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Die äußerst seltsame Familie Battersby (German Edition)

Die äußerst seltsame Familie Battersby (German Edition)

Titel: Die äußerst seltsame Familie Battersby (German Edition)
Autoren: E. Archer
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noch unterstützen? Da draußen gibt es Menschen mit echten Problemen, Menschen, die keine Prinzessinnen sind und sich keine Prinzen schnappen wollen, sondern berufstätige Mütter, die sich abrackern, um ihre kranken Kinder zu ernähren. Bloß weil wir Geld haben, können wir es uns leisten, über so was einfach nicht nachzudenken. Das macht mich voll wütend. Daphne rennt in diesem Prinzessinnenfummel herum, und in Bangladesch oder sonst wo gibt es Kinder, die überhaupt keine Anziehsachen haben! Ich meine ja nur – oh, gleich kommt übrigens unser Tal!«
    Unser Tal. Der Wagen fuhr einen sonnigen Hügel hoch, rollte kurz darauf über eine holprige Brücke, die einen Fluss überquerte, und dann in ein Wäldchen hinein. Cecil gab Gas und sauste das Sträßchen entlang, das sich zwischen den Bäumen hindurchschlängelte. Es gab so viele Schlaglöcher, dass die Fahrzeuginsassen gegen die Türen und bei besonders heftigen Stößen sogar gegen den Himmel des Wagens prallten.
    »Ich nehme an, ›unser Tal‹ ist euer Zuhause?«, fragte Ralph.
    »Ja. Es hat was von einer Insel.« Cecil schaltete das Radio aus.
    Hinter einer Biegung führte die Straße an einer Felswand entlang, von wo sich plötzlich ein neuer Blick auftat: Über einer Lichtung breitete ein Baum von der Größe eines Wolkenkratzers seinen Blätterschirm aus. Neben dem hölzernen Titanen stand etwas verloren ein Schloss, das vermutlich an jedem anderen Ort imposant gewirkt hätte. Doch hier, neben diesem Baumriesen, schien es nicht mehr als ein kleines, schmückendes Detail.
    Weil durch die Blätter des hölzernen Riesen nur wenig Sonnenlicht drang, musste Cecil, als sie ins Tal hineinfuhren, die Scheinwerfer anmachen. Der alte Wagen rumpelte durch die dämmrige Stille, in der nur noch das Knirschen der Reifen auf dem Splitt zu hören war, das Rascheln kleinerer, flüchtender Tiere und ab und zu ein Schniefen, das der Heizung zuzuschreiben war oder vielleicht auch Beatrice.
    » Hier wohnt ihr?«, fragte Ralph, worauf Beatrice zum dritten Mal an diesem Tag schnaubte. Sie bogen in die Zufahrt des heruntergekommenen Schlosses ein. Cecil zwängte sein Auto zwischen zwei baugleiche Mercedes, die so eng beieinander standen, dass sich keine Tür mehr öffnen ließ. Beatrice kletterte rasch durch die Heckklappe, dann krabbelten Cecil und Ralph über den Schaltknüppel und folgten ihr. Als Ralph endlich draußen war, hatten Beatrice und Cecil schon fast die Eingangstür erreicht. »He«, rief Ralph, »wartet mal! Ich brauch doch meine Sachen.«
    Cecil drehte sich überrascht um. »Darum kümmert sich sicher gleich einer vom Personal.«
    »Ist schon okay. Ich möchte sie selbst holen«, erklärte Ralph.
    Als Cecil nicht reagierte, nahm Beatrice ihm die Schlüssel aus der Hand und warf sie Ralph zu. Sie landeten einige Schritte vor Ralph im Kies. »Du wohnst im Torhaus – silberner Schlüssel!«, rief Cecil noch, auf den Baumriesen deutend. Und damit verschwand er im Schloss.
    »Danke!«, brüllte Ralph ihm hinterher.
    Erneut öffnete er die Heckklappe. Das gepflegte Surren erinnerte ihn an den kleinen Wagen seiner Eltern, und plötzlich vermisste er sie. Dieses Gefühl hielt so lange an, wie er brauchte, um seine Tasche herauszuzerren und sie auf den schlohweißen Kies zu stellen, der anheimelnd unter ihr knirschte. Spätestens als Ralph sich wieder aufrichtete, um die Tasche zu schultern und in diesem Moment die ganze Kulisse vor sich sah, das eigentümliche Schloss und den gigantischen Baum inmitten des Tals, war das Heimweh verschwunden und seine Abenteuerlust wieder erwacht. Was hatte es mit diesem englischen Familienzweig auf sich? Und wo war denn nun das für Ralph bestimmte Zimmer? Er würde ein großes Abenteuer erleben, besser als alles, was sich MonoMyth jemals ausgedacht hatte.
    Ralphs Segeltuchtasche war schwer und außerdem schlecht, weil ungleichmäßig gepackt; schwankend ging er auf den Baum zu. Das Haus darunter bestand hauptsächlich aus Stein und war, verglichen mit den Buntglas-Exzessen des Schlosses, relativ schlicht. Dass dieses zweigeschossige Gebäude mit seinen lackierten Fensterläden als Torhaus bezeichnet wurde, ergab keinen rechten Sinn. Denn von einem Tor oder irgendeiner Umfriedung war nichts zu sehen. Das Einzige, wovor das Torhaus dem Schloss Schutz bieten mochte, war eigentlich der Baum.
    Lautlos glitt der silberne Schlüssel ins Schloss, und Ralph stieß die Tür auf. Das Hausinnere stellte sich als spärlich möbliert heraus,
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