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Die Ameisen

Die Ameisen

Titel: Die Ameisen
Autoren: Bernard Werber
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einem Gebiet von 80
    Hektar 15 000 Ameisenhügel umfaßten und eine Gesamtbevölkerung von über 200 Millionen Individuen aufwiesen.
    So weit ist Bel-o-kan noch nicht. Das ist eine junge Föderation, dessen erste Dynastie vor fünftausend Jahren gegründet wurde. Der einheimischen Legende zufolge soll eine von einem fürchterlichen Sturm verwehte junge Königin einst hier gelandet sein. Da es ihr nicht gelungen sei, zu ihrer eigenen Föderation zurückzufinden, habe sie Bel-o-kan gegründet, und aus Bel-o-kan seien die Föderation und die Hunderte von Generationen Ni-Königinnen, die die Föderation bilden, hervorgegangen.
    Belo-kiu-kiuni lautete der Name dieser ersten Königin. Das bedeutet: »Verirrte Ameise«. Aber sämtliche Königinnen der Hauptstadt haben ihren Namen übernommen.
    Einstweilen besteht Bel-o-kan nur aus dieser großen Zentralstadt und 64 mit ihr verbündeten Töchterstädten, die in der Umgebung verstreut sind. Aber schon jetzt hat sich Belokan zur größten politischen Kraft in diesem Teil des Waldes von Fontainebleau entwickelt.
    Nachdem sie die verbündeten Städte, vor allem Lacholakan, die westliche belokanische Stadt, hinter sich gelassen haben, erreicht die Gruppe kleine Erhebungen. Erdschollen ähnlich: die Sommernester oder »Vorposten«. Sie sind noch leer. Aber Nr. 327 weiß, daß sie sich, im Zuge der Jagd-expeditionen und der Kriege, mit Soldatinnen füllen werden.
    Sie gehen in einer Linie weiter. Der Trupp hastet eine weite türkisfarbene Wiese und einen von Disteln gesäumten Hügel hinunter. Gen Norden zeichnet sich in der Ferne bereits die feindliche Stadt Shi-gae-pu ab. Aber ihre Bewohner dürften um diese Zeit noch schlafen.
    Sie ziehen weiter. Die meisten Tiere ringsum liegen noch im Winterschlaf. Da und dort schieben ein paar Frühaufsteher den Kopf aus ihrem Bau. Kaum sehen sie die roten Panzer, verstecken sie sich verängstigt. Die Ameisen sind nicht gerade für ihre Geselligkeit bekannt. Vor allem nicht, wenn sie derart ausrücken, bewaffnet bis zu den Antennen.
    Mittlerweile ist der Trupp an den Grenzen des vertrauten Terrains angelangt. Weit und breit ist keine einzige Tochterstadt mehr zu sehen. Am Horizont nicht der geringste Vorposten. Nicht der geringste von spitzen Beinen gegrabene Pfad. Höchstens noch einige kaum wahrnehmbare Spuren einer alten Piste, mit Duftnoten markiert, die darauf schließen lassen, daß früher einmal Belokanerinnen hier vorbeigekommen sind.
    Sie zögern. Das Laubwerk, das vor ihnen aufragt, ist auf keiner Geruchskarte vermerkt. Es bildet ein dunkles Dach, durch das kein Licht dringt. Diese von allen möglichen Tieren bewohnte Pflanzenmasse scheint regelrecht nach ihnen zu schnappen.
     
    Wie sollte er sie davon abhalten, da hinunterzugehen?
    Er hängte sein Jackett auf und küßte seine Familie zur Begrüßung.
    »Seid ihr fertig mit Auspacken?«
    »Ja. Papa.«
    »Schön. Übrigens, habt ihr die Küche gesehen? Ganz hinten ist eine Tür.«
    »Das wollte ich dir gerade erzählen«, sagte Lucie. »Das muß ein Keller sein. Ich hab versucht, sie aufzumachen, aber sie ist abgeschlossen. Darunter ist ein großer Spalt. Man sieht nicht viel, aber anscheinend geht das dahinter tief hinunter. Du solltest das Schloß knacken. Dann hab ich auch mal was davon, einen Schlosser zum Mann zu haben.«
    Sie lächelte und schmiegte sich in seine Arme. Lucie und Jonathan lebten seit dreizehn Jahren zusammen. Sie hatten sich in der Metro kennengelernt. Ein Rowdy hatte eines Tages aus reiner Langeweile eine Tränenbombe in den Wagen geworfen.
    Sämtliche Fahrgäste waren zu Boden gegangen und hatten sich tränenüberströmt fast die Lunge aus dem Hals gehustet. Lucie und Jonathan waren übereinander gestürzt. Als sie sich von ihrem Husten und Heulen erholt hatten, hatte Jonathan angeboten, sie nach Hause zu begleiten. Danach hatte er sie in eine seiner ersten utopischen Gesellschaften eingeladen, ein Squatt in Paris, in der Nähe der Gare du Nord. Drei Monate später hatten sie beschlossen zu heiraten.
    »Nein.«
    »Was heißt das, nein?«
    »Nein, wir werden das Schloß nicht knacken, und wir werden auch diesen Keller nicht nutzen. Das Beste ist, wir reden nicht mehr davon, wir gehen gar nicht in seine Nähe und schlagen uns den Gedanken aus dem Kopf.«
    »Das ist doch nicht dein Ernst! Erklär mir das mal!«
    Jonathan hatte nicht daran gedacht, sich eine logische Erklärung für dieses Verbot zurechtzulegen. Unfreiwillig hatte er das Gegenteil dessen
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