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Die Abenteuer von Aguila und Jaguar

Die Abenteuer von Aguila und Jaguar

Titel: Die Abenteuer von Aguila und Jaguar
Autoren: Isabel Allende
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fuhr sie mit ihm bis zum Supermarkt, wo sie vier dicke Zigarren aus schwarzem Tabak kaufte, dann parkte sie in einer ruhigen Straße, in der sie keine aufdringlichen Blicke zu befürchten hatte, und steckte für jeden eine an. Fenster und Türen waren geschlossen, und sie rauchten, was das Zeug hielt, bis sie vor lauter Qualm nicht mehr nach draußen sehen konnten. Alex spürte, wie sich alles in seinem Kopf drehte und sein Magen sich hob und senkte. Bald konnte er nicht mehr, riss die Wagentür auf und ließ sich wie ein Sack auf die Straße plumpsen, ihm war speiübel. Seine Großmutter wartete grinsend, bis er seinen Magen restlos entleert hatte, und machte keinerlei Anstalten, ihm die Stirn zu stützen oder ihn zu trösten, wie seine Mutter das getan hätte, und dann zündete sie noch eine Zigarre an und reichte sie ihm.
    »Auf geht’s, Alexander, zeig mir, dass du ein richtiger Mann bist, und rauch noch eine.« Offensichtlich amüsierte sie sich köstlich.
    Die beiden folgenden Tage musste er das Bett hüten, eidechsengrün im Gesicht und überzeugt, die Übelkeit und das Kopfweh würden ihn umbringen. Sein Vater glaubte, er habe sich einen Virus eingefangen, und seine Mutter hatte zwar sofort ihre Schwiegermutter im Verdacht, wagte aber nicht, sie offen zu bezichtigen, dass sie ihren Enkel vergiftet hatte. Egal, was einige seiner Freunde am Rauchen fanden, Alex drehte sich seither bei dem bloßen Gedanken an eine Zigarette der Magen um.
    »Das ist bestes Gras«, beharrte Morgana und hielt ihm dengeöffneten Beutel unter die Nase. »Ich habe auch noch das da, falls dir das lieber ist.« Auf ihrer Handfläche lagen zwei weiße Pillen.
    Alex starrte wieder auf das Busfenster, wortlos. Er wusste aus Erfahrung, dass es besser war, den Mund zu halten oder das Thema zu wechseln. Was immer er sagte, würde bescheuert klingen, und das Mädchen würde ihn für ein Weichei oder für den künftigen Papst halten. Morgana zuckte die Achseln und barg ihre Schätze in der Hoffnung auf eine günstigere Gelegenheit. Sie kamen beim Busbahnhof mitten in Manhattan an und mussten aussteigen.
    ~
    Um diese Uhrzeit waren die meisten Büros und Geschäfte zwar bereits geschlossen, der Verkehr hatte aber noch nicht nachgelassen, und viele Leute waren unterwegs in Bars, Cafés, Restaurants oder ins Theater. Alex konnte die Gesichter der Passanten nicht erkennen, die als gebeugte, in Mäntel gehüllte Gestalten an ihm vorbeieilten. Etwas lag wie große Bündel am Boden neben Gittern im Bürgersteig, aus denen Dampfschwaden waberten. Er begriff, dass es Penner waren, die sich zum Schlafen auf den Heizungsschächten der Gebäude zusammenrollten, denn nur dort fanden sie in der Winternacht ein bisschen Wärme.
    Durch die harten Neonlichter und die Scheinwerfer der Autos bekamen die nassen, schmutzigen Straßen etwas Unwirkliches. An den Straßenecken türmten sich schwarze Säcke, manche waren zerrissen, und der Müll quoll heraus. Eine Bettlerin in einem zerlumpten Mantel stocherte mit einem Stock darin herum und betete eine endlose Litanei in einer erfundenen Sprache herunter. Alex musste einen Satz zur Seite machen, um nicht auf eine Ratte zu treten, die mit zerbissenem, blutigem Schwanz mitten auf dem Gehsteig hockte und sich nicht rührte, als sie vorbeigingen. Autohupen, Polizeisirenen und von Zeit zu Zeit die jaulenden Hörner eines Krankenwagens zerschnitten die Luft. Ein junger, grobschlächtiger Hüne schrie ihnen zu, der Weltuntergang stehe bevor, und drückte ihnen im Vorbeigehen einen verknitterten Zettel in die Hand, auf dem eine halbnackte Blondine mit dicken Lippen für Massagen warb. Ein Skater mit Kopfhörer rempelte Alex an,drängte ihn gegen eine Hauswand und brüllte ihm ins Gesicht: »Mach doch die Augen auf, du Idiot!«
    Alex spürte, dass die Wunde an seiner Hand erneut zu pochen begann. Er fühlte sich in einen Science-Fiction-Albtraum versetzt, in eine furchteinflößende Megastadt aus Stahlbetonschluchten, verspiegelten Hochhausfassaden, verpesteter Luft und Einsamkeit. Wie gerne wäre er wieder in diesem Ort am Meer gewesen, wo er sein Leben verbracht hatte! Dieses verschlafene Nest, das ihn so oft angeödet hatte, jetzt kam es ihm vor wie das Paradies. Morgana unterbrach seine düsteren Gedanken.
    »Ich habe ein Mordsloch im Bauch … Können wir nicht irgendwo was essen?«
    »Es ist schon so spät, ich muss zu meiner Großmutter!«
    »Nur die Ruhe, Mann, ich bringe dich schon zu deiner Oma. Wir sind ganz in der
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