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Die alte Jungfer (German Edition)

Die alte Jungfer (German Edition)

Titel: Die alte Jungfer (German Edition)
Autoren: Honoré de Balzac
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auf der Straße so hochmütig war, das zwanzigmal das Vermögen, das ihr mehrere Männer von Alençon angeboten, aus Stolz wie aus Geringschätzung gegen ihre Tölpelhaftigkeit ausgeschlagen hatte, ließ es geschehen, Suzanne bot dem Chevalier den Anblick ihres vorgeblichen Fehltritts so herausfordernd, daß dieser alte Sünder, der noch ganz andere Geheimnisse in weit arglistigeren Existenzen; ergründet hatte, die Sache mit einem einzigen Blick durchschaute. Er wußte sehr gut, daß kein Mädchen mit einer wirklichen Schande sein Spiel treibt; doch verschmähte er, das Gebäude dieser hübschen Lüge umzustoßen, indem er es berührte.
    »Wir verleumden uns«, sagte der Chevalier und lächelte mit unnachahmlicher Feinheit, »wir sind brav wie das schöne Mädchen, dessen Namen wir tragen, wir können uns ohne Furcht verheiraten; aber wir wollen nicht hier vegetieren, wir dürsten danach, nach Paris zu kommen, wo die schönen Geschöpfe reich werden, wenn sie Verstand haben, und wir sind nicht dumm. Wir wollen uns also davon überzeugen, ob die Hauptstadt der Vergnügungen uns jungen Chevaliers de Valois, uns einen Wagen, Diamanten, eine Loge in der Oper vorbehalten hat. Die Russen, die Engländer, die Österreicher haben Millionen ins Land gebracht, auf die uns Mama eine Anweisung ausgestellt hat, indem sie uns schön machte. Kurzum, wir besitzen Patriotismus, wir wollen Frankreich dazu verhelfen, sein Geld aus den Taschen dieser Herren wiederzugewinnen. He, he, liebes kleines Teufelsschläfchen, all das ist nicht schlimm! Die Welt, in der du lebst, wird zwar ein kleines Geschrei erheben, aber der Erfolg wird alles rechtfertigen. Was aber sehr schlimm ist, mein Kind, das ist, kein Geld zu haben, und das ist unser beider Krankheit. Da wir ausnehmend klug sind, haben wir geglaubt, aus unserer allerliebsten Ehre einen Vorteil ziehen zu können, indem wir einen alten Knaben hereinlegen; aber dieser alte Knabe, mein Herz, kennt das A und O der weiblichen Listen, was heißen will, daß du eher einem Spatzen Salz auf den Schwanz streuen kannst, als mich glauben machen, ich sei im geringsten an deiner Sache beteiligt. Geh nach Paris, meine Kleine, geh hin auf Kosten der Eitelkeit eines alten Junggesellen, ich werde dich nicht daran hindern, ich werde dir sogar dazu verhelfen, denn der alte Junggeselle, Suzanne, ist der natürliche Geldschrank eines jungen Mädchens. Aber ziehe mich nicht da hinein! Höre, meine Schöne, die du das Leben so gut kennst, du würdest mir großes Unrecht und großen Kummer antun! Unrecht? Du könntest in einem Lande, wo man auf die Sitten hält, meine Verheiratung verhindern. Kummer? Wahrhaftig, selbst wenn du in Verlegenheit wärst, was ich leugne, Spitzbübin! Du weißt, mein Schatz, daß ich nichts mehr habe, daß ich arm bin wie eine Kirchenmaus. Ja, wenn ich Mademoiselle Cormon heiratete, wenn ich wieder reich würde, würde ich dich sicher Cesarine vorziehen. Du bist mir immer über die Maßen klug und gewitzt vorgekommen, du bist für die Liebe eines großen Herrn wie geschaffen. Ich halte dich für einen so pfiffigen Kopf, daß mich der Streich, den du mir da spielst, gar nicht überrascht, ich habe ihn erwartet. Für ein Mädchen heißt das, alles auf eine Karte setzen. Um so zu handeln, mein Engel, bedarf es geistiger Überlegenheit. Du besitzest also meine ganze Achtung.« Und er gab ihr nach Art der Bischöfe die Bestätigung auf die Wange.
    »Aber. Monsieur le Chevalier, ich versichere Sie, daß Sie sich irren und daß ...«
    Sie errötete und wagte nicht fortzufahren; der Chevalier hatte mit einem Blick ihren ganzen Plan erraten und durchschaut.
    »Ja, ich höre dich, du willst, daß ich dir glaube! Nun gut, ich glaube dir. Aber folge meinem Rat, geh zu Monsieur du Bousquier! Bringst du nicht seit fünf oder sechs Monaten Monsieur du Bousquier die Wäsche? Also ich frage dich nicht, was zwischen euch vorgeht; aber ich kenne ihn, er besitzt Eigenliebe, er ist ein alter Hagestolz, er ist sehr reich, er hat zweitausendfünfhundert Livres Rente und gibt keine achthundert aus. Wenn du so klug bist, wie ich annehme, wirst du auf seine Kosten Paris zu sehen bekommen. Geh, mein Hühnchen, umgarne ihn, sei fein wie Seide, und bei jedem Wort mach eine doppelte Schlinge und einen Knoten! Er ist ein Mensch, der den Skandal fürchtet, und wenn er dir Veranlassung gegeben hat, ihn aufs Sünderstühlchen zu bringen ... nun, du verstehst, drohe ihm, daß du dich an die Damen des
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