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Die amerikanische Nacht

Die amerikanische Nacht

Titel: Die amerikanische Nacht
Autoren: Marisha Pessl
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surreal an. Seit bekannt wurde, dass sie sich vermutlich in dem heruntergekommenen Lagerhaus in Chinatown umgebracht hat – die erste Cordova betreffende Nachricht seit Jahren, abgesehen von dem Verleumdungsskandal um den investigativen Journalisten Scott McGrath vor gut fünf Jahren –, hatte ich versucht, Ashleys Freunde, Nachbarn oder Arbeitskollegen zu finden, um zu erfahren, was sie über sie dachten und ob sie eine Erklärung für diese Tragödie hatten – ohne Erfolg. at JPM organ Chase.
     
    Foto mit freundlicher Genehmigung von Deutsche Grammophon.
     
     
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    Skandal: Die Tochter des Zauberers
    29 . Oktober 2011
     
    Ashley war nicht bei irgendwelchen Social Media aktiv – was heutzutage bedeutet, dass man nicht existiert. Google führt einen nur zu ihrer Musikkarriere als Kind und ihrer Rolle im letzten Film ihres Vaters, »Atmen mit den Königen«, von dem eine angeblich echte Raubkopie für 1950 Dollar auf Craigslist angeboten wird. Als ich die Spence School (wo sie im Frühjahr 2004 offenbar ein halbes Semester verbracht hat) und das Amherst College (wo sie ihren Abschluss gemacht hat) kontaktiere, um ihre Studienbücher einzusehen, stellt sich das als nicht möglich heraus – ihre Akten sind nicht zugänglich.
     
    Bisher hat mich meine Jagd nur zu Emma Banks (fünfundzwanzig) geführt. Sie hat in Amherst Wirtschaft studiert und arbeitet als Analystin bei JP Morgan Chase.
     
    »Ashley las so Sachen wie
Interview
und Lord Byron«, fährt Banks fort und reißt nachdenklich ein Croissant entzwei. »Manchmal blieb sie die ganze Nacht auf und komponierte. Dann wachte ich gegen vier Uhr nachts auf, und sie saß mit einer Taschenlampe im Bett und kritzelte vor sich hin. Wir anderen Studenten im ersten Jahr liefen in peinlichen Riesengruppen über den Campus und machten uns Sorgen, ob wir gute Noten bekommen oder Freunde finden oder dazugehören würden. Sie wusste schon, wer sie war. Und ihr machte
gar nichts
Angst.«
     
    Als ich sie frage, was sie damit meint, erzählt Banks von einem Vorfall aus dem Herbstsemester, als sie und eine Freundin außerhalb des Campus zu einer Party in der Wohnung einer wissenschaftlichen Hilfskraft eingeladen waren. Als sie ankamen, hatten sich die meisten Gäste in einem der hinteren Zimmer versammelt. Banks kämpfte sich durch die Menge und stellte fest, dass sie einem Strippoker-Trinkspiel zusahen. Ashley Cordova trat gegen fünf Männer an, allesamt Doktoranden.
     
    »Mich hätte das so eingeschüchtert«, sagt Banks. »Die waren im Lacrosse-Team, das waren Wirtschaftsstudenten, total arrogant. Die dachten alle, sie wären der nächste George Soros. Ashley hat sie unter den Tisch getrunken. Vier von ihnen verabschiedeten sich und kotzten den ganzen Rasen voll. Dann waren nur noch sie und so ein reicher Typ namens Carson übrig. Er war ein totales Arschloch. Kennen Sie diese Typen, die im Gespräch Wörter wie akzentuieren verwenden und ständig vom Sommer auf Martha’s Vineyard erzählen? Keine Stunde später hatte er nur noch seine Feinrippunterhosen an und war so besoffen, dass er torkelnd von seinem Stuhl aufstand und bewusstlos zu Boden fiel. Keine Stunde später hatte er nur noch seinen Feinrippunterhosen an und war so besoffen, dass er torkelnd von seinem Stuhl aufstand und bewusstlos zu Boden fiel. Ashley war stocknüchtern. Sie hatte deren gesamtes Geld und selbst nur ein einziges Teil ausziehen müssen – ihren Pullover. In diesem Augenblick hat sich jeder Typ auf dem Campus in sie verliebt.«
     
    Banks beschreibt noch einen weiteren Vorfall. Als sie eines Abends spät aus der Bibliothek nach Hause kam, veranstaltete Ashley gerade eine Wahrheit-oder-Pflicht-Party in ihrem Zimmer. »Ashley verweigerte die Wahrheit grundsätzlich, sie wählte immer Pflicht«, sagt Banks. »Die Pflichtaufgaben wurden immer wahnsinniger, aber sie zögerte keine Sekunde. Irgendwann wollte jemand, dass sie eine Zigarette mit den Fingern ausdrückt. Sie tat es auf der
Zunge
. Dann sollte sie aufs Dach klettern. Sie ist sofort durchs Fenster raus und auf der Dachkante herumgelaufen – wir waren im obersten Stock des Appleton-Hauses. Mir wurde schlecht und ich musste den Raum verlassen. Als ich eine Stunde später wiederkam, war die Party vorbei und sie lag im Bett und las. Als wäre nichts gewesen.«
     
    Ich frage Banks, ob Ashley je über ihre Familie gesprochen hat – insbesondere über ihren Vater.
     
    »Nein, das behielt sie für sich. Aber ich
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