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Die Beschützerin

Die Beschützerin

Titel: Die Beschützerin
Autoren: Susanne Kliem
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Assistentinnen. Ich wollte erklärend einschreiten, doch Vanessa Ott schüttelte leicht den Kopf und zwinkerte mir zu. Paul reichte ihr einen gelben, taillierten Gehrock. »Die Farbe wird dir perfekt stehen. Mit dem schwarzen Haar zusammen, grandios!«
    Vanessa Ott tauschte ihr eigenes Jackett gegen das Musterstück. Sie lief bis zum Ende des Raumes und kam zurück. Dabei stakste sie wie ein professionelles Model auf einem Laufsteg, setzte die Füße vor- statt nebeneinander. Der Gehrock war ihr zu weit, aber sie bewegte sich, als wäre er ihr auf den Leib geschneidert. Ihr Gesicht war maskenhaft, der Blick stechend.
    Â»Großartig, Schatz, toll machst du das«, rief Paul.
    Wir applaudierten. Vanessa verzog keine Miene, verharrte in einer perfekten Pose, einen Arm in die Hüfte gestemmt, ein Bein vorangestellt, streifte elegant die Jacke ab und reichte sie Evelyn. »Hier, du bist dran, Schatz!« Sie imitierte perfekt Pauls Akzent und versuchte gleichzeitig, Evelyn mit dem stechenden Modelblick zu taxieren, aber dann lachte sie prustend los. Paul und Evelyn lachten mit, auch ich lächelte. Ihre gute Laune war einfach ansteckend.
    Nachdem ich mich für eine Auswahl aus Pauls Kollektion entschieden hatte, eilte ich in ein Meeting mit der Presseabteilung. Die Kollegen waren nicht glücklich über ein Engagement von Miranda Glass, aber es gelang mir, sie zu überzeugen. Direkt im Anschluss traf ich mit Sven einen Bühnenbildner wegen eines weiteren Events. Irgendwann sah ich auf die Uhr und bekam einen kleinen Schreck. Es ging auf acht Uhr zu, und ich wollte Gregor nicht warten lassen. Ich holte meine Tasche aus meinem Büro, schaltete den Computer aus und trat auf den Flur. Die Stimme eines Mannes hallte mir entgegen. Vor dem Aufzug standen Vanessa Ott und ein Fremder in einem dunkelblauen, zerknitterten Jackett. Ich blieb in meinem Türrahmen stehen, sie hatten mich noch nicht bemerkt.
    Â»Ist genug Gras über die Sache gewachsen? Sind Sie das Versteckspielen leid?«, fragte der Fremde. »Ich hätte nicht gedacht, dass Ihr Boss Sie decken wird.«
    Â»Ich wüsste nicht, was Sie das angeht.«
    Â»Machen Sie keinen Fehler. Ich grabe weiter, so lange, bis ich Beweise finde.«
    Vanessa Ott lachte. »Da wünsche ich Ihnen viel Spaß. Aber ich rate Ihnen, passen Sie gut auf sich auf.«
    Â»Drohen Sie mir etwa?«
    Â»Wie käme ich dazu. Und jetzt machen Sie Platz. Sie stehen mir im Weg.«
    Der Fremde rührte sich nicht. Sie ging um ihn herum, drückte auf den Knopf des Aufzugs, ein Surren aus einer anderen Etage verriet, dass er sich in Bewegung setzte. Die Tür der Herrentoilette öffnete sich, und Mark Winter kam heraus. Er blieb abrupt stehen und starrte den Mann an. »Vanessa, was ist …?« Er war mit wenigen Schritten neben ihr, obwohl er noch immer humpelte. »Was wollen Sie hier? Wie sind Sie hier reingekommen? Verschwinden Sie sofort, oder ich rufe die Polizei!« Er zog sein Handy aus der Jacke.
    Â»Die Polizei?« Der Fremde lachte böse auf. »Auf die ist Verlass. Die Erfahrung haben Sie ja schon gemacht.«
    Mark Winter riss die Hände hoch und stieß den Fremden hart vor die Brust, sodass der zurücktaumelte. Der Fremde wischte über den Stoff seiner Jacke, als klebe Dreck daran.
    Â»Diesmal kriege ich Sie«, sagte er zu Vanessa Ott und war im nächsten Moment durch das Treppenhaus verschwunden.
    Der Aufzug öffnete sich. Mark Winter ging voraus in die Kabine, doch Vanessa Ott blieb stehen.
    Â»Vanessa …?«
    Â»Alles in Ordnung, Mark. Danke. Geh nach Hause und kühl deinen Fuß. Ich muss noch kurz … Ich hab etwas im Büro vergessen.«
    Die Aufzugtür schloss sich, und Mark Winter verschwand. Sie drehte sich in meine Richtung um. Ich ließ meine Bürotür laut ins Schloss fallen, und klapperte mit dem Schlüsselbund, so, als wäre ich gerade herausgekommen.
    Sie kam auf mich zu. »Ah, Sie sind auch noch da? Das ist gut. Ich habe noch ein paar Fragen an Sie …« Ihre Stimme zitterte leicht. War sie durcheinander wegen der Begegnung mit diesem Mann? Was hatte er von ihr gewollt?
    Â»Nur ein paar kurze Fragen … zu Ihrem Event-Rating,« sagte sie.
    Â»Oh, kein Problem, aber hat das eventuell Zeit bis morgen früh?« Ich blickte auf die Uhr.
    Sie legte eine Hand auf ihre Brust und atmete mehrmals heftig ein und aus.
    Â»Frau Ott? Ist alles in
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