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Die Beschützerin

Die Beschützerin

Titel: Die Beschützerin
Autoren: Susanne Kliem
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Reihe.«
    Im Konferenzraum stellte ich Vanessa Ott Sven und Britta, unsere Praktikantin, vor. Sie hatten das Mobiliar gegen weiß eingedeckte Stehtische austauschen lassen. In hohen, schlanken Glasvasen leuchteten Rosen und Bartnelken als hellrosa und purpurrote Farbkleckse.
    Ich kontrollierte mit einem Blick das Büfett, Geschirr, Servietten, Besteck, Getränke. Alles war perfekt.
    Der Raum füllte sich mehr und mehr. Frank Oderthal kam herein, ließ sich ein Glas Prosecco reichen und winkte uns zu.
    Â»Schau mal, Promi-Alarm«, raunte Sven in mein Ohr und blickte weiter zum Eingang.
    Ich drehte mich um und entdeckte Jörg Ermgassen. Auch er hatte mich gesehen.
    Â»Weißt du, wieso er hier ist?«, fragte Sven, doch in diesem Moment begann das offizielle Programm, und alle verstummten. Die Abschiedsreden für Frank Oderthal wurden gehalten. Ich beobachtete Jörg. Ohne das Make-up, das er vorgestern Abend auf der Bühne aufgetragen hatte, sah er blass, schmal und gestresst aus. Seine neue Talkshow hatte keine guten Quoten. Sie wurde in München produziert, und dort war auch sein Arbeitsplatz. Nach Berlin kam er nur, wenn er Termine mit dem Vorstandschef hatte. Hoffentlich hatte er keinen Ärger. Der Applaus für Oderthal war noch nicht verklungen, da ging ich schon zu Jörg, bevor er von jemand anderem in ein Gespräch verwickelt werden konnte. Sämtliche Augenpaare, zumindest der weiblichen Belegschaft, waren dezent auf uns gerichtet.
    Â»Was machst du denn hier?«
    Jörg grinste. »Befehl von oben. Ich hab einen Termin bei Lehner.«
    Â»Was ist los?«
    Â»Ãœberraschung.«
    Ich sah ihn fragend an.
    Â»Später«, flüsterte er. »Ich muss los. Drück mir die Daumen.« Er warf mir einen Handkuss zu, nahm im Vorbeigehen ein Glas Sekt vom Tablett einer Hostess und verschwand damit.
    Inzwischen leerte sich der Raum. Auch die meisten Mitarbeiter meiner Abteilung hatten die Feier verlassen. Ich entdeckte Vanessa Ott in einer Ecke. Sie unterhielt sich mit Sven. Ich wollte zu ihnen gehen, aber Svens Gesichtsausdruck hielt mich davon ab. Er runzelte die Stirn und sah hochkonzentriert aus. Was ich da beobachtete, war kein Party-Small-Talk. Was konnten die beiden so Wichtiges zu besprechen haben?
    Ich wandte mich den Resten auf dem Büfett zu, nahm eine Minibulette und steckte sie in den Mund. Da spürte ich eine Hand auf meiner Schulter und drehte mich um. Frank Oderthal stand hinter mir. Er hatte sein Jackett ausgezogen und seine Krawatte gelockert.
    Â»Das hab ich überlebt.« Er lachte. »Nein, im Ernst, es war toll. Das habt ihr perfekt organisiert. Danke.«
    Â»Das geb ich gern weiter.«
    Während Oderthal mir gegenüber irgendwann zu einem vertrauten »Du« übergegangen war, siezte ich ihn als graue Eminenz des Senders weiterhin, eine Regelung, mit der wir uns beide wohlfühlten.
    Â»Ich hoffe nur, man hat mir nicht angemerkt, wie sentimental ich war«, fuhr er fort.
    Â»Nur ein ganz kleines bisschen.«
    Â»Das wird ein komisches Gefühl sein, morgen früh nicht mehr ins Büro zu fahren. Trotzdem bin ich froh über mein Timing. In ein paar Wochen möchte ich nicht mehr hier sein.«
    Â»Wegen Bloomsdale?«
    Â»Ein Tsunami ist nichts dagegen. Ich habe so dies und das gehört, natürlich unter dem Siegel der Verschwiegenheit.« Oderthal sprach leise, obwohl niemand in der Nähe stand. »Wenn die Aufforderung zu Einsparungen kommt, dann kleb nicht an den alten Konzepten. Du musst radikal denken. Sonst wird dein Projekt wegrasiert.«
    Â»Der Smiling Kids Day?« Ich spürte, wie mir das Blut aus dem Gesicht wich. Er konnte sich nur täuschen. Andere Events vielleicht, aber doch nicht dieses. »Das ist das Aushängeschild des Senders.«
    Â»Du hörst nicht zu, Janne. Ich sage doch, gib das alte Denken auf. Vergiss das ›Aushängeschild‹. Der SKD ist eines unter vielen Projekten. Nichts ist mehr heilig.« Er schwieg einen Moment. Ich forschte in seinem Gesicht. Zwischen seinen Brauen hatte sich eine Falte gebildet. Was meinte er mit ›radikalem Umdenken‹? Was hatte er erfahren? Würde er mir Details sagen?
    Oderthal nahm sich eine Cherrytomate, steckte sie sich in den Mund und kaute. »Da ist noch was. Lehner hat mir gegenüber Andeutungen gemacht.«
    Â»Ãœber das Projekt?«
    Â»Ãœber dich.« Er lächelte. »Du bist keine typische
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