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Die Barbaren

Die Barbaren

Titel: Die Barbaren
Autoren: Hugh Walker
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sprang zu ihm und fing ihn, bevor er mit dem Gesicht voran in die glühende Asche stürzen konnte.
    Die Männer und Frauen krochen wieder in ihre Zelte zurück und mancher fand keinen Schlaf mehr in dieser Nacht.
    Nottr begab sich zu dem Zelt, in dem Olinga lag. Als er sich überzeugt hatte, daß sie ruhig schlief, kehrte er zurück zum Feuer, wo der Schamane noch reglos saß, und setzte sich schweigend zu ihm.
    Eine gute Stunde später war Skoppr genug bei Sinnen, daß er aufzustehen versuchte. Aber er schwankte so sehr, daß er sich wieder setzte. Er zog seinen Fellumhang fester um seine Schultern und hielt die Hände über das Feuer.
    »Wann wird Olinga soweit sein?« fragte Nottr.
    Aber Skoppr gab keine Antwort.
    »Sind wir in Gefahr?« bohrte Nottr weiter.
    »Sind wir das nicht immer?« erwiderte der Schamane krächzend.
    »Welche Zeichen muß ich finden?«
    »Du begreifst nicht, Nottr«, sagte der Schamane ernst. »Du mußt nicht nach Zeichen Ausschau halten. Es ist vielmehr etwas, das erst zum Zeichen wird, wenn du es hast. Es mag ein Stein sein, oder ein Gedanke, eine Trophäe, oder ein Traum. Wenn du es erst hast, wird keiner mehr an deiner Führerschaft zweifeln.« Seine knöcherne Hand berührte Nottrs Arm beruhigend. »Du wirst es finden. Hüten mußt du dich vor den Dingen, die gefunden werden sollen.«
    Nottr saß eine Weile stumm und dachte darüber nach.
    »Warum kann deinesgleichen nie mit klaren Worten sagen, wie die Dinge liegen?« brummte er enttäuscht.
    »Weil nur die Gegenwart, der Augenblick, wirklich klar ist. Die Vergangenheit ist bereits verschwommen, weil jeder sie mit anderen Augen gesehen hat. Um wieviel unergründlicher muß die Zukunft sein, die noch niemand gesehen hat? Die Geister kennen sie. Einige von uns können die Geister hören, aber selten verstehen.«
    Erneut grübelte Nottr eine Weile. »Weshalb sagst du, daß es ein böses Omen ist, wenn mein Sohn am Sonnwendtag geboren wird? Weil es der Tag der Schlacht von Dhuannin ist?«
    Der Schamane schüttelte langsam den Kopf. »Ich habe die Ringe geworfen, und sie sagten es. Warum es so ist, wissen wir immer erst danach, wenn etwas geschehen ist.«
    »Ich habe beschlossen, zu warten, bis die Geburt vorbei ist, bevor ich in die Berge hinaufsteige.«
    Der Schamane nickte nur. Nach einer Weile war er eingeschlummert.

2.
    Der Morgen brachte atemberaubenden Glanz über die verschneite Landschaft. Die Krieger waren voller Tatendrang, und Nottr gab ihnen Gelegenheit genug, ihren angestauten Mißmut loszuwerden. Gut die Hälfte seiner Leute schickte er aus, die Gegend zu erkunden, in die sie sich so blind durch den Sturm vorgetastet hatten. Sie sollten zudem nach Spuren von Urgats Haufen Ausschau halten. Zudem brauchten sie Feuerholz und frisches Fleisch.
    Am Vormittag sah es so aus, als würde Olingas Niederkunft ihren Anfang nehmen, doch alles beruhigte sich wieder, außer Nottr, dessen Unruhe stetig wuchs.
    Wenig später kam einer der Wachtposten vom Höhleneingang zu ihm und rief aufgeregt etwas von fremden Kriegern.
    Er folgte ihm ins Freie und mußte die Augen zusammenkneifen, so blendend war die Helligkeit. Als sich seine Augen ein wenig daran gewöhnt hatten, konnte er die dunklen Punkte erkennen, die sich langsam über einen weißen Hang bewegten.
    Es mochten etwa zwei Dutzend sein. Und sie hatten es nicht eilig. Der Hang lag ziemlich hoch in den Bergen, gut einen halben Tagesmarsch entfernt. Es war nicht zu erkennen, ob es sich um Urgats Lorvaner handelte. Aber die Punkte waren Menschen.
    »Ob sie uns ebenfalls entdeckt haben?«
    »Das ist anzunehmen?« sagte Nottr.
    »Urgat?«
    Nottr zuckte die Schultern. »Wer sollte sonst verrückt genug sein, um diese Jahreszeit in den Bergen-am-Rand-der-Welt herumzusteigen?«
    »Wir«, sagte der Posten grinsend.
    Der Schamane kam aus der Höhle. Er stand schwankend in der Sonne und kniff die Augen zusammen.
    »Das ist nicht Urgats Haufen«, stellte er fest.
    »Du hast gute Augen, Schamane«, bemerkte Nottr anerkennend.
    »Ich sehe sie nicht mit den Augen, Nottr.«
    Nottr starrte ihn überrascht an.
    »Wer sind sie?«
    »Fremde.«
    »Fremde?«
    »Ich hörte ihre Stimmen, aber ich konnte die Worte nicht verstehen. Sie sind auf der Suche nach etwas… sie haben etwas verloren…«
    »Weißt du nicht, woher sie kommen?«
    Der Schamane schüttelte den Kopf. »Nein…«
    Das Jagdfieber packte Nottr. »Wir sollten sie uns ansehen, bevor Urgat uns dazwischenkommen kann.« Grinsend wandte er sich an
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