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Die Beschenkte

Die Beschenkte

Titel: Die Beschenkte
Autoren: Kristin Cashore
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gut. Sie spricht nie über den Tod ihrer Mutter, aber ich weiß, dass sie immer noch Albträume hat.«
    »Ich weiß nicht, was sie gegen ihre Albträume tun kann«, sagte Bo. »Sie ist noch so jung und muss so vieles versuchen zu begreifen – eine ermordete Mutter, einen verrückten Vater!«
    »Glaubst du, dass er verrückt war?«
    Bo zögerte. »Ich weiß es nicht. Auf jeden Fall war er grausam und pervers. Aber es ist schwer zu sagen, wo er aufhörte und seine Gabe begann, weißt du, was ich meine? Und vermutlich werden wir nie erfahren, woher er kam. Oder was er wirklich wollte.« Er atmete langsam ein und aus. »Wenigstens verändern sich die Gefühle der Menschen für ihn. Hast dudas gemerkt? Man wird ihn nicht in guter Erinnerung behalten.«
    »Das wird eine Hilfe für Bitterblue sein.«
    »Weißt du, sie fragt sich, ob ich ein Gedankenleser bin. Sie vermutet es, Katsa, und dennoch vertraut sie mir und verlangt nicht, dass ich meine Geheimnisse preisgebe. Das ist außergewöhnlich.«
    Katsa horchte auf die Stille, die sich in der Höhle ausbreitete, als Bo verstummte. »Ja. Bitterblue ist nicht wie andere Menschen.«
    »Bei der Krönung warf Skye mir vor, ich würde mich weigern, dich zu heiraten«, sagte Bo, und jetzt hörte sie ein Lächeln in seiner Stimme. »Er war ziemlich aufgebracht deswegen.«
    Katsa seufzte. »Oll kam mit dem gleichen Thema zu mir. Er findet es gefährlich, einander so viel Freiheit zu lassen, nur vage Pläne über gemeinsame Reisen in der Zukunft zu machen und für den Rat zu arbeiten, und das alles ohne Versprechen. Ich habe ihm gesagt, ich würde dich nicht heiraten und mich wie eine Klette an dich hängen, nur damit ich dich für mich behalten und verhindern kann, dass du eine andere liebst.«
    »Das macht nichts. Die anderen müssen es nicht verstehen.«
    »Ich mache mir Sorgen darüber.«
    »Tu das nicht. Wir schaffen das schon. Und manche können uns verstehen. Raffin zum Beispiel und Bann.«
    »Ja«, sagte Katsa. »Sie verstehen uns.«
    Bo schauderte, und sie umfasste ihn, um ihn zu wärmen. Plötzlich wurde sie von einem Gefühl überwältigt. Sie flüsterte: »Bist du entschlossen, sofort nach Lienid zu gehen?«
    Er wartete einen Moment, bis er antwortete, und schaffte es dann nicht ganz, seinen Ton unbeschwert zu halten. »Meine Mutter wird in Tränen ausbrechen, wenn ich ihr von meiner Blindheit erzähle. Um ehrlich zu sein, das fürchte ich mehr als alles andere.«
    »Ich werde mit dir gehen.«
    »Nein, Katsa, ich schaffe das schon. Ich will mich damit auseinandersetzen und es dann hinter mir haben. Und ich will nicht, dass du deine Pläne änderst.«
    Katsa war auf dem Weg zurück nach Bitterblue City, wo sie jungen Mädchen Kampfunterricht erteilen wollte. Das war, was sie jetzt tun wollte, in allen sieben Königreichen, und nach der Krönung hatte Bitterblue sie gebeten, in Monsea anzufangen. Und Bo hatte sie ziemlich eindringlich ermuntert, weil Katsa so eine Entschuldigung dafür hatte, Bitterblues Wohl im Auge zu behalten.
    »Ich werde mindestens ein paar Monate in Monsea sein«, sagte Katsa. »Aber ich verspreche dir, als Nächstes in Lienid Unterricht zu geben.«
    »Also hoffe ich, dich bis zum Ende des Herbstes wiederzusehen. Ich werde mir einreden, dass es nicht lange dauert.«
    »Ich werde den Landweg nach Westen nehmen«, sagte Katsa, zögerte und gab dann zu: »Ich werde in die Middluns reisen, Bo. Da lebt noch ein König, mit dem ich mich auseinandersetzen muss.«
    Bo zog überrascht und hörbar die Luft ein. »Aber das hast du doch schon getan.«
    Katsa seufzte. »Ja. Aber damals hatte ich Angst vor mir selbst. Ich hatte Angst vor ihm. Das habe ich jetzt nicht mehr. Bo – Randa muss wissen, dass ich ab jetzt komme und gehe,wie ich will. Ich werde mich nicht mehr wie eine Art Verbrecher verstecken, und ich werde keine Angst davor haben, meine Freunde zu besuchen. Raff fehlt mir schon jetzt so sehr, und ich muss Helda sehen – ich will sie überzeugen, nach Monsea zu gehen. Bitterblue braucht sie.«
    Bo schlang die Arme um sie und zog sie an sich. Mit den Fingern bürstete er Sand aus ihren Haaren. »Gut«, sagte er leise. »Sei vorsichtig. Ich werde dich erwarten, nachdem du dich mit deinem König auseinandergesetzt hast.«
    Still lagen sie zusammen im Finstern. Katsa legte ihren Kopf an seine Brust. Sie hörte Wasser plätschern und das Echo dazu. Sie hörte sein Blut pulsieren.
    »Weißt du«, sagte er, »ich wollte, du könntest diese Höhle
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