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Die 101 wichtigsten Fragen - Rassismus

Die 101 wichtigsten Fragen - Rassismus

Titel: Die 101 wichtigsten Fragen - Rassismus
Autoren: Susan Arndt
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diskriminieren, wieder und wieder erklären müssen und die sich ihm konsequent widersetzen? Bücher, Performances, Musikprojekte und Blogs etwa von Esther Dischereit, Philippa Ebéné, Mutlu Ergün, Kien Nghi Hâ, Philipp Khabo Köpsell, Nicola Lauré al-Samarai, Peggy Piesche, Miriam Popal oder Noah Sow kann ich allen nur empfehlen. Von ihnen und vielen anderen People of Color in Europa, Afrika, Asien und Nordamerika habe ich die Lektion gelernt: Rassismusist nicht irgendein Thema – Rassismus ist allgegenwärtig: in Sprache, Politik, Alltag, Ökonomie, Werbung, Medien, Sport, Musik, Internet, Theater, Literatur, am Arbeitsplatz wie am Postschalter, in Bewerbungsverfahren wie in Gesetzestexten, in den klassischen Texten der Philosophie wie in der aktuellen Historiographie, in der Medizinforschung wie im Naturschutz. Ja, so unglaublich es sich für viele anhören mag, aber es ist wahr: Es gibt keine No-Go-Area, die der Rassismus verschonen würde oder könnte. Gleichzeitig aber nehme ich nur partiell (wenn überhaupt) wahr, dass ich als Weiße viele Privilegien genieße und dass Weißsein zu einem globalen «unmarkierten Marker» (Ruth Frankenberg) geworden ist, der mir den Rücken stärkt – mit Rückenwind aus der Geschichte. Es waren Weiße, die Rassismus erfunden haben und mit ihm die krude Logik, dass sich alles am Weißsein auszurichten und zu orientieren habe, womit dann wiederum Verbrechen, Unterdrückung, Ausbeutung und Kolonialismus gerechtfertigt wurden.
    Von vielen Vorträgen, Konferenzen, Debatten, Seminaren, Vorlesungen, ja, auch unzähligen Gesprächen in privaten, freundschaftlichen und familiären Zusammenhängen weiß ich, dass Rassismus dann aufhört, irgendein Thema zu sein, wenn aus dem «die bösen Rassist_innen» (dort drüben, etwa in den USA) ein «wir Weiße» wird, und aus dem «man» ein «ich». Schnell, zu schnell, wird hier oft abgewehrt: Das sei übertrieben oder zu
pc.
Doch vorschnelle Antworten tragen hier nicht weit. Es sind wissensgesättigte Fragen, die dem Rassismus die Stirn bieten: Warum und Wie, Wo und Wann, Wer und Wen sind nicht nur die typischen Fragewörter an historische Quellen, sondern auch Verbindungslinien zwischen vermeintlicher Vergangenheit und Gegenwart und Zukunft.
    Dieses Buch stellt sich 101 Fragen, die der Rassismus jedem und jeder von uns aufgibt. Dabei kann ich selbstredend nur einen kleinen Ausschnitt des großen Themas anschneiden. Manche Fragen mögen überraschen, aber die Antworten sollen wenigstens die Vielschichtigkeit des Themas andeuten. Gewiss werden einige Lesende manche Frage, ja, zentrale Fragen vermissen. Davon fallen mir selbst aus historischen Kontexten hunderte ein – aber diese Reihe heißt eben «Die 101 wichtigsten Fragen». Eine Auswahl meiner momentan wichtigsten Fragen bedeutet Verzicht, Einschränkung und immer wieder eine beim Schreiben und Wörterzählen fast unerträglich erscheinende Kürze.
    Dieses Buch stellt vieles in Frage, hinterfragt vieles, dekonstruiert und stellt Zusammenhänge her, die den einen absurd, überstrapaziert und merkwürdig, den anderen banal, verkürzt und längst bekannt erscheinen mögen. Das Buch weist Wiederholungen auf – sie sind unumgänglich, weil jede Frage und jede Antwort für sich stehen sollen. Und dennoch baut Frage auf Frage, Antwort auf Antwort auf. Es hätten auch 1001 Fragen und 1001 Antworten sein können – es blieben Ausschnitte und Verkürzungen.
    Mein Buch stellt eine Einladung an jene dar, die sich mit Rassismus auseinandersetzen wollen. Ich will exemplarische Denk-, aber auch Verhaltens- und Sprachanstöße bieten. People of Color, die sich mit Rassismus neben ihren Alltagserfahrungen auch theoretisch und historisch beschäftigen, kann ich nichts sagen, was sie nicht ohnehin wüssten, besser wüssten, differenzierter wüssten. Auch vielen anderen, die sich mit Weißsein und Rassismus professionell auseinandersetzen, mag dieses Buch vielleicht zu oberflächlich, zu undifferenziert argumentieren. Aber allen anderen könnte und soll es Anregungen, Denkanstöße, zuweilen auch praktische Hinweise geben, warum etwas so geworden ist, wie sich manches verändern ließe, woher manche Alltäglichkeit kommt. Das Buch ist kein Ratgeber, aber es will anstoßen, irritieren, provozieren, zur Debatte einladen. Mein Buch endet mit einem Satz, den ich hier schon einmal als Credo wiedergebe – mit der Hoffnung, Neugierde geweckt zu haben: Verantwortungsübernahme in Freiheit – das war schon
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