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Die Barbaren

Die Barbaren

Titel: Die Barbaren
Autoren: Hugh Walker
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gewaltigen Barbarenheers.
    Sondern gegen die Finsternis wollte er ins Feld ziehen!
    Aber diesen Traum würden sie besser schlucken, wenn sie erste Siege hinter sich hatten und sich so stark fühlten, daß sie selbst den Teufel nicht mehr fürchteten.
    Spät in der Nacht schreckten die Krieger durch ein Wolfsgeheul auf und griffen hastig nach ihren Waffen, als das kehlige Grollen einer Raubkatze folgte. Als sie verschlafen aus den Zelten stürzten, schrillte eine menschliche Stimme.
    Sie erstarrten, als sie die sich langsam wiegende Gestalt sahen, die an der letzten Glut des Feuers saß, die Bärenmaske auf dem Haupt, die Fellschlangen um seine Schultern, die kleinen Metallringe bei jeder Bewegung klirrend.
    Die Geister sprachen zu Skoppr, und er gab Antwort.
    Es gab keinen unter den Lorvanern, der nicht mit Ehrfurcht und Grauen dem gespenstischen Geschehen folgte. Solcherart hatten sie ihren Schamanen bisher noch nicht erlebt. Es war alles in seinem Geist gewesen, wenn er seine Hilfsgeister befragte.
    Doch diesmal war es, als ob es unmittelbar um sie herum geschähe, als ob sie nur die Augen richtig zu öffnen brauchten, um zu sehen, wozu nur ein Schamanengeist stark genug war. Eine wachsende Furcht war in ihren abergläubischen Herzen, die ihre starken Körper sich ducken ließ.
    Nur Nottr stand ungebeugt und kämpfte grimmig das Unbehagen nieder, das ihn erfüllte. Auch er spürte den Hauch des Unwirklichen. Doch seine Neugier übertraf bei weitem seine Furcht. Er hatte viele Schamanen und Zauberer bei der Arbeit gesehen, und zum erstenmal, seit er an Mythors Seite geritten war, spürte er, daß einer wirklich Macht besaß, die der der Caer-Priester nahekam. Es erfüllte ihn mit großer Hoffnung, und er sah sich seinen Träumen einen Schritt näher. Mit einem wie Skoppr an seiner Seite, und ein paar anderen, die ihr Handwerk so gut wie er verstanden, und zehn oder fünfzehn Tausendschaften seiner Lorvaner würde er die Caer und die Finsternis aus den Westländern fegen.
    Nottr, der Befreier…! Er grinste. Dieser verdammte Mythor war schuld an seinen Heldenträumen. Er hoffte, daß ihre Wege sich eines Tages wieder kreuzten. Wenn er von diesem Marsch zurückkehrte, mochten vielleicht bereits Boten der Kundschafterschar im Hauptlager eingetroffen sein, die er in den Süden geschickt hatte, um über Mythors Schicksal zu erfahren.
    Doch dann war die Wirklichkeit wieder um ihn, die so viel schwerer zu lenken war als seine Träume.
    Der Schamane hatte sich über die Glut gebeugt, daß sein hageres Gesicht wie vom Feuer des Erdinnern erfüllt war. Er breitete dabei die Arme aus, und so, als hätte sich eine Tür geschlossen, erstarb das Gefühl der Unwirklichkeit.
    Der Schamane richtete sich mit geschlossenen Augen auf und sagte mit abwesender Stimme: »Ich habe die Wölfe befragt, und sie sagen mir, daß viele Zeichen in den Bergen sind. Nicht alle sind aus dieser Zeit.« Er atmete schwer. Sein Gesicht war nun in der Düsternis der fast erloschenen Glut kaum noch zu erkennen, als er fortfuhr: »Und ich habe die Tiger befragt, die diese Berge durchstreifen. Sie sagen, daß nicht alle Zeichen gut sind, und daß manches besser begraben bleibt.« Wieder schwieg er einen Moment, wie um neue Kraft zu schöpfen. »Da ich dies alles nicht zu deuten wußte, fragte ich auch noch ihre Opfer, die der Wölfe und die der Tiger. Und sie sagten mir, daß Tote in diesen Bergen sind, die nach Leben hungern, statt sich mit ihren Gefilden zu bescheiden.«
    Nottr schauderte unwillkürlich und er hörte seine Krieger erschrocken flüstern.
    »Und was raten deine Geister, Schamane?« fragte er mit dröhnender Stimme. »Daß wir unseren Marsch abbrechen?«
    »Nein«, flüsterte der Schamane. »Denn in dieser Welt sind die Lebenden mächtiger als die Toten. Aber es gibt andere Welten…«
    »In die wir noch früh genug kommen«, erwiderte Nottr grimmig.
    »Hütet euch vor den Lockungen der Toten«, flüsterte Skoppr.
    »Es gibt Lebende, die nach dem Tod hungern, so wie Tote nach dem Leben«, stellte Nottr fest. »Wovor sollten wir uns hüten? Wir sind das Leben. Wenn der Tod zu uns kommt, dann durch ein Schwert, nicht durch eine Lockung, habe ich recht?« Letzteres sagte er laut und auffordernd.
    »Ja… ja…« Seine Krieger antworteten zögernder.
    »Wir sind Krieger, keine Geisterbeschwörer, Schamane. Diese Lockungen sind für einen wie dich.«
    »Ja, für einen wie mich…« Er ließ die Arme sinken und fiel entkräftet zusammen. Kelka
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