geträumt, Euch als einen der Ältesten unseres Volkes vor uns zu sehen. Je nun – Ihr habt wohlgetan. Kind!«
    Das galt mir. Ich beherrschte mich, um nicht zurückzuzucken. »Ma’am?«
    »Er ist ein guter, ein getreuer Mann. Doch sollte er jemals wieder dem Leichtsinn verfallen«, ein böser Blick zu Dllenahkh, »wie schon geschehen, dürft Ihr ihn nicht ermutigen.«
    »Ja, Ma’am. Ich meine, nein, Ma’am. Wie Sie meinen, Ma’am.« Ich schnappte nach Luft, weniger weil ihr Befehl mich überwältigt hätte, sondern weil ich vollkommen verdattert war. Ich hatte plötzlich begriffen, dass er sie provoziert hatte und sie ihn nun neckte.
    Als sie wieder hinausrauschte, wandte ich mich ihm zu und zog erstaunt die Augenbrauen hoch: »Eine Freundin von dir?«
    Er schmunzelte. »Was Zhera unter diesem Wort versteht, ist schwer zu sagen. Für mich ist sie eine große Lehrerin, die mir vieles über die Philosophie und die Wissenschaft des Geistes beigebracht hat. Für sie bin ich immer noch der junge Schüler, der verwegen genug war, ihr ein einziges Mal zu widersprechen. Das hat sie mich niemals vergessen lassen.«
    »Warum hast du die euphorischen Projektionen erwähnt?«, beklagte ich mich. »Das war mir sehr peinlich.«
    Er zog eine Augenbraue hoch. »War die Aussage nicht zutreffend?«
    »Doch, wenn man es genau nimmt, aber du hast den Eindruck erweckt, als hättest du solche Projektionen bereits … in ehelicher Gemeinschaft erlebt.«
    Er überlegte eine Weile. »Ich verstehe. Vielleicht keine Unwahrheit, aber sicherlich irreführend. Mir
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