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Die Baeren entdecken das Feuer

Die Baeren entdecken das Feuer

Titel: Die Baeren entdecken das Feuer
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abends rollte Hvarlgen in den Grand Central. »Wir werden die heutige Abendsitzung ausfallen lassen«, sagte sie. »Sidrath und das Q-Team wollen die versprochene Kommunikation nicht verpassen. Sie befürchten, daß wir etwas überstürzen oder den Schatten wie einen Radiergummi abnutzen könnten.«
    »Aber Sie sind doch hier die Leiterin.« Ich war erstaunt, bei mir eine Enttäuschung festzustellen.
    »Stimmt. Das ist allerdings nur eine Formalität. Tatsächlich ist Sidrath schon zusammen mit Johnny Hier auf dem Weg zu uns, für den Fall, daß die Kommunikation stattfinden sollte, bevor sie den Schatten zur Orbitalstation bringen können. Wir haben uns darauf geeinigt, daß wir die Sitzungen auf eine pro Tag beschränken.«
    »Eine pro Tag!«
    »Ich glaube, daß wir alles erfahren haben, was wir hier erfahren konnten. Der Schatten beantwortet immer nur dieselben Fragen, wie in einer Endlosschleife. Wir treffen uns wie gewöhnlich am Morgen, Major. Wollen Sie in der Zwischenzeit Monopoly spielen?«
     
    In jener Nacht träumte ich wieder vom Fliegen. Das Fliegen selbst flog, und zwar so schnell, daß ich ihm nachjagen mußte, damit es nicht verschwand. Am nächsten Morgen folgte ich nach dem Frühstück (Würstchen und Eier) den Lunies den Tunnel entlang nach Ost, wo Hvarlgen und Dr. Kim auf uns warteten.
    Hvarlgen bestand darauf, daß ich an meinem üblichen Platz saß. Wie eine Priesterin bei einem Ritual stellte sie die Schüssel zwischen meine Füße und rollte dann zurück zu Dr. Kims Bett. Der Schatten wand sich in der Glasschüssel und verschwand; er erschien wieder in seinem blauen Overall, der blauer war, als ich ihn in Erinnerung hatte.
    »Wer sind die anderen?« fragte Hvarlgen.
    »Sie sind nicht ›sie‹. Sie sind ein Anderes.«
    (Vielleicht hatte Hvarlgen recht damit, die Sitzungen zu beschränken. Das Ganze wirkte allmählich wie ein Wortspiel.)
    »Was für ein Anderes?« fragte Hvarlgen. »Eine andere Zivilisation?«
    Ich hörte ein Geräusch, das wie ein Knurren klang. Es kam von Dr. Kim; er war eingeschlafen, auf einen Ellbogen gestützt, mit der Sprühflasche in seiner Hand.
    »Keine Zivilisation. Sie sind keine – Vielzahl wie ihr. Nicht biologisch.«
    »Nicht materiell?« fragte Hvarlgen.
    »Kein Wo-Wann-Band«, antwortete der Schatten.
    »Ist die Kommunikation vorbereitet? Kann sie jetzt stattfinden?«
    »Bald. Das Protokoll ist vollständig. Wenn die Kommunikation stattfindet, wird das Protokoll fort sein.«
    Ich fragte mich, was das bedeuten sollte. Wir waren vermutlich Teil dieses Protokolls. Ich wollte gerade die Hand heben, um die Erlaubnis für eine Frage zu erhalten, doch der Schatten flackerte bereits und war schon dabei, sich zurück in seine Existenzform in der Schüssel zu winden.
     
    Hvarlgen scheuchte alle aus der Krankenstation, wobei sie darauf bedacht war, Dr. Kim nicht zu wecken. Wir gingen zum Grand Central und genehmigten uns ein spätes Frühstück. Ich sagte ihr nicht, daß ich schon gegessen hatte. Ich nahm Suppe und Kekse.
    Auf dem Plakat stand D = 55. Mir blieben nur noch weniger als zwei Tage auf dem Mond.
    »Nimmt Dr. Kim viel von diesem Zeug?« fragte ich.
    »Er hat starke Schmerzen«, erwiderte Hvarlgen. »Ich hoffe bloß, daß er es noch bis zu dieser Kommunikation durchhält, um was immer es sich dabei auch handeln mag. Andererseits…«
    »Für Sie«, unterbrach uns einer der Lunies. »Es ist die Diana. Sie haben gerade die TLE abgeschlossen und sind auf dem Weg hierher.«
    Ich ging zurück zu meiner Kammer und machte ein Nickerchen. Wieder träumte ich vom Fliegen. Seit Katie gestorben war, hatte ich nicht mehr so viel geträumt. Ich hatte keine Flügel, ja nicht einmal einen Körper – ich war das Fliegen selbst. Die Bewegung war meine Substanz; dies geschah auf eine Art und Weise, die mir vollkommen klar war; allerdings verflüchtigte sich dieses Wissen, als ich erwachte.
    Die Kammer war kalt. Ich hatte mich noch nie so allein gefühlt.
    Ich zog mich an und ging zum Grand Central, wo ich zwei Lunies fand, die sich Bonnie und Clyde ansahen, und Hvarlgen hing am Telefon und sprach mit Sidrath. Ich hatte vergessen, wie einsam es auf der Rückseite des Mondes sein konnte. Es ist der einzige Ort im Universum, von dem aus man niemals die Erde sehen kann. Draußen gab es nichts als Sterne und Steine und Staub.
    Ich ging zur Krankenstation. Dr. Kim war wach. »Wo ist Sunda?« fragte er.
    »Sie telefoniert mit Sidrath und Johnny Hier. Sie haben kurz nach dem
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