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Die 2 Chance

Titel: Die 2 Chance
Autoren: James Patterson Andrew Gross
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ein vom Bürgermeister ernannter Bürohengst, im ganzen Land zu forensischen Tagungen reiste und an seinem politischen Profil arbeitete. Wenn man wollte, dass in der Pathologie etwas getan wurde, ging man zu Claire.
    Und wenn ich jemanden brauchte, der mir den Kopf wusch oder mich zum Lachen brachte, oder nur eine Schulter zum Ausheulen, dann ging ich ebenfalls zu ihr.
    »Wo hast du dich denn versteckt, Baby?«, begrüßte mich Claire. Ihre Stimme klang immer fröhlich, wie poliertes Messing.
    »Normale Routinearbeit.« Ich zuckte die Schultern. »Personalbeurteilungen, Schreibkram… Morde mit rassistischem Hintergrund, die die Stadt spalten…«
    »Darin bin ich Expertin.« Sie lachte. »Ich wusste, dass du kommst. Meine Spione haben mir berichtet, dass du einen selten beschissenen Fall übernommen hast.«
    »Arbeitet einer dieser Spione vielleicht für den
Chronicle
und fährt einen ramponierten silberfarbenen Mazda?«
    »Oder in der Staatsanwaltschaft und hat einen BMW fünfhundertfünfunddreißig. Wie, zum Teufel, soll denn sonst deiner Meinung nach irgendeine Information nach hier unten kommen?«
    »Ich hab eine für dich, Claire. Es hat sich herausgestellt, dass der Onkel des toten Mädchens unsere Uniform trägt. Er gehört zum Nordrevier. Und das kleine Mädchen war ein Poster-Kind für das La-Salle-Heights-Projekt. Einserschülerin, nicht ein einziges Mal in Schwierigkeiten. Das ist Gerechtigkeit, ha! Dieses Schwein schießt hundert Löcher in die Kirche, und eine Kugel trifft ausgerechnet dieses Kind.«
    »Irrtum, Schätzchen«, unterbrach mich Claire. »Es waren zwei.«
    »
Zwei
…? Sie wurde zwei Mal getroffen?« Der Polizeiarzt hatte die Leiche doch genau untersucht. Wie konnte uns das entgangen sein?
    »Wenn ich dich richtig verstehe, glaubst du, dass dieser Schuss so eine Art Unfall war, oder?«
    »Was willst du mir schonend beibringen?«
    »Schätzchen, ich glaube, du solltest mir hier unten einen Besuch abstatten.«
    Die Pathologie befindet sich im Erdgeschoss des Präsidiums, und man erreicht sie durch einen Hintereingang der Eingangshalle und über einen asphaltierten Weg. Ich brauchte keine drei Minuten, um vom zweiten Stock die Treppen hinabzulaufen.
    Claire wartete auf mich im Empfangsbereich vor ihrem Büro. Ihr sonst so strahlendes fröhliches Gesicht war besorgt, aber kaum sah sie mich, lächelte sie und schloss mich in die Arme.
    »Wie geht’s denn so, Fremde?«, fragte sie, als sei der Fall Tausende von Meilen entfernt.
    Claire besaß das Geschick, selbst in den kritischsten Situationen die Lage zu entschärfen. Ich habe stets bewundert, wie sie – allein durch ihr Lächeln – mich dazu brachte, ein Problem etwas lockerer und nicht so verbissen zu sehen.
    »Bestens, Claire. Aber Berge von Arbeit.«
    »Seit du Mercers Lieblingssklavin bist, sehe ich nicht mehr viel von dir.«
    »Sehr witzig.«
    Sie schaute mich mit ihren großen Augen an, die sagten:
He, ich weiß, was du meinst,
aber vielleicht auch weit mehr.
Du musst dir für die Menschen, die dich lieben, Zeit nehmen, Mädchen
. Aber ohne ein tadelndes Wort führte sie mich den langen sterilen, mit Linoleum ausgelegten Korridor zum Arbeitsraum der Pathologie hinunter, auch die Gruft genannt.
    Sie schaute zu mir zurück und sagte: »Du hast so geklungen, als wärst du sicher, dass Tasha Catchings von einer verirrten Kugel getötet wurde.«
    »Ja, das habe ich gedacht. Der Schütze hat drei Magazine auf die Kirche abgefeuert, und Tasha wurde als Einzige getroffen. Ich bin sogar an der Stelle gewesen, von der aus er geschossen hat. Vollkommen unmöglich, dass er auf sie freie Schusslinie hatte. Aber du hast doch gesagt,
zwei
…«
    »Ja.« Sie nickte. Wir gingen durch die Kompressionstür in die kalte trockene Luft der Gruft. In der Eiseskälte und beim Geruch nach Chemikalien bekam ich immer eine Gänsehaut.
    Auch dieses Mal. Man sah nur eine einzige Bahre. Und darauf lag ein kleines Häuflein, von einem weißen Laken bedeckt. Es nahm kaum die Hälfte der Bahre ein.
    »Dann wappne dich!«, warnte Claire. Nackte Opfer nach der Obduktion sind nie ein schöner Anblick, starr und schrecklich blass.
    Sie zog das Laken weg. Ich blickte dem Kind direkt ins Gesicht.
Mein Gott, war die Kleine jung…
    Ich betrachtete die zarte ebenholzfarbene Haut, so unschuldig, so völlig fehl am Platz in dieser kalten sterilen Umgebung. Am liebsten hätte ich ihre Wange gestreichelt. Sie hatte so ein niedliches Gesichtchen.
    In der rechten Brust des Kindes
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