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Die Barbaren von Ragnarok

Die Barbaren von Ragnarok

Titel: Die Barbaren von Ragnarok
Autoren: Tom Godwin
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schmutzigen Namen. Von mir aus können sie alle zum Teufel gehen.«
    John Humbolt war allein auf der Brücke, als Groß-kommandeur Hayden vom Expeditionskorps der Erde zu ihm kam. Hayden war ein großer und stattlicher Mann mit energischem, gebräuntem Gesicht, einem grauen Schnurrbart und stahlblauen Augen.
    »Entschuldigen Sie mein unangemeldetes Eindringen, Sir«, sagte Hayden mit der ironischen Höflichkeit, die für ihn charakteristisch war. »Ich wollte mich erkundigen, ob ich Ihnen im Zusammenhang mit diesem Phantomschiff irgendwie behilflich sein kann.«
    »Bitte nehmen Sie Platz«, sagte Humbolt. »Dank für Ihr Anerbieten, aber wir können nichts tun als abwarten und sehen, was geschieht.«
    Hayden nahm einen Stuhl, wobei er sich beinahe in der Entfernung verschätzte. Offenbar hatte er mehr getrunken als ihm anzumerken war.
    »Wir haben zwei Kreuzer in der Gegend von Athena stehen«, sagte Hayden. »Ich habe Anweisung gegeben, daß sie dort Verteidigungspositionen einnehmen. Damit verfügt Athena neben der Bodenverteidigung über vier Kreuzer. Ich bedaure, daß wir im Bereich von Ragnarok keine Schiffe haben.«
    »Nun, das ist nicht zu ändern«, sagte John.
    »Tatsächlich«, sagte Hayden, »glaube ich nicht, daß Ragnarok in Gefahr ist. Mit allem Respekt für Sie und alle anderen, die dort leben, diese Welt ist viel zu rauh und öde, um eine Rasse zu interessieren, die in der Lage ist, ein Schiff für die dritte Ebene zu bauen. In den letzten zweihundert Jahren haben Sie insgesamt nur fünf Tonnen Eisen gewonnen, ist das richtig?«
    »Das ist richtig.«
    Hayden lehnte sich zurück und sagte: »Aber die umwälzenden Qualitäten dieser paar Tonnen Eisen! Zweifellos eines der faszinierendsten Kapitel in der Geschichte von Ragnarok, Sir. Kein Schiff, um damit von Ihrer Gefängniswelt zu entkommen, aber Sie bauten aus dem bißchen Metall, das Sie hatten, einen Sender und lockten einen Kreuzer der Gern in Ihre Falle. Armbrüste, Einhörner und zahme Waldschliefer gegen Strahlwaffen und Desintegratoren, aber Sie eroberten den Kreuzer. Und noch bevor Sie Athena erreichten, kaperten Sie mit dem Kreuzer dieses Schlachtschiff. Erstaunliche Leistungen, Sir, höchst bemerkenswert.«
    »Sagen Sie, Hayden«, fragte John Humbolt neugierig, »wie denken Sie wirklich über uns Ragnaroker?«
    »Meinen Sie die überlegene körperliche Konstitution? Oder denken Sie an die weniger greifbaren, aber darum nicht weniger gediegenen Qualitäten wie löwenhafte Tapferkeit, unbekümmerten Wagemut, unbeugsame Entschlossenheit und so weiter?«
    Da ist es wieder, dachte John. Ein Ragnaroker kann einen von der Erde oder von Athena nicht mal nach der Uhrzeit fragen, ohne auf diesen verborgenen Groll zu stoßen.
    Er schaute Hayden an und fühlte sich von dem Mann irgendwie herausgefordert und irritiert, aber vielleicht lag es an seiner eigenen Empfindlichkeit. Im Grunde war Hayden zu bemitleiden, hatte er doch sein ganzes Leben dem Ziel gewidmet, die Streitmacht der Erde zum Sieg über die Gern zu führen und seine Heimat von fremder Bevormundung zu befreien. Aber die Ragnaroker, nicht Hayden, hatten den Sieg herbeigeführt und den Gern die Friedensbedingungen diktiert. Ohne eigenes Verschulden sah Hayden sich um seinen Triumph gebracht, und niemals würde sein Name in den Geschichtsbüchern als der Name des Mannes aufleuchten, der den zweihundertjährigen Krieg beendet hatte …
    »Ich meine die Ragnaroker als Rasse«, sagte er zu Hayden. »Denn dazu haben wir uns wohl entwickelt, seit die Gern unsere Ahnen als nutzlose Esser ausmusterten und auf Ragnarok absetzten – in der Überzeugung, daß sie dort zugrunde gehen würden.«
    »Nun«, sagte Hayden, »es ist klar, daß niemand damit gerechnet hatte, daß Menschen auf Ragnarok überleben könnten. Entsprechend groß war denn auch unsere Verblüffung, als zweitausend kühne Barbaren von dort hervorbrachen und an unsere Seite traten, um das Kriegsglück zu wenden. In drei Jahren von den Höhlen zur Zerstörung des Gern-Imperiums – eine Erfolgsgeschichte ohne Beispiel.«
    »Nicht in drei Jahren«, sagte John. »In zwei Jahrhunderten. Es war nicht einfach. Auf Ragnarok ist nichts einfach.«
    Vor dreihundert Jahren hatte eine Expedition die Höllenwelt entdeckt und ihr einen Namen aus der altnordischen Mythologie gegeben: Ragnarok, was soviel wie Weltuntergang bedeutete. Damals hatte man sie als kaum bewohnbar und ungeeignet für ständige Niederlassungen eingestuft. Der Planet besaß
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