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Die Asozialen: Wie Ober- und Unterschicht unser Land ruinieren - und wer davon profitiert (German Edition)

Die Asozialen: Wie Ober- und Unterschicht unser Land ruinieren - und wer davon profitiert (German Edition)

Titel: Die Asozialen: Wie Ober- und Unterschicht unser Land ruinieren - und wer davon profitiert (German Edition)
Autoren: Walter Wüllenweber
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kleine – aber sehr bedeutsame – Gruppe in der Gesellschaft ist rudimentär«, gesteht der Reichenforscher. 8 Er nennt sie eine »unsichtbare Gruppe«, die sich »hinter Mauern verschanzt«. Der Frankfurter Soziologieprofessor Sighard Neckel bringt den aktuellen Erkenntnisstand der Wissenschaft auf den Punkt: »Die deutsche Oberschicht ist eine echte Forschungslücke.« 9
    Und sie ist eine Berichtslücke einer Mediengesellschaft. Wenn Journalisten versuchen, sich der vermögenden Klasse zu nähern, greifen sie zum Mittel des Rumtreibens, im Golfclub, auf der Rennbahn oder in Kampen auf Sylt. Sie lauschen. Offene Gespräche mit Millionären oder gar Milliardären über ihren Reichtum und ihren Lebensstil, über die sagenhaften Vermögenszugewinne der jüngsten Vergangenheit und über deren Legitimation, finden in deutschen Medien nicht statt. Die besitzende Klasse entzieht sich komplett der Berichterstattung über ihre Lebensverhältnisse. Wenn das manager magazin seine Liste der Reichsten veröffentlicht, kommt es anschließend stets zu Klagen von Multimillionären, die ihr Persönlichkeitsrecht verletzt sehen, weil veröffentlicht wurde, dass sie zu den Menschen mit dem dicksten Konto gehören.
    Im Frühjahr 2012 hat auch der Spiegel versucht, sich den Reichen Deutschlands in einer Serie zu nähern und dabei umfangreiche Erfahrung mit der Verschwiegenheit in der »Tabuzone« der Millionärskaste gemacht. 10 Ein Fazit des Spiegels: »Die bekanntesten Vertreter des deutschen Wohlstandes sind zugleich die untypischen.« 11 Denn die typischen Reichen, die wirklich Auskunft über das Leben in der Welt des Geldes geben könnten, die sprechen mit keinem Journalisten.
    Auch nicht mit mir. Als stern -Autor habe ich zahlreiche Versuche unternommen, mit Angehörigen der deutschen Oberschicht über ihren Reichtum zu sprechen. 2003 fragte der stern alle damaligen Vorstandsvorsitzenden der DAX -Unternehmen nach ihrem familiären Hintergrund. 12 Nach langwierigen Verhandlungen erklärten sich gerade mal sieben von ihnen dazu bereit, zu sagen, aus welcher sozialen Schicht sie stammen. Bei meinen Recherchen stellte sich schließlich heraus, dass von den 30 DAX -Chefs 29 aus einer Oberschichtfamilie stammten.
    Meinen jüngsten Anlauf unternahm ich im Frühjahr 2012. 13 Ich hatte Dutzende Vermögende um ein Gespräch über ihre persönlichen Erfahrungen mit dem Reichtum gebeten. Nur eine Handvoll war dazu bereit, verlangten jedoch strikte Anonymität, die ich schriftlich zusichern musste. Die Büros der wenigen, die nicht sofort entrüstet ablehnten, schlugen ersatzweise ein Gespräch über die neue Stiftung vor oder die Erfolge des Unternehmens. In allen Fällen aber galt: Keine Fragen zum persönlichen Wohlstand!
    Auf den Klatschseiten von Gala oder Bunte lässt sich allwöchentlich der Jetset beim Feiern ausgelassener Partys ablichten. Doch das sind lediglich Promis. Unter den Abgebildeten sind oft mehr Pleitiers als Millionäre. Ihr Kapital liegt nicht auf der Bank, es ist ihr Wiedererkennungswert. Wenn sie sich zeigen, dann zur Erhaltung ihres Marktwertes oder zu dessen Wiederbelebung.
    Sicher, einzelne Milliardäre wie etwa SAP -Gründer Dietmar Hopp, Versandhauserbe Michael Otto oder der Schraubenunternehmer Reinhold Würth nehmen mitunter öffentlich Stellung zu Fragen der Gesellschaft. Doch niemals zu ihrem privaten Reichtum. Nur eine Handvoll Ausnahmereiche sind bereit, mit der Gesellschaft zu kommunizieren. Weniger als ein Prozent des einen Prozents. Weniger als ein Promille. Deutschlands finanzielle Oberschicht hat keine Gesichter. Quandt-Erbin Susanne Klatten ist die reichste Frau, Karl Albrecht der reichste Mann in Deutschland. Das allein macht sie noch nicht zu Rollenvorbildern in der Welt des Geldes. Sie wurden es, weil sie die verschwiegensten, die unsichtbarsten der Milliardäre sind.
    Theo, der Bruder von Karl Albrecht, wurde 1971 entführt. Es war einer der spektakulärsten Kriminalfälle in der Geschichte der Bundesrepublik und ein traumatisches Erlebnis für die Vermögenden hierzulande. Auch die Entführung Richard Oetkers sowie die Ermordung Jakob von Metzlers durch seinen Kidnapper haben sich in das kollektive Gedächtnis eingebrannt. Die Gefahr einer Entführung wird von vielen aus der Geldelite als Grund für ihre öffentliche Zurückhaltung angegeben.
    Im Krimi lauern skrupellose Kidnapper hinter jeder Ecke. Doch wie groß ist die Gefahr, entführt zu werden tatsächlich? Und ist sie in den vergangenen
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