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Die Ajima-Verschwörung

Die Ajima-Verschwörung

Titel: Die Ajima-Verschwörung
Autoren: Clive Cussler
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lag. Seit achtundvierzig Stunden hatte Korvold die Brücke nicht verlassen, und jetzt war er erschöpft. Gerade als er sich etwas hinlegen wollte, hatten sie die allen Anschein nach verlassene
Divine Star
gesichtet.
    Jetzt sah er sich mit einem Rätsel und der zeitraubenden Suche nach den Rettungsbooten des japanischen Frachters konfrontiert.
    Gleichzeitig trug er die Verantwortung für 130 Passagiere, von denen die meisten seekrank in den Kojen lagen, und die sicherlich keinerlei Verlangen nach einer barmherzigen Rettungsaktion verspürten.
    »Habe ich Ihre Erlaubnis, mit ein paar Mann rüberzufahren, Captain?«
    Korvold blickte in das wie aus Stein gemeißelte nordische Gesicht Oscar Steens, seines Ersten Offiziers. Die Augen, die ihn ansahen, waren von einem tieferen Blau als die Korvolds.
    Der Erste Offizier war schlank und hielt sich kerzengerade; er war tief gebräunt, und das Haar war von der Sonne gebleicht.
    Korvold antwortete nicht gleich, sondern ging zu einem Brückenfenster hinüber und sah hinunter auf das zwischen den beiden Schiffen liegende Meer. Die Wellen maßen vom Kamm bis zum Tal immer noch drei bis vier Meter. »Ich habe nicht die Absicht, Menschenleben zu riskieren, Mr. Steen. Besser wir warten, bis der Seegang etwas abgeflaut ist.«
    »Ich habe schon bei schlimmerem Wetter Boote geführt.«
    »Wir haben keine Eile. Das da drüben ist ein totes Schiff, so tot wie eine Leiche, die in der Leichenhalle aufgebahrt ist. Und wie es aussieht, ist die Ladung verrutscht, und das Schiff nimmt Wasser auf. Besser, wir lassen die
Divine
in Ruhe und suchen nach den Booten.«
    »Dort drüben könnten Verletzte sein«, meinte Steen.
    Korvold schüttelte den Kopf. »Kein Kapitän würde sein Schiff verlassen, wenn noch verletzte Besatzungsmitglieder an Bord sind.«
    »Kein Kapitän, der seine fünf Sinne beisammen hat, vielleicht.
    Aber welcher Mann würde ein unversehrtes Schiff verlassen und die Boote mitten in einem Sturm mit Windstärken von fünfundsechzig Knoten aussetzen, ohne Mayday zu funken?«
    »Ja, das ist seltsam, stimmt«, pflichtete ihm Korvold bei.
    »Und dann ist da auch noch die Fracht zu berücksichtigen«, fuhr Steen fort. »Seinem Tiefgang nach zu urteilen, ist das Schiff voll beladen. Es sieht aus, als könne es mehr als siebentausend Autos transportieren.«
    Korvold warf Steen einen prüfenden Blick zu. »Denken Sie an eine Bergung, Mr. Steen?«
    »Ja, Sir. Sicher. Wenn das Schiff mit voller Ladung verlassen wurde und wir es in einen Hafen bringen können, dann könnten die Bergegeldansprüche dem halben Wert, möglicherweise noch mehr, entsprechen. Gesellschaft und Mannschaft könnten sich gut und gerne fünf bis sechshundert Millionen Kronen verdienen.«
    Korvold sann einen Moment darüber nach. In seinem Innern rangen Gier und eine starke Vorahnung drohenden Unheils miteinander. Die Gier obsiegte. »Versammeln Sie eine Prisenmannschaft und nehmen Sie den Zweiten Ingenieur mit dazu. Wenn der Schornstein raucht, müßten die Maschinen noch funktionieren.« Er schwieg. »Mir wäre es dennoch lieber, wenn Sie warten würden, bis das Meer sich beruhigt hat.«
    »Keine Zeit«, verkündete Steen ungerührt. »Wenn das Schiff noch weitere zehn Grad Schlagseite bekommt, könnten wir zu spät kommen. Ich beeile mich lieber.«
    Captain Korvold seufzte. Er handelte gegen seine Überzeugung, doch andererseits – wenn die Lage, in der sich die
Divine Star
befand, erst einmal bekannt war, würde jeder Schlepper im Umkreis von tausend Meilen mit voller Kraft voraus auf ihre Position zuhalten.
    Schließlich zuckte er die Achseln. »Sobald Sie sich davon überzeugt haben, daß niemand von der Mannschaft der
Divine Star
mehr an Bord ist und Sie das Schiff in Fahrt bringen können, melden Sie sich, und wir beginnen mit der Suche nach den Booten.«
    Steen war schon weg, kaum daß Korvold zu Ende gesprochen hatte. Innerhalb von zehn Minuten hatte er seine Männer zusammengetrommelt und wurde mit ihnen in das wirbelnde Wasser gehievt. Die Prisenmannschaft bestand aus ihm selbst, vier Matrosen, dem Zweiten Ingenieur Olaf Andersson und David Sakagawa, dem Funker und einzigen Besatzungsmitglied an Bord der
Narvik,
das Japanisch sprach. Die Matrosen sollten das Schiff erkunden, während Andersson den Maschinenraum überprüfte. Steen sollte den Autofrachter offiziell in Besitz nehmen, wenn man ihn verlassen vorfand.
    Die an Bug und Heck spitz zulaufende Barkasse mit Steen am Ruder wühlte sich durch die
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