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Die 2 Chance

Titel: Die 2 Chance
Autoren: James Patterson Andrew Gross
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merkte, dass ich mir mit beiden Händen die Ohren zuhielt. Ich kroch zu Coombs und stieß das Gewehr zur Seite. Die Glocken dröhnten immer noch. Es war eine Melodie, die ich nicht identifizieren konnte – vielleicht eine Antwort auf mein Gebet.
    Als ich neben Coombs kniete, fiel mein Blick auf eine Tätowierung.
    »Das ist es«, flüsterte ich.
    Ein aufgerollter Schlangenschwanz in Rot und Blau führte zum Körper einer Ziege und dann zu dem stolzen wilden Kopf eines Löwen und dem einer angriffslustigen Ziege.
Chimäre.
Einer meiner Schüsse hatte den Leib des Ungeheuers durchbohrt. Es sah ebenfalls tot aus.
    Dann hörte ich hinter mir Schreie, aber ich beugte mich weiter über Coombs. Ich hatte das Bedürfnis, ihm auf das zu antworten, was er zum Schluss gesagt hatte.
Ihr habt keinen blassen Schimmer, wie es ist, seinen Vater zu verlieren
.
    »Doch, ich weiß es«, sagte ich zu seinen starren Augen.
    Diesmal hatten die Zeitungen Recht.
Die Chimäre war tot
. Der Fall der Serienmorde war abgeschlossen.
    Es herrschte keine große Freude über das Endergebnis, zumindest nicht bei mir. Diesmal versammelte sich nicht die Mordkommission, um die Tafel abzuwischen. Keine Toasts mit meinen Freundinnen. Zu viele Menschen waren gestorben. Ich hatte großes Glück, nicht zu ihnen zu gehören, ebenso Claire und Cindy.
    Ich nahm mir ein paar Tage frei, um meinen Verletzungen eine Chance zu heilen zu geben. Währenddessen trugen die Spurensicherungsteams alles zusammen, was sich an den Tatorten der Schießerei ereignet hatte. Ich machte mit Martha lange Spaziergänge an der Marina Green und im Fort Mason Park. Das Wetter war inzwischen feucht und kalt.
    Die meiste Zeit ließ ich die Geschehnisse dieses schrecklichen Falls noch mal vor meinen Augen ablaufen. Es war das zweite Mal, dass ich einem Mörder ganz allein gegenübergestanden hatte. Warum? Was bedeutete das? Was sagte das über mein Leben aus?
    Einen Moment lang hatte ich ein wichtiges Stück aus meiner Vergangenheit wiedergehabt, einen Vater, den ich nie wirklich gekannt hatte. Aber dann wurde mir dieses Geschenk erneut genommen. Mein Vater war zurück in das dunkle Loch gekrochen, aus dem er gekommen war. Ich wusste, dass ich ihn höchstwahrscheinlich nie wieder sehen würde.
    Hätte mich in diesen Tagen jemand gefragt, womit ich meinem Leben Sinn verleihen wollte, hätte ich wohl geantwortet:
Einfach treiben lassen
. Vielleicht anfangen zu malen oder eine Boutique eröffnen oder ein Buch schreiben… Es war so schwierig, irgendwo auch nur ein Fünkchen Bestätigung zu finden.
    Aber am Ende der Woche ging ich einfach zurück zur Arbeit.
    Am ersten Tag erhielt ich nachmittags einen Anruf von Tracchio. Er bat mich, in sein Büro zu kommen. Als ich eintrat, stand der Chief auf und gab mir die Hand. Er sagte, wie stolz er auf mich sei – und ich glaubte ihm beinahe.
    »Danke.« Ich nickte und lächelte sogar. »War es das, was Sie mir sagen wollten?«
    Tracchio nahm die Brille ab und warf mir einen reumütigen Blick zu. »Nein, Lieutenant. Bitte, nehmen Sie Platz.«
    Er nahm eine rote Mappe von der Kante seines großen Walnussschreibtischs. »Vorläufige Ermittlungsergebnisse über die Schüsse auf Coombs. Coombs
Senior

    Ich schaute ihn misstrauisch an. Ich hatte keine Ahnung, ob nicht irgendein Bürokrat etwas Verdächtiges festgestellt hatte.
    »Sie müssen sich keine Sorgen machen«, versicherte mir Tracchio. »Alles ist bestens. Eine perfekte, saubere Schießerei.«
    Ich nickte. Was sollte dann dieser Wirbel?
    »Aber es gibt etwas, das aus dem Rahmen fällt.« Der Chief stand auf und stützte sich mit den Handflächen auf die Schreibtischplatte. »Die Pathologin hat neun Kugeln aus Coombs’ Leiche entfernt. Drei gehören zu Jacobis Waffe, zwei kamen aus Cappys, eine aus Ihrer Glock. Zwei Zwanziger von Tom Perez vom Raubdezernat. Das macht
acht

    Er blickte mich stumm an. »Die neunte Kugel stammte nicht aus einer unserer Waffen.«
    »Nicht?« Ich hob die Augenbrauen. Das ergab keinen Sinn. Die Kommission hatte jede Waffe jedes Polizisten beschlagnahmt, der irgendwie in die Schießerei verwickelt oder auch nur am oder in der Nähe des Tatorts gewesen war – auch meine.
    Tracchio öffnete eine Schublade und holte ein Plastiktütchen mit einer grauen abgeflachten Kugel hervor – die gleiche Farbe wie seine Augen – und reichte mir die Tüte. »Sehen Sie sich das mal an… Kaliber vierzig.«
    Ein Schlag traf mich.
Kaliber vierzig…
    »Komisch ist nur, dass
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