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Die Arche

Die Arche

Titel: Die Arche
Autoren: Alastair Reynolds
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Ernst?
    [Durchaus, Skade, wir wissen nämlich nicht, ob die
Würfel ihr Wissen jemals an die Instanz zurücksenden
konnten, von der sie geschickt wurden. Immerhin hat es Galianas
Schiff bis nach Hause geschafft. Sie muss es hierher gesteuert haben,
und das hätte sie niemals getan, wenn sie hätte
befürchten müssen, den Feind damit zu uns zu führen.
Clavain wäre stolz auf sie. Sie hatte immer noch an uns gedacht;
an das Mutternest.]
    Aber sie hat riskiert…
    Die Stimme des Nachtkonzils fiel ihr scharf ins Wort. [Das
Schiff soll uns warnen, Galiana. Das war Galianas Absicht, und so
müssen wir sie verstehen.]
    Warnen?
    [Wir sollen uns bereithalten. Sie sind noch immer da
draußen, und wir werden ihnen wieder begegnen, so oder
so.]
    Das klingt ja fast so, als stünden sie schon vor der
Tür.
    Doch darauf antwortete das Nachtkonzil nicht mehr.
    * * *
    Galiana fanden sie erst eine Woche später, denn das Schiff
war riesig und ließ sich dank der vielen Veränderungen im
Inneren nicht so rasch durchkämmen. Skade war selbst mit den
Suchtrupps hineingegangen. Alle trugen dicke Keramikpanzer über
den Druckanzügen, Plattenkonstruktionen mit geölten
Scharnieren, die so schwerfällig waren, dass man jede Bewegung
sorgfältig vorausplanen musste. Nachdem Skade sich in den ersten
Minuten mehrfach in Positionen festgefahren hatte, aus denen sie sich
nur befreien konnte, wenn sie Aktion für Aktion mühsam
zurückverfolgte, schrieb sie rasch ein Korrekturprogramm
für den Bereich Körperwahrnehmung/Bewegung und legte es auf
eine Gruppe von freien Neuralschaltkreisen. Danach ging es etwas
besser, obwohl sie nun das unangenehme Gefühl hatte, von einem
schemenhaften Doppelgänger manipuliert zu werden. Sie nahm sich
vor, das Skript später noch einmal dahingehend zu
überarbeiten, dass alle Routinebewegungen ganz und gar gewollt
erschienen, so illusorisch das auch sein mochte.
    Inzwischen hatten die Servomaten mehr oder weniger ihre
Schuldigkeit getan. Sie hatten große Teile des Schiffes
gesichert, indem sie die Reste der Alien-Maschinen mit einer Schicht
Diamantfaser-Epoxid besprühten, und von den meisten Leichen in
den erforschten Zonen DNA-Proben genommen. Jede Probe des genetischen
Materials war mit den Manifesten abgeglichen worden, die seit dem
Start der Forschungsflotte im Mutternest aufbewahrt wurden, doch auf
der Liste standen immer noch viele Namen, zu denen es keine DNA-Probe
gab.
    Es würden zwangsläufig Namen übrig bleiben, denen
Skade nie eine Probe zuordnen konnte. Als Clavain mit dem ersten
Schiff zurückgekehrt war, hatte er dem Mutternest mitgeteilt,
man habe Dutzende von Lichtjahren entfernt im All den Entschluss
gefasst, die Expedition zu teilen. Eine Gruppe wollte nach Hause
zurückkehren, um den Gerüchten über einen Krieg gegen
die Demarchisten nachzugehen, und weil es an der Zeit war, die
bereits gesammelten Daten abzuliefern – das Material war viel zu
umfangreich, als dass man es noch hätte senden können.
    Man hätte sich nicht im Bösen getrennt. Wehmut und
Trauer seien spürbar gewesen, hätten aber die Eintracht
nicht trüben können. Nach den üblichen Debatten, die
jedem Entscheidungsprozess bei den Synthetikern vorangingen, sei man
schließlich zu der Erkenntnis gekommen, die sinnvollste
Lösung sei eine Trennung. Auf diese Weise könnte die
Expedition fortgesetzt und gleichzeitig gewährleistet werden,
dass das bereits Erreichte auch ans Ziel gelangte. Skade wusste also
genau, wer den Flug ins Weltall fortgesetzt hatte, aber sie konnte
nicht in Erfahrung bringen, was im Anschluss daran geschehen war. Es
war zu vermuten, dass die Besatzungen zwischen den beiden Schiffen
hin und her gewechselt hatten. Daraus, dass dies Galianas Schiff war,
folgte noch lange nicht, dass auch sie selbst sich auf diesem Schiff
befand. Und wenn dies nicht der Fall sein sollte, musste sich Skade
zwangsläufig auf eine herbe Enttäuschung gefasst
machen.
    Und das gesamte Mutternest mit ihr. Schließlich war Galiana
so etwas wie das Idol aller Synthetiker, die Frau, die vierhundert
Jahre zuvor und elf Lichtjahre entfernt in einem Labyrinth von
Laboratorien unter der Marsoberfläche die Synthese
begründet hatte. Nun weilte sie schon fast zweihundert Jahre
lang in der Ferne, lange genug, um zum Mythos zu werden, was sie
stets abgelehnt hatte, solange sie noch im Nest war. Und sie war
– vorausgesetzt, sie fuhr wirklich auf diesem Schiff –
ausgerechnet zu dem Zeitpunkt zurückgekehrt, als Skade Wache
hielt.
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