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Die Angst im Nacken - Spindler, E: Angst im Nacken

Die Angst im Nacken - Spindler, E: Angst im Nacken

Titel: Die Angst im Nacken - Spindler, E: Angst im Nacken
Autoren: Erica Spindler
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Realität zurückholen.“
    „Richtig.“ Dalton lächelte schwach. „Welches Kind bekommt schon genug Fastfood? Als ich dreizehn war, hielt ich meine Eltern für Monster und fühlte mich missbraucht.“
    „Dalton hat Recht“, stimmte Bill zu. „Außerdem, wenn dieser Typ so schlecht wäre, wie wir unterstellen, würde er Minnie kaum gestatten, mit dir zu korrespondieren.“
    „Stimmt.“ Anna seufzte erleichtert, faltete den Brief und steckte ihn in den Umschlag zurück. „Es ist zwei Uhr früh, und wir sind alle überspannt. Ich glaube, wir brauchen Schlaf.“
    „Einverstanden.“ Bill erhob sich. „Trotzdem, Anna, ich wünschte, du hättest ihr nicht auf dem Briefpapier des Ladens geantwortet. Wenn man bedenkt, was für Bücher du schreibst, kann man nicht ausschließen, dass mal ein durchgeknallter Fan dich auszuforschen versucht.“
    „Ist schon okay.“ Sie rieb sich die Gänsehaut auf den Armen. „Was kann es schon schaden, wenn eine Elfjährige weiß, wo ich arbeite?“

2. KAPITEL
    Donnerstag, 11. Januar,
    French Quarter.
    „Was sagst du da, Anna?“ fragte Jaye Arcenaux. „Glaubst du, diese Kleine ist so ein Fan, der dich verfolgt? Das wäre ja cool.“
    Jaye, Annas „kleine Schwester“, war vor einigen Wochen fünfzehn geworden, und jetzt war alles „cool“ oder „total abartig“.
    Anna zog amüsiert eine Braue hoch. „Cool? Das glaube ich kaum.“
    „Du weißt, was ich meine.“ Sie beugte sich zu ihr hinüber. „Also, glaubst du das?“
    „Natürlich nicht. Ich sage nur, dass etwas an diesem Brief eigenartig war und dass ich nicht weiß, ob ich ihn beantworten soll.“
    „Was meinst du mit eigenartig?“ Jaye langte über den Tisch und naschte einen von Annas Schokokeksen. „Dalton sagte, ihr hättet alle drei Gänsehaut bekommen.“
    „Er übertreibt. Es war spät, und wir waren müde. Aber es klang ein wenig so, als ginge es bei ihr zu Hause recht eigentümlich zu. Ich bin ein bisschen besorgt.“
    „Jetzt redest du von meinem Fachgebiet. Ich habe so ziemlich alles an häuslichen Eigentümlichkeiten erlebt, was sich denken lässt.“
    Das stimmte, und es tat Anna unendlich Leid. Allerdings zeigte sie das nicht. Jaye wollte kein Mitleid. Sie akzeptierte ihre Vergangenheit, wie sie war, und erwartete, dass andere das auch taten.
    „Eigentlich wollte ich ganz gern deine Meinung dazu hören.“ Anna zog den Brief hervor und zeigte ihn Jaye. „Vielleicht interpretiere ich mehr hinein, als da ist. Spannende Geschichten zu erfinden, ist schließlich mein Beruf.“
    Während Jaye las, betrachtete Anna sie. Jaye war trotz ihrer Jugend bereits eine hinreißende Schönheit mit ihrem ebenmäßig geschnittenen Gesicht und den großen dunklen Augen. Bis vor einer Woche, als sie einer schockierten Anna die soeben flammend rot gefärbte Mähne gezeigt hatte, waren ihre Haare von einem warmen Mokkabraun gewesen.
    Jayes Schönheit wurde nur von der Narbe gestört, die ihr diagonal über den Mund verlief. Ein Abschiedsgeschenk ihres brutalen Vaters. Volltrunken hatte er wütend eine Bierflasche nach ihr geworfen, die sie am Mund traf und ihr die Lippen spaltete. Der Bastard hatte nicht mal für ärztliche Hilfe gesorgt. Als die Schulkrankenschwester am folgenden Montagmorgen die Verletzung untersuchte, war es zu spät gewesen, die Wunde zu nähen.
    Allerdings war es noch rechtzeitig gewesen, den Sozialdienst einzuschalten. Ab da war Jaye auf dem Weg in ein besseres Leben gewesen und ihr Vater auf dem Weg in den Knast.
    Bei Recherchen für ihren zweiten Roman hatte Anna Kontakt zur Organisation B.B.B.S.A., Big Brothers and Big Sisters of America, „Große Brüder und Schwestern Amerikas“, bekommen, die Jugendlichen in Not zur Seite stand. Sie hatte einige der älteren Mädchen interviewt und war tief bewegt gewesen von ihren Geschichten, die von Not, Rettung und Zuneigung handelten.
    Die Mädchen hatten sie an sich selbst in diesem Alter erinnert. Auch sie war verstört und einsam gewesen und hatte in Zeiten emotionaler Turbulenzen dringend einen Halt gebraucht.
    Kurz entschlossen war sie selbst eine „große Schwester“ geworden. Schließlich hatte sie nichts zu verlieren, wenn sie versuchte, in dem Programm mitzuarbeiten.
    Sie und Jaye waren jetzt zwei Jahre „Schwestern“.
    Im Laufe dieser Zeit waren sie sich nahe gekommen. Das war nicht einfach gewesen. Zunächst hatte Jaye nichts mit ihr zu tun haben wollen. Sie war zynisch gewesen für ihr Alter. Da sie ein Leben lang gekränkt
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