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Die außergewoehnlichen Geheimnisse von April, May & June

Die außergewoehnlichen Geheimnisse von April, May & June

Titel: Die außergewoehnlichen Geheimnisse von April, May & June
Autoren: Robin Benway
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Mays nächtlicher Orgie. Sie wusste nur, dass hier im Valley haufenweise Stars vom Disney-Channel wohnen, und fand unseren Umzug deswegen klasse. Ich hingegen wusste, dass kein Mensch mich oder meine Schwestern jemals gefragt hatte, was wir eigentlich wollten, und dass uns sowieso keine Wahl geblieben wäre. Aber ich sage euch, wenn ich geahnt hätte, dass wir hier landen würden, hätte ich schon vor einer ganzen Weile die Klappe aufgemacht. Anfang September ist es in diesem Tal nämlich abartig heiß.
    Jetzt wohnten wir also in diesem neuen Haus, mit einem Palisanderbaum davor, dessen lila Blüten ständig den Fußweg übersäten, und mit Eukalyptusbäumen im Garten. Das war alles ganz hübsch, aber es fühlte sich einfach nicht nach Zuhause an. Es war eben nur das Haus, in dem wir wohnten, und wenn ich nachts ganz genau hinhörte, konnte ich den Verkehr auf dem Highway 101 dröhnen hören. »Das ist ein echtes Abenteuer«, hatte Mom beim Einzug gesagt und dabei so angestrengt gelächelt, dass meinen Schwestern und mir gar nichts anderes übrig blieb als zurückzulächeln. Als ob es nicht schon abenteuerlich genug wäre, unserer Familie bei ihrem eigenen Recycling zuzusehen. Vielleicht war ich ja die Einzige, die das dermaßen mitnahm, keine Ahnung. Aber eigentlich will ich es auch gar nicht wissen. Ich weiß sowieso schon zu viel.
    Doch die Lage beruhigte sich vorerst, und alles war wieder einigermaßen im Lot. Die Schule fing an, und ich verlief mich am ersten Tag gleich vier Mal, weil das Schulgelände viel größer war als das unserer alten Schule, ungefähr alle zehn Meter riesige Betonsäulen rumstanden und die Wege so verschlungen waren, dass ich mich zweimal fast hingelegt hätte. Im Grunde wusste ich ja, dass alles bald schon ganz normal sein würde und ich mich dann kaum noch daran erinnern würde, wie es früher gewesen war, aber das half mir jetzt kein bisschen, als ich aus Versehen in der Geo-Stunde der Neunten landete, statt bei Anatomie in der Elften.
    Das sage ich mir im Moment sowieso ziemlich oft: Bald wirst du vergessen haben, wie es früher mal war.
    June machte, so wie 99,9 Prozent der Frischlinge aus der Neunten, absolut null Eindruck auf irgendwen, May schlurfte in ihrer üblichen Zehntklässler-Manier in schwarzen Chucks durch die Gegend und ignorierte alles und jeden, während ich mich einfach an die Leute aus der Elften hielt. Wozu gegen den Strom schwimmen? Davon wird man bloß müde und stirbt früher. Immer schön mitspielen, ist meine Rede.
    Oder besser, war meine Rede .
    Aber das war, bevor ich aufwachte und rot sah.
    â€¢ • •
    Es geschah am zweiten Montag des Schuljahres. Ich würde ja zu gerne sagen, dass das auch schon alles ist, woran ich mich erinnere, aber ich erinnere mich echt an jede Kleinigkeit, die an diesem Tag passiert ist. Es war der Tag, an dem unser Vater offiziell nach Houston gezogen ist – also, eigentlich war er ja schon umgezogen, aber nach der Schule kam er noch mal bei uns vorbei, um sich ganz förmlich von uns zu verabschieden. Er zeigte uns Fotos von seiner neuen Wohnung – die aussah wie jede x-beliebige Wohnung in Amerika – und May, June und ich guckten uns die Bilder an und kommentierten sie mit »cool« – denn, mal ehrlich, was hätten wir auch sonst sagen sollen?
    Ich weiß noch, dass es neblig war an diesem Montagmorgen und dass es unten im Haus nach Pfefferminztee roch. Ich könnte euch sogar erzählen, dass ich ein Paar von Mays Socken anhatte, weil meine Socken allesamt in der Wäsche waren, aber diese Information hilft jetzt auch keinem weiter. Übrigens, sagt bitte May nichts davon. Sie hat so ein Problem mit Sockentausch. Ich weiß auch nicht – so ist sie halt.
    Ich war ziemlich früh aufgewacht, noch bevor nebenan in Junes Zimmer der Wecker losging. Zuerst dachte ich ja, dass ich noch träumte, weil ich nur ein grelles Rot an meinen Augen vorbeischwimmen sah. Und dann dachte ich, dass es wahrscheinlich die Sonne auf meinen geschlossenen Augenlidern war, die mich daran erinnern wollte, dass ich aufstehen musste.
    Als ob man das irgendwie vergessen könnte.
    Doch als ich dann endlich die Augen aufmachte, war es noch ganz dunkel in meinem Zimmer. Von Sonne keine Spur, nur ein ruhiger, rosa gefärbter Himmel und grauer Nebel, der an meinem Fenster vorüberglitt. Und plötzlich spürte ich
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