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Die Angst der Woche

Die Angst der Woche

Titel: Die Angst der Woche
Autoren: Walter Krämer
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Künstliche Strahlung kann nur nach dem Prinzip der Verhältnismäßigkeit begrenzt werden: durch Abschirmung, durch zeitliche Begrenzung der Belastung und durch Abstand von der Strahlenquelle. Der Grenzwert für berufliche zusätzliche Strahlenbelastung liegt bei 20 Millisievert pro Jahr, das ist knapp das Zehnfache der Strahlenbelastung, der man durch die Natur ohnehin unterliegt. Für 10 Millisievert wird eine Erhöhung der Wahrscheinlichkeit einer Krebserkrankung von 0,0005 angenommen, das heißt die Wahrscheinlichkeit, an irgendeinem Krebs zu erkranken, steigt für den Bundesbürger von rund 25,00 Prozent auf 25,05 Prozent.
    Das gleiche Prinzip gilt für die elektromagnetische Strahlung von Sendeanlagen und Mobilfunkgeräten. Der Haupteffekt elektromagnetischer Strahlung ist Wärme, weshalb die Erhöhung der Gewebetemperatur möglichst auf 1 Grad zu begrenzen ist. Bei Erwachsenen erhöht die Aufnahme von 1 bis 4 Watt pro Kilogramm Körpergewicht die Temperatur im gesamten Körper um weniger als 1 Grad Celsius. Die Internationale Kommission zum Schutz vor nichtionisierender Strahlung ICNIRP empfiehlt für die allgemeine Bevölkerung einen Grenzwert von 0,08 Watt pro Kilogramm Körpergewicht (gemittelt über den ganzen Körper). Die ersten Gesundheitsstörungen entstehen bei fünfzigmal so hohen Dosen.
    Das gesamte Regelwerk dieser Grenzwerte ist ungleich größer, als hier angegeben werden kann. Eine ungeheure Vielfalt von technischen Normen, Gesetzen, Verordnungen und Verwaltungsvorschriften bestimmt neben Grenz- und Richtwerten auch noch Orientierungswerte, Warnschwellen (bei bodennahem Ozon), Zielwerte (bei Asbest), maximale Emissionskonzentrationen (bei technischen Anlagen), Immissionsrichtwerte (etwa bei Bau- und Gewerbebelärm; so ist etwa in der Nähe von deutschen Krankenhäusern ein Lärmpegel von höchstens 45 Dezibel erlaubt), Eingriffswerte, Bodenprüfwerte, Anhaltswerte, Unbedenklichkeitswerte, Störfallkonzentrationsleitwerte, tolerierbare resorbierte Körperdosen (TRD-Werte) usw. Sie alle dienen der Risikominderung (wenn bereits Belastungen vorliegen) und der Risikoverhinderung (wenn noch nichts passiert ist, aber man auf Nummer sicher gehen will); sie alle setzen sich mit dem Problem auseinander, dass man niemals einen Stoff oder eine Belästigung total verschwinden lassen kann, sondern dass wir, ob wir wollen oder nicht, bestimmen müssen, wie viel wir davon bereit sind, gerade noch zu tolerieren.
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    Um diese Diskussion systematisch in Gang zu setzen, hat die Bundesregierung im Jahr 2000 eine Kommission »Neuordnung der Verfahren und Strukturen zur Risikobewertung und Standardsetzung im gesundheitlichen Umweltschutz der Bundesrepublik Deutschland« berufen, kurz »Risikokommission« genannt. Auch das ist ein Schritt in die richtige Richtung. »Wie risikoreich sind Umweltbelastungen für die Gesundheit? Wo muss der Staat eingreifen, wo nicht? Wie lassen sich komplexe Risikenzuverlässig abschätzen? Wie kann man sicherstellen, dass rational und fair zwischen Risiken und Chancen abgewogen wird? Wie kann man eine demokratisch gebotene und dem jeweils angestrebten Schutzzieldienliche Beteiligung der Öffentlichkeit sicherstellen? Wie sollte über Risiken kommuniziert werden? Wie lässt sich Orientierung vermitteln, wenn auf der einen Seite Risiken aufgebauscht, auf der anderen Seite aber auch verharmlost werden?« So beschreibt die Kommission selbst auf der ersten Seite ihres Abschlussberichts das Problem.
    Dieser Abschlussbericht zeigt verschiedene Wege zu einem vernunftgesteuertem Umgang mit Risiken aller Art, er sollte allen Panikmachern als Zwangslektüre auf dem Nachttisch liegen und fordert unter anderem:
    Â»1. Eine klare Trennung von Risikoabschätzung und Risikomanagement, um zu verhindern, dass die wissenschaftliche Risikoabschätzung mit ökonomischen, technischen, sozialen Abwägungsaspekten des Risikomanagements vermengt wird und gegenseitige Kompetenzüberschreitungen stattfinden.«
    Also: Nicht den Bock zum Gärtner machen; wer Risiken erzeugt, sollte sie nicht zugleich selbst quantifizieren dürfen.
    Â»2. Die wissenschaftliche Risikoabschätzung bedarf eines eindeutigen und nachvollziehbaren prozeduralen Verfahrens mit einem hohen Maß an Transparenz, mit Beteiligung der Fachöffentlichkeit und bei kontroversen Themen auch
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