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Die Angst der Woche

Die Angst der Woche

Titel: Die Angst der Woche
Autoren: Walter Krämer
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Versicherungsschutz«, schreibt ein Versicherungsmakler im Internet. »Nun sagt der interessierte Leser vielleicht, dafür habe ich doch meine private Haftpflichtversicherung (war auch bisher darin versichert). Da muss ich heute leider antworten: Mitnichten, die private Haftpflichtversicherung erstreckt sich nur auf Bereiche, für die kein anderweitiger Versicherungsschutz gesetzlich vorgeschrieben ist. Deshalb fällt unser Drachen wie alle anderen Luftfahrzeuge nun aus der privaten Haftpflichtversicherung heraus.«
    Und auch die Versicherungen müssen aufpassen: »Ein Tipp für alle Maklerkollegen, hier ist ein nicht unbeträchtliches Haftungsrisiko, da Sie als Makler umfassend informationspflichtig sind. Falls Sie Ihre Kunden darauf nicht aufmerksam gemacht haben und es entsteht tatsächlich ein haftungspflichtiger Schaden, dann besteht die Möglichkeit, dass der Kunde Sie in die Haftung nimmt, und dabei hat dieser vor Gericht sehr gute Chancen.«
    Derartige Überregulierungen sind natürlich kontraproduktiv; hier wäre es besser, auf die Selbstregulierung der Gesellschaft zu vertrauen. Das fordert seit Jahren, mit mäßigen Erfolg, der (bis 2010) Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Hans-Jürgen Papier; er glaubt, »dass inzwischen über dem sinnvollen Maß an Recht eine Schicht von Überregulierung liegt, die der gesamten Rechtsordnung – und damit dem Standort Deutschland – zu schaden droht«.
    Die in unserem Land für die Regulierung von Risiken zuständigen Behörden wüssten, so schreibt auch der Wuppertaler Professor für Sicherheitstechnik Sylvius Hartwig, von den wahren Problemen des Alltags leider wenig. »Die Ahnungslosigkeit unserer Abgeordneten und Politiker im Alltag der Wirtschaft, der Umwelt und Sicherheitstechnologie und generell der technischen Anforderungen unserer Gesellschaft ist bedrückend.« Als eines von vielen Beispielen nennt er die Regulierung der Ozongefahr. »Die drängenden politischen Fragen sind, ob wir die damit zusammenhängenden Gesundheitsrisiken tragen wollen, wenn nein, welche Risiken dürfen es sein, und welchen Nutzen, Wohlstand und Lebenslust (Autofahren!) sind wir willens, dafür einzuhandeln. Die Parteien sind aber entscheidungsunfähig und lancieren einen typischen Kompromiss, der nur zur Verordnungsflut beiträgt. Die Wirksamkeit der Ozonverordnung ist umstritten, zusätzlich ist dem Gesetzgeber nicht klar, dass es bereits einen geringeren MAK-Wert (Maximale Arbeitsplatzkonzentration) gibt, wo über Frischluftanlagen in Betrieben sanktioniertes ›Verkehrs‹-Ozon in einer Anlage im Betrieb zu einem kriminellen Sachverhalt wird. Dies umso mehr, als MAK-Werte bei acht Stunden Exposition an 16 Stunden unbelasteter Luft gebunden sind.«
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    Das zweite Problem, das der Bürger, ist deren mangelnde Fähigkeit, von Angst und Risiko ganz abgesehen, mit Zahlen und Wahrscheinlichkeiten richtig umzugehen. Aber das müssen wir zumindest ansatzweise leisten, sonst können wir den Abschied vom nackten Affen vergessen. »Statistisch gesehen sind wir Analphabeten«, sagt Gerd Gigerenzer. Mit Daten und Fakten vernünftig umzugehen, in Zahlen gefasste Abbilder der Wirklichkeit korrekt zu interpretieren, vielleicht sogar selbst zum sinnvollen Beschreiben einer immer komplexeren Welt und Umwelt beizutragen, diese Fähigkeiten, die den mündigen Bürger des dritten Jahrtausends geradezu zu definieren scheinen, fehlen heute allenthalben; besonders in Deutschland werden sie nicht sehr geschätzt. Hier scheint sich ganz im Gegenteil ein gewisses »Innummeratentum« breitzumachen, ja geradezu salonfähig zu werden, das sich darin äußert, mit Mathematik und Zahlen nicht zurechtzukommen und sogar nach stolz darauf zu sein. Oder wie die Norderneyer Zeitung einmal schrieb: »Fuhr vor einigen Jahren noch jeder zehnte Autofahrer zu schnell, so ist es heute schon jeder fünfte. Doch auch fünf Prozent sind zu viele, und so wird weiterhin kontrolliert, und Schnellfahrer haben zu zahlen.«
    Während in Deutschland wie in vielen anderen Industrienationen jeder, der als Analphabet erkannt würde, mit sozialer Deklassierung rechnen müsste, scheint das Eingeständnis, von Mathematik und Zahlen wenig zu verstehen, das soziale Ansehen ganz im Gegenteil sogar noch zu steigern.
    Böse Zungen meinen, daran sei niemand anderer als
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