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Die alte Jungfer (German Edition)

Die alte Jungfer (German Edition)

Titel: Die alte Jungfer (German Edition)
Autoren: Honoré de Balzac
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Wohltätigkeitsvereins wenden wirst! Überdies ist er ehrgeizig. Nun, ein Mann muß durch seine Frau alles erreichen können. Bist du nicht schön, nicht klug genug, um das Glück deines Mannes zu machen? Zum Teufel, du könntest einer Frau von Hof die Stirn bieten!«
    Suzanne, der die letzten Worte des Chevaliers eine Erleuchtung gebracht hatten, brannte vor Begierde, zu Monsieur du Bousquier zu laufen. Um ihre Eile nicht gar so auffällig zu machen, befragte sie den Chevalier über Paris und half ihm beim Ankleiden. Der Chevalier sah die Wirkung seiner Fingerzeige und wollte Suzanne das Fortkommen erleichtern, indem er sie bat, Cesarine mit der Schokolade heraufzuschicken, die ihm Madame Lardot jeden Morgen bereitete. Suzanne entschlüpfte rasch, um sich zu ihrem Opfer zu begeben, dessen Biographie hier folgt.
    Als Sprößling einer alten Familie Alençons hielt Monsieur du Bousquier die Mitte zwischen dem Bourgeois und dem kleinen Adligen. Sein Vater hatte das Amt eines Kriminalleutnants bekleidet. Als sich Monsieur du Bousquier nach dem Tode seines Vaters ohne Hilfsquellen sah, war er, wie alle verarmten Provinzler, nach Paris gegangen, um dort sein Glück zu machen. Zu Beginn der Revolution hatte er angefangen, Geschäfte zu machen. Sosehr sich auch die Republikaner alle mit ihrer revolutionären Ehrlichkeit aufs hohe Roß setzten, die Geschäfte jener Zeit waren undurchsichtig. Ein politischer Spion, ein Börsenspekulant, ein Proviantmeister, einer, der im Einverständnis mit dem Syndikus der Kommune Güter der Emigrierten einziehen ließ, um sie zu kaufen und wieder loszuschlagen, ein Minister und ein General, sie machten alle auf gleiche Weise Geschäfte. Von 1793 bis 1799 lieferte Monsieur du Bousquier den Proviant für die französischen Armeen. Er besaß zu jener Zeit ein prächtiges Haus, war einer der Matadore der Finanz, machte Halbpartgeschäfte mit Ouvrard, hielt offene Tafel und führte das skandalöse Leben der Zeit, eine Cincinnatus-Existenz mit Säcken voll Getreide, das ohne Mühe geerntet war, mit gestohlenen Rationen, mit Lustschlößchen voll leichter Mädchen, wo für die Direktoren der Republik große Feste veranstaltet wurden. Der Bürger Bousquier war einer der vertrauten Freunde von Barras, stand auf bestem Fuße mit Fouché, sehr gut mit Bernadotte und dachte Minister zu werden, indem er sich Hals über Kopf in die Partei stürzte, die bis Marengo gegen Bonaparte heimliches Spiel trieb. Wäre nicht der Sturmangriff Kellermanns und der Tod Desaix' dazwischengekommen, so wäre Monsieur du Bousquier ein großer Politiker geworden. Er war einer der hohen Beamten der niemals zur Macht gelangten Regierung, die das Glück Napoleons hinter die Kulissen von 1793 zurücktreten ließ. Der hartnäckig und überraschend errungene Sieg bei Marengo veranlaßte die Niederlage dieser Partei, die fertiggedruckte Proklamationen in Bereitschaft hielt, um, falls der Erste Konsul unterlegen wäre, zum System der Bergpartei zurückzukehren. Vollständig von der Unmöglichkeit eines Sieges überzeugt, spekulierte Monsieur du Bousquier mit dem größten Teil seines Vermögens auf das Fallen der Wertpapiere und hielt zwei Kuriere auf dem Schlachtfeld in Bereitschaft: der erste ritt in dem Augenblick ab, da Melas siegreich war; aber in der Nacht kam der zweite vier Stunden später, um die Niederlage der Österreicher zu verkünden. Du Bousquier fluchte Kellermann und Desaix; dem Ersten Konsul wagte er nicht zu fluchen, denn der war ihm Millionen schuldig. Diese Alternative zwischen einem Gewinn von Millionen und dem völligen Ruin raubte dem Lieferanten seine sämtlichen Fähigkeiten, er war ein paar Tage wie blödsinnig. Er hatte mit dem Leben durch so schwere Exzesse Mißbrauch getrieben, daß er diesen Schlag kraftlos auf sich herabfallen ließ. Er hoffte zwar noch auf die Begleichung seiner Schuldforderungen an den Staat; aber trotz seiner Bestechungsversuche traf ihn der Haß Napoleons gegen die Heereslieferanten, die auf seine Niederlage spekuliert hatten. Monsieur de Fermon, der so scherzhaft ›Fermons la caisse‹ (Schließen wir die Kasse!) genannt wurde, gab Monsieur du Bousquier keinen Sou. Die Unsittlichkeit seines Privatlebens, die Verbindungen dieses Lieferanten mit Barras und Bernadotte mißfielen dem Konsul noch mehr als sein Spiel an der Börse; er strich ihn aus der Liste der Obersteuereinnehmer, in die er vermöge des letzten Restes seines Ansehens als Kandidat für Alençon hineingekommen war.
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