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Die Beschenkte

Die Beschenkte

Titel: Die Beschenkte
Autoren: Kristin Cashore
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Dienst des Königs Thigpen von Estill. Er wurde des Verrats beschuldigt, darauf stand die Todesstrafe. Der Mann war in Richtung Estill geflohen.
    Katsa war gerade zehn Jahre alt. Randa war zu einer ihrer Übungsstunden gekommen und hatte sie mit einem unangenehmen Lächeln beobachtet. »Bist du bereit, etwas Nützliches mit deiner Gabe anzufangen, Mädchen?«, rief er ihr zu.
    Katsa hörte auf zu treten und herumzuwirbeln, sie stand still, von der Vorstellung beeindruckt, dass ihre Gabe nützlich sein könnte.
    »Hmm.« Randa grinste über ihr Schweigen. »Dein Schwertist das einzig Glänzende an dir. Hör gut zu, Mädchen. Ich schicke dich diesem Verräter hinterher. Du musst ihn in aller Öffentlichkeit töten, mit deinen bloßen Händen, ohne Waffen. Nur ihn, sonst keinen. Wir alle hoffen, dass du inzwischen gelernt hast, deinen Blutdurst zu beherrschen.«
    Katsa zog sich plötzlich in sich selbst zurück, zu klein zum Sprechen, selbst wenn sie etwas zu sagen gehabt hätte. Sie verstand seinen Befehl. Er verweigerte ihr den Gebrauch von Waffen, weil er nicht wollte, dass der Mann schnell starb. Randa wollte ein blutiges, qualvolles Schauspiel, und er erwartete von ihr, dass sie es lieferte.
    Katsa zog mit Oll los, von Soldaten begleitet. Als die Soldaten den Flüchtigen gefangen hatten, schleppten sie ihn zum Marktplatz des nächsten Dorfs, wo ihnen ein paar überraschte Leute erstaunt zuschauten. Katsa wies die Soldaten an, den Mann niederknien zu lassen. Mit einer einzigen Bewegung brach sie ihm den Hals. Es floss kein Blut, es gab nur einen jähen Schmerz. Die meisten in der Menge merkten gar nicht, was geschehen war.
    Als Randa hörte, was sie getan hatte, wurde er zornig; zornig genug, um sie in seinen Thronsaal zu rufen. Von seinem erhöhten Platz schaute er auf sie hinunter, der Blick seiner blauen Augen war hart, sein Lächeln nicht mehr als ein Zähnezeigen. »Welchen Sinn hat eine öffentliche Hinrichtung«, sagte er, »wenn die Öffentlichkeit nicht mitbekommt, dass der Bursche stirbt? Ich merke, dass ich bei Befehlen deine geistige Beschränktheit berücksichtigen muss.«
    Danach enthielten seine Kommandos Einzelheiten: Blut und Schmerzen soundso lange. Man konnte seine Wünsche nicht umgehen. Je öfter Katsa sie ausführte, umso besserwurde sie darin. Und Randa bekam, was er wollte, denn ihr Ruf verbreitete sich wie ein Krebsgeschwür. Jeder wusste, was mit denen geschah, die König Randa von den Middluns in die Quere kamen.
    Und eine Zeit lang vergaß Katsa ihren Widerstand. Es wurde zu schwierig, sich das auch nur vorzustellen.
    Auf ihren Reisen im Auftrag Randas erzählte Oll dem Mädchen von den Dingen, die Randas Spione erfuhren, wenn sie in andere Königreiche kamen. Junge Mädchen verschwanden aus einem Dorf in Estill und tauchten Wochen später in einem Bordell in Wester wieder auf. Ein Mann büßte in einem Kerker in Nander für den Diebstahl seines Bruders, denn sein Bruder war tot und es musste jemand bestraft werden. Der König von Wester erhob in den Dörfern von Estill eine Steuer, die Soldaten aus Wester einsammelten, indem sie Dorfbewohner aus Estill erschlugen und ihre Taschen leerten.
    Alle diese Geschichten wurden Randa von seinen Spionen berichtet, und alle ignorierte er. Jetzt gab es eine neue – ein Lord aus den Middluns hatte den größten Teil seiner Ernte versteckt, um einen kleineren Zehnten zu bezahlen, als er ihm schuldete. Das war eine lohnende Geschichte, hier gab es ein Problem, das die Middluns etwas anging. Randa schickte Katsa los, damit sie dem Lord den Schädel einschlug.
    Katsa konnte nicht sagen, woher die Idee gekommen war, doch sobald sie sich in ihre Gedanken gedrängt hatte, ging sie ihr nicht mehr aus dem Kopf. Wozu wäre sie fähig, wenn sie aus freiem Willen handelte und unabhängig von Randas Befehlen? Das war es, worüber sie nachdachte, was sie ablenkte,wenn sie in Randas Auftrag Finger brach und Männerarme aus ihren Gelenkpfannen drehte. Und je mehr sie über die Frage nachdachte, umso dringlicher wurde sie, bis Katsa glaubte, aufzulodern und zu verbrennen, weil sich die Sehnsucht, ihre Idee zu verwirklichen, nicht erfüllte.
    Mit sechzehn vertraute sie die Idee Raffin an. »Es könnte funktionieren«, sagte er. »Ich helfe dir natürlich.« Als Nächstes ging sie zu Oll.
    Oll war skeptisch, sogar beunruhigt. Er war daran gewöhnt, seine Informationen Randa vorzutragen, er war daran gewöhnt, dass Randa entschied, was zu tun war. Doch sobald Oll
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