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Die Arche

Die Arche

Titel: Die Arche
Autoren: Alastair Reynolds
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Dass sie höchstwahrscheinlich wie alle anderen tot war,
spielte kaum eine Rolle. Skade wäre auch damit zufrieden
gewesen, ihre Überreste nach Hause zu bringen.
    Aber sie fand mehr als das.
    Galianas letzte Ruhestätte, wenn man es so nennen konnte, lag
weit vom Zentrum des Schiffes entfernt. Sie hatte sich abseits von
den anderen hinter gepanzerten Barrikaden verschanzt. Eine eingehende
forensische Untersuchung ergab, dass alle Datenverbindungen zwischen
ihr und dem Rest des Schiffes absichtlich von ihrer Seite her
durchtrennt worden waren. Sie hatte es offensichtlich darauf
angelegt, sich zu isolieren und ihr Bewusstsein vor den anderen
Synthetikern auf dem Schiff zu verschließen.
    Selbstmord oder Selbsterhaltung?, überlegte Skade.
    Galiana lag im Kälteschlaf. Sie war so weit
heruntergekühlt, dass alle metabolischen Prozesse zum Stillstand
gekommen waren. Aber das hatte die schwarzen Maschinen nicht abhalten
können. Sie hatten die Panzerung des Kälteschlaftanks
durchschlagen und sich zwischen die Frau und die Innenwände
gezwängt. Skade und ihr Team bauten den Tank ab. Nun sahen sie,
dass sich die schwarzen Maschinen um Galiana gelegt hatten wie die
Bandagen einer Mumie. Dass sie es war, stand außer Zweifel: als
man mit Diagnose-Scannern durch den Kokon spähte, stellte man
fest, dass das Knochengerüst mit Galianas Skelett vollkommen
übereinstimmte. Der Körper hatte während des Fluges
offenbar keinen Schaden genommen und zeigte auch keine
Verwesungserscheinungen. Die Sensoren fingen sogar schwache Signale
von Galianas Netzimplantat auf. Sie waren nicht stark genug, um eine
Verständigung von Bewusstsein zu Bewusstsein zu
ermöglichen, aber sie bewiesen doch, dass etwas in diesem Kokon
noch denken konnte und Kontakt suchte.
    Nun richtete sich die Aufmerksamkeit auf den Kokon selbst. Eine
chemische Analyse der Würfel blieb ohne Ergebnis: sie schienen
aus nichts zu ›bestehen‹ und auch keine Atomstruktur zu
besitzen. Die Außenflächen waren glatte Wände aus
purer Energie, die für bestimmte Formen von Strahlung
durchlässig waren. Sie waren sehr kalt – und in einer Weise
aktiv wie bisher keine von den anderen Maschinen. Einzelne Elemente
ließen sich ohne weiteres aus der großen Masse
herauslösen, schrumpften aber dann rasch zusammen und wurden
mikroskopisch klein. Skades Team richtete seine Scanner auch auf
diese Würfelchen, um herauszufinden, ob sich unter den Facetten
noch etwas verbarg, aber man war nicht schnell genug und fand nur
einige Mikrogramm schwelender Asche, wo eben noch ein Körper
gewesen war. Vermutlich gab es im Innern einen Mechanismus, der
darauf programmiert war, die Maschine unter gewissen Bedingungen zu
zerstören.
    Nachdem Skades Leute die Schutzschicht zum großen Teil
abgetragen hatten, verlegten sie Galiana in einen Spezialraum, der in
eine Wand der Quarantänebucht eingelassen war. Dort gingen sie
bei extrem tiefen Temperaturen, um möglichst nicht noch mehr
Schaden anzurichten, mit äußerster Vorsicht und mit viel
Geduld daran, die letzte Würfelschicht abzulösen.
    Seit der schwarze Panzer nicht mehr so dick war, konnte man etwas
besser erkennen, was mit Galiana geschehen war.
    Die schwarzen Maschinen waren tatsächlich auch in ihren Kopf
eingedrungen, aber sie waren offenbar behutsamer vorgegangen als bei
den Mitgliedern ihrer Besatzung. Teilweise waren Implantate abgebaut
worden, um den fremden Maschinen Platz zu machen, aber es gab keine
Anzeichen dafür, dass wichtige Hirnstrukturen beschädigt
worden wären. Man bekam fast den Eindruck, als hätten die
Würfel bis dahin nur geübt, in Menschenschädel
einzudringen, und bei Galiana wäre es ihnen endlich gelungen,
ihren Wirt dabei nicht zu verletzen.
    Mit einem Mal wurde Skade von überschäumendem Optimismus
erfasst. Die schwarzen Gebilde waren an einem Ort konzentriert und
inaktiv. Mit den richtigen Nanomaschinen müsste es möglich
– sogar kinderleicht – sein, sie Würfel für
Würfel auseinander zu nehmen und aus Galianas Schädel
auszuschwemmen.
    Wir schaffen es. Wir holen sie zurück, sie wird wieder so,
wie sie einst war.
    [Immer mit der Ruhe, Skade. Noch sind wir nicht am
Ziel.]
    Wie sich zeigte, hatte das Nachtkonzil mit seiner Warnung Recht.
Skades Team begann mit der Entfernung der letzten Schicht an Galianas
Füßen und stellte erfreut fest, dass das Gewebe darunter
größtenteils unversehrt war. Langsam arbeitete man sich
weiter nach oben vor und erreichte schließlich den Hals. Alle
waren
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