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Die Abenteuer des Röde Orm

Die Abenteuer des Röde Orm

Titel: Die Abenteuer des Röde Orm
Autoren: Frans Bengtsson
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seinen Frauen auf Irland durchbringen und überhaupt je Lust verspüren werde, wieder heimzukommen? Und was Toste angehe, so solle er endlich begreifen, daß er nicht von seinen Fahrten auf See so steif im Rücken sei, sondern weil er den ganzen Winter hindurch untätig am Feuer sitze; und ihr sei es genug, das halbe Jahr lang über seine Beine zu stolpern. Sie könne nicht begreifen, sagte sie, wie es mit dem Mannsvolk eigentlich bestellt sei; denn der Bruder ihres eigenen Großvaters mütterlicherseits, Sven Rattennase, unter den Göingern ein gewaltiger Held, sei in einer Fehde gegen Smaländer gefallen wie ein Mann, drei Jahre nachdem er auf der Hochzeit seines ältesten Großsohnes alle unter den Tisch getrunken habe; und nun müsse man anhören, wie Männer in den besten Jahren von ihren Schmerzen schwatzten und sich nicht schämten, wie Kühe auf dem Stroh zu sterben. Jetzt aber sollten Toste und Odd und alle Heimgekehrten gutes Bier zum Willkomm haben, ein Gebräu, das ihnen schmecken werde; und Toste solle sich die Grillen aus dem Kopf schlagen und auf eine ebenso gute Reise trinken auch im nächsten Jahr; und sie würden zusammen einen guten Winter verbringen, wenn bloß niemand sie ärgern wollte mit dergleichen Geschwätz.
    Als sie gegangen war, um das Bier zu besorgen, sagte Odd: wenn alle Frauen in diesem Geschlecht so viel tobten, dann habe vielleicht Sven Rattennase die Smaländer als das bessere Teil erwählt. Toste meinte, er wolle da nicht durchweg widersprechen, aber sie sei in vielem eine tüchtige Hausfrau und er wolle sie nicht mehr als nötig reizen; auch Odd solle das bleiben lassen.
    In diesem Winter fiel es allen auf, daß Äsa mitunter bleich und bedrückt ihren Beschäftigungen nachging und daß ihre Zunge weniger flink lief als gewöhnlich; sie machte sich mehr als sonst um Orm zu schaffen, und mitunter blieb sie stehen und sah ihn an, wie wenn ihr ein Gesicht würde. Orm war nun groß geworden und konnte, was Stärke anging, mit allen Gleichaltrigen und vielen, die älter waren, wetteifern. Er war rothaarig und hatte helle Haut, war breit zwischen den Augen, kurznasig und hatte einen großen Mund; seine Arme waren lang, und er hielt sich im Rücken nicht ganz gerade. Dazu war er schnell und beweglich und mit Bogen und Wurfspieß sicherer als die meisten. Er geriet leicht in Raserei und konnte sich dann blind auf den stürzen, der ihn gereizt hatte, und sogar Odd, dem es früher Spaß gemacht hatte, ihn in bleiche Wut zu bringen, war nun vorsichtig mit ihm geworden, seit er durch seine Kraft anfing, gefährlich zu werden. Aber sonst war er ruhig und gefügig und immer noch gewohnt, sich nach Äsa zu richten, obschon sie sich bisweilen stritten, wenn ihre Vorsorglichkeit ihm unbequem wurde.
    Toste gab ihm nun Männerwaffen: ein Schwert und eine Streitaxt und einen guten Helm, und Orm machte sich selbst einen Schild; aber schlimmer war es um ein Kettenhemd bestellt, denn keines von denen, die sich im Hause fanden, paßte ihm, und es gab jetzt nur wenige gute Brünnenschmiede im Lande, da die meisten nach England und zum Jarl in Rouen gefahren waren, wo sie besser bezahlt wurden. Toste meinte, daß Orm sich einstweilen mit einer Lederjacke begnügen solle, bis er sich auf Irland ein gutes Hemd beschafft habe; dort seien in allen Häfen Waffenkleider toter Männer billig zu haben.
    Als sie eines Tages beim Essen saßen und von diesen Dingen redeten, stützte Äsa ihr Gesicht in die Arme und fing zu weinen an. Alle wurden still und blickten sie an, denn nicht oft vergoß sie Tränen. Odd fragte, ob sie Zahnschmerzen habe? Da trocknete sich Äsa das Gesicht und wandte sich Toste zu; sie sagte, dieses Reden von den Kleidern toter Männer scheine ihr ein böses Vorzeichen, und sie sei bereits sicher, daß Orm, wenn er über das Meer mitfahre, umkommen werde; denn dreimal habe sie ihn nun schon im Traum blutig bei einer Schiffsbank liegen sehen, und alle wüßten, daß auf ihre Träume Verlaß sei. Darum wolle sie Toste nun bitten, gut gegen sie zu sein und Orms Leben nicht unnötig aufs Spiel zu setzen, sondern ihn noch diesen Sommer daheim zu lassen. Denn sie glaube, daß ihm nun sehr bald Gefahr drohe, aber wenn er diese Zeit überlebte, werde er später vielleicht weniger gefährdet sein.
    Orm fragte, ob sie im Traum habe sehen können, wo er verwundet gewesen sei? Äsa sagte, sie sei jedesmal vor Schreck über den Anblick gleich aufgewacht, aber sie habe sein Haar blutig und sein Gesicht
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