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Die Baeren entdecken das Feuer

Die Baeren entdecken das Feuer

Titel: Die Baeren entdecken das Feuer
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Mittagessen mit dem Aufstieg zum Paß begonnen. Sie schliefen gerade, Doktor.«
    »So sei es«, sagte Dr. Kim. »Haben Sie schon unseren Freund begrüßt?«
    Ich erkannte den Schatten in der Ecke unter der Magnolie; er stand nahe bei dem Fußende des Bettes. Ich spürte, wie es mir kalt über den Rücken lief. Es war das erste Mal, daß er erschienen war, ohne gerufen worden zu sein. Die Schüssel auf dem Tisch war leer.
    »Hallo«, sagte ich. »Haben Sie mit ihm gesprochen?«
    »Er redet nicht.«
    »Sollte ich nicht Hvarlgen holen?«
    »Das ist nicht nötig«, sagte Dr. Kim. »Er will uns jetzt nichts sagen. Wissen Sie, ich glaube, er liebt es einfach, zu existieren.«
    »Ich bin trotzdem hier«, ertönte Hvarlgens Stimme von der Tür her. »Was ist los?«
    »Ich glaube, er mag es einfach, zu existieren«, erklärte Dr. Kim nochmals. »Haben Sie jemals beim Abspielen eines Programms das Gefühl gehabt, daß das Programm es genießt, abgespielt zu werden? Daß es genießt, zu existieren? Es steckt alles in den Verbindungen; es ist der Tanz der Teilchen. Ich vermute, unser Freund, der Schatten, spürt, daß er nicht mehr lange existieren wird, und…«
    Als er noch sprach, begann der Schatten zu verblassen. Zur gleichen Zeit wand sich die dunkle Substanz in der Schüssel ins Dasein. Ich schaute auf sie hinab. Sie war dunkel, aber durchsichtig und unendlich tief, wie die Unendlichkeit selbst. Hinter ihr konnte ich Sterne sehen.
    Hvarlgen schien erleichtert darüber zu sein, daß der Schatten verschwunden war. »Ich bin froh, daß die Diana bald hier sein wird«, bekannte sie. »Ich weiß nicht, wie wir weitermachen sollen.«
    Ich saß auf dem Fußende des Bettes. Dr. Kim nahm eine weitere Dosis FriedFind und reichte mir die Flasche herüber.
    »Dr. Kim!«
    »Beruhigen Sie sich. Er ist nicht mehr unser Versuchskaninchen, Sunda«, sagte er. »Sein Darm ist nicht länger der Pfad zwischen den Sternen.«
    »Trotzdem. Sie wissen, daß es nur für Unheilbare ist«, entgegnete Hvarlgen.
    »Wir sind alle unheilbar, Sunda. Wir steigen nur an verschiedenen Haltestellen aus.«
     
    An jenem Abend spielten wir nach dem Essen Monopoly. Der Schatten erschien wieder, und erneut hatte er uns nichts zu sagen. »Er redet nicht, wenn wir ihn nicht ansprechen«, meinte Hvarlgen.
    »Vielleicht sind die Zeremonie, der Stuhl, die zuschauenden Lunies Teil des Protokolls«, sagte Dr. Kim, »genauso wie die Fragen.«
    »Was ist mit den ›Anderen‹? Glauben Sie, daß wir sie sehen werden?« wollte ich wissen.
    »Meine Vermutung ist, daß es keine ›Anderen‹ gibt, die man sehen könnte«, antwortete Dr. Kim.
    »Was wollen Sie damit sagen?«
    »Stellen Sie sich ein Wesen vor, das größer als eine Galaxis ist, das im subatomaren Bereich agiert, wo das Newtonsche Universum ein unlogischer, unvorstellbarer Traum ist. Ein Wesen, das sich in Wellen fortpflanzt, um zu existieren, ist eines und doch auch viele. Ein Wesen, das nicht ein Wo-Wann-Band ist, wie es der Schatten nennt, sondern eine Serie gleichzeitiger Ereignisse…«
    »Dr. Kim«, unterbrach ihn Hvarlgen. Sie spielte ein konservatives, aber tödliches Spiel.
    »Ja, meine Liebe?«
    »Sehen Sie sich vor. Sie sind gerade auf meiner Stadt gelandet. Bar oder Kredit?«
    »Kredit«, wählte er.
     
    In jener Nacht träumte ich. Ich schlief lange und wachte erschöpft auf. Ich fand Hvarlgen im Grand Central, wo sie – wie seit kurzem üblich – mit Sidrath telefonierte. Ein Lunie wechselte das Plakat D = 29 gegen D = 11 aus.
    »Johnny Hier und Sidrath haben gerade den Wolf Creek Pass überquert«, sagte Hvarlgen, als sie auflegte.
    »Sie sind nicht gerade langsam«, sagte ich.
    »Sie benutzen Zusatzraketen«, erklärte sie. »Wir alle haben das Gefühl, daß die Zeit drängt.«
    Dies würde vereinbarungsgemäß unsere letzte Kontaktsitzung sein. Alle Lunies waren anwesend; in ihren gelben Gewändern sahen sie sich so ähnlich wie eine Biene der anderen. Ich saß an meinem üblichen Platz, was ein Teil des Protokolls zu sein schien. Ich genoß meine bedeutende Position – besonders seit ich die Hose anbehalten durfte.
    Hvarlgen stellte die Schüssel auf den Boden, und der dunkle Wal tauchte auf, wand sich elegant aus seiner Schüssel, und der Schatten erschien im Bildnis eines Mannes.
    Hvarlgen schaute mich an. »Haben Sie eine Frage?«
    »Was geschieht nach der Kommunikation?« wollte ich wissen.
    »Ich höre auf zu sein.«
    »Werden wir ebenfalls aufhören zu sein?«
    »Ihr seid ein
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