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Die alte Jungfer (German Edition)

Die alte Jungfer (German Edition)

Titel: Die alte Jungfer (German Edition)
Autoren: Honoré de Balzac
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Von seinem Reichtum behielt Du Bousquier zwölfhundert Francs Leibrente in Staatspapieren, eine zufällige Anlage, die ihn vor dem Elend bewahrte. Da seine Gläubiger nicht wußten, welches Resultat die Liquidation haben würde, ließen sie ihm nur tausend Francs konsolidierte Renten; aber sie wurden alle durch die Eintreibung der Rückstände und den Verkauf des Hotel de Beauséant, das Monsieur du Bousquier besaß, bezahlt. So blieb dem Spekulanten, nachdem er knapp am Bankrott vorbeigekommen war, sein Name unversehrt. Ein Mann, der vom Ersten Konsul ruiniert worden und dem der kolossale Ruf, den ihm seine Verbindungen mit den Spitzen der ehemaligen Regierung, seine Lebensweise und seine kurze Macht eingetragen hatten, vorangegangen war, interessierte die Stadt Alençon, wo heimlich der Royalismus herrschte. Der gegen Napoleon aufgebrachte Du Bousquier, der die Nöte des Ersten Konsuls, die Ausschweifungen Josephines und die geheimen Anekdoten aus zehn Jahren Revolution zum besten gab, wurde sehr gut aufgenommen. Zu dieser Zeit trat Du Bousquier, obwohl er gut und gern vierzig Jahre alt war, als ein Mann vor sechsunddreißig Jahren auf, der von mittlerem Wuchs, fett wie ein Heereslieferant war und mit seinen Waden, die eines zotigen Staatsanwalts würdig waren, paradierte; er hatte stark ausgeprägte Gesichtszüge, eine plattgedrückte Nase mit behaarten Nasenlöchern, schwarze Augen mit dichten Brauen, aus denen ein listiger Blick, wie bei Talleyrand, hervordrang, der aber etwas Erloschenes hatte; er behielt den republikanischen Backenbart bei und trug seine braunen Haare sehr lang. Seine Hände, die auf jedem Fingerglied mit einem kleinen Büschel Haare bewachsen waren, zeugten durch dicke blaue, vorspringende Adern von starker Muskelkraft. Er hatte einen Brustkasten wie der Herkules Farnese und Schultern, die die Staatsschuld hätten tragen können. Man sieht solche Schultern heutzutage nur noch bei Tortoni. Diese übermäßig ausgeprägte Männlichkeit fand sich ganz vortrefflich gekennzeichnet durch einen Ausdruck, der im vergangenen Jahrhundert gebräuchlich war, während man ihn heute kaum noch versteht: im galanten Stil der vorigen Epoche hätte Du Bousquier als ein wahrer ›rückständiger Zahler‹ gegolten. Aber so wie bei dem Chevalier de Valois fanden sich auch bei Du Bousquier Anzeichen, die zu dem Gesamteindruck der Person in Widerspruch standen. So hatte der ehemalige Lieferant nicht die Stimme seiner Muskeln. Nicht etwa, daß seine Stimme dünn und kreischend gewesen wäre, so wie sie manchmal aus dem Munde dieser zweibeinigen Robben herauskommt. Sie war im Gegenteil stark, jedoch dumpf; man wird am besten einen Begriff von ihr bekommen, wenn man sie mit dem Geräusch vergleicht, das eine Säge macht, die durch weiches, nasses Holz geht; kurz, es war die Stimme eines gehetzten Spekulanten.
    Du Bousquier behielt noch lange das Kostüm bei, das zur Zeit seines Ruhmes Mode gewesen war: die Stulpenstiefel, die weißseidenen Strümpfe, die kurze Hose aus geripptem, zimtbraunem Tuch, die Weste à la Robespierre und den blauen Rock. Obwohl ihm der Haß des Ersten Konsuls ein Anrecht auf die Gunst der royalistischen Spitzen der Gesellschaft gegeben hätte, wurde Du Bousquier in sieben oder acht Familien, die den Faubourg Saint-Germain von Alençon bildeten und bei denen der Chevalier de Valois Zutritt hatte, nicht empfangen. Zuerst hatte er alles versucht, um Mademoiselle Armande, die Schwester eines der angesehensten Adligen der Stadt, zu heiraten, da er aus dieser Verbindung große Vorteile für seine anderweitigen Pläne, die in einer glänzenden Revanche gipfelten, zu ziehen hoffte. Er holte sich einen Korb. Er tröstete sich mit der Entschädigung, die ihm ein Dutzend anderer reicher Familien bot, die ehemals Alençonspitzen fabriziert hatten, jetzt Weiden und Rinder besaßen und einen Leinenhandel en gros betrieben, und er hoffte da gelegentlich zu einer guten Partie zu kommen. Der alte Junggeselle hatte in der Tat all seine Hoffnungen auf eine günstige Heirat gesetzt, und seine verschiedenen Fähigkeiten schienen ihm eine solche zu verbürgen. Er entbehrte in finanziellen Dingen nicht einer gewissen Geschicklichkeit, die sich viele Leute zunutze machten. Wie der ruinierte Spieler die Neulinge anleitet, wies er auf Spekulationen hin, empfahl die Wege, die Aussichten und die Durchführung. Er galt für einen guten Verwalter: es war oft die Rede davon, ihn zum Bürgermeister von Alençon zu ernennen.
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