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Die andere Haut: Roman (German Edition)

Die andere Haut: Roman (German Edition)

Titel: Die andere Haut: Roman (German Edition)
Autoren: Carmen Schnitzer
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wiederkommen würden, beide, erfüllt von neuen Eindrücken, die sie einander zu Füßen legten mit all ihrer Liebe und ihrem Sehnen, weil nichts und niemand sie trennen kann?
Woher nun diese Furcht und das Zögern? „Weil wir noch das ganze Leben vor uns haben miteinander“, antwortet Lara leise und sucht nach Antworten in Davids Gesicht.
„Ja, und? Was soll dieser Aufschub? Ist das nicht albern? Das ganze Leben beginnt doch jetzt!“
Was soll sie tun, wie kann sie ihn beruhigen? Hilflos: „Wie gesagt, es war deine Idee.“
„Ich weiß.“ Er sinkt aufs Bett und guckt sie an. „Ich vermisse dich.“
„Noch bin ich ja da.“
„Komm her.“
Sie geht die zwei Schritte auf ihn zu, er zieht an ihrem Bein, sodass sie auf ihn fällt und dann an seine Seite. Seine Hände gleiten unter ihr Shirt, fahren über ihre Brüste. Der Kuss ist lang, und beinahe muss Lara weinen dabei. Sanft streicht David ihr übers Gesicht und küsst sie erneut.
„Komm wieder, ja?“
„Warum sollte ich nicht?“
„Dieser Typ.“ Der Ton in seiner Stimme ist sachlich, aber mit einer leisen Ahnung von Zärtlichkeit. David spricht nicht weiter, sieht Lara nur in die Augen, doch sein Gesicht ist zu nah, als dass sie erkennen könnte, was genau er fühlt. Hat er tatsächlich Angst? Noch ist Ricardo so fern und abstrakt. Noch weiß sie nicht, dass er sich wenige Stunden später wieder in ihr Bewusstsein drängen wird mit dieser Wucht, die David schon zu ahnen scheint. Nun drängt Laras Becken noch gegen sein Bein, sie ziehen einander aus, dann dringt er in sie ein, und das ist der Platz, an dem sie sein will, nirgendwo sonst.
    Ihr Flug geht am nächsten Morgen zwei Stunden nach dem seinen, doch sie steht mit David auf, nach einer beinahe schlaflosen Nacht mit kurzen heftigen Träumen vom Milchsee, den Sternen, all diesen Händen und dem dunkelvioletten Feuer der Sonne.
    „Bleib doch noch ein bisschen liegen“, sagt David. „Dein Tag wird auch so anstrengend genug.“
„Quatsch, ich komme mit dir zum Flughafen, wie abgemacht. Kann doch ohnehin nicht mehr schlafen. Und diese zwei Stunden hin oder her …“
„Du wirst mir fehlen.“
„Du mir auch.“
„Tun wir das Richtige?“
„Wird sich zeigen. Hey, es sind nur drei Wochen!“
„Das kann genügen, um ein Leben auf den Kopf zu stellen.“ Er legt die Stirn in Falten.
„David?“
„Ja?“
„Woran zweifelst du? An mir?“
„Ich weiß es nicht, Lara. Nein. Tut mir leid.“ Er zieht sie an sich und umarmt sie lange.
    Nach Davids Abflug setzt Lara sich in ein Flughafen-Café, rührt träge im Milchschaum ihres Kaffees und versucht zu lesen. Doch die Buchstaben tanzen vor ihren Augen, ihre Gedanken driften ab. Ist es die Müdigkeit? Die Aufregung? David entfernt sich langsam aus ihrem Fühlen, ohne ganz zu verschwinden. Es ist wie zwei Stunden später ihr eigener Blick beim Abheben in den Himmel. Auf die kleiner werdenden Häuser, Berge und Felder, die Menschen, die bleiben und zu denen sie zurückkommen wird, irgendwann, nur jetzt noch nicht, da das Flugzeug die Wolkendecke durchstößt. Sie taucht ein in eine andere Welt, zu der David nur wenig Zugang hat, obwohl es die ihre ist und er doch ein Teil von ihr.

Kapitel 23
Zu Hause
    D er Schlüssel steckt von innen, David ist schon zu Hause. Zitternd steht Lara vor der Tür. Zögert, die Klingel zu drücken. Die Worte, die sie sich zurechtgelegt hat, kommen ihr leer vor und kalt. Und will David sie überhaupt hören? Wem wird sie gleich gegenüberstehen, einem Fremden mit vertrautem Gesicht? Wird er kühl sein oder schluchzen und schreien? Will sie wissen, was das war auf seiner Reise? Wer das war, diese Frau? Ob es sie überhaupt gibt? Vielleicht, der Gedanke kam ihr kurz vor dem Anflug, vielleicht hat David nur versucht, ihr zuvorzukommen mit seiner Abschiedsmail, und wenn ja, was soll sie ihm sagen?  Als hätte er es geahnt: „Drei Wochen genügen, um das Leben auf den Kopf zu stellen.“ Es genügt ja sogar ein Tag! Eine Sekunde!
    Möchte sie wieder zurück? Nein. Und doch, der letzte blaue Fleck ist noch zu sehen. Der letzte Fleck aus den beiden Nächten mit Ricardo. Nur noch eine kleine, blassgrüne Färbung auf ihrer Hüfte, aber ja – Spur einer rohen und ungezügelten Lust. Sein aus der Hose gefallener Schlüsselbund hatte sich in ihr Fleisch gebohrt, ihr ist der Schmerz egal gewesen, weil er überlagert wurde von etwas, das stärker war. Schlingende Münder und pochende Schöße, all das. Jetzt gleitet ihr die Erinnerung an
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