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Diana - sTdH 5

Diana - sTdH 5

Titel: Diana - sTdH 5
Autoren: Marion Chesney
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in den
Zweigen über ihr heulte. Sie versuchte, an dem massiven Griff zu drehen, mußte
jedoch feststellen, daß das Tor sicher verschlossen war. Da führte sie ihr
müdes Pferd im Schutz einer hohen Mauer weiter und suchte nach einer
anderen Möglichkeit, in das Gehöft zu gelangen. Nachdem sie ungefähr eine Meile
gegangen war, stieß sie auf ein altes, moosüberwachsenes Mauerstück, das
herunter gebrochen war. Die Zügel fest in der Hand, lockte sie Blarney mit
einschmeichelnden Worten über den Haufen herumliegender Steinbrocken und in die
schwarze Dunkelheit eines Waldstücks. Sie betete, daß sie nicht für einen Wilderer
gehalten und erschossen würde, und erreichte schließlich durch den Wald
stolpernd eine lange Auffahrt.
    Da war auch
das Licht wieder, jetzt war es ganz deutlich am Ende der Auffahrt zu sehen.
    Bald konnte
sie auch den Umriß eines großen Hauses erkennen, ein undurchdringlicheres
Schwarz vor dem Schwarz der Nacht.
    Erst als
sie ihre Hand zum Türklopfer hob, spürte sie ein gewisses Unbehagen. Ihr
männliches Aussehen hatte nie wirklich einer Prüfung standhalten müssen. Zwar
jagten mehrere Bauern mit ihrem Vater, aber sie sahen sie eigentlich nur
während der Jagd. Sie hatte immer Wert darauf gelegt zu verschwinden, sobald
die Jagd vorüber war.
    Blarney
wieherte sanft hinter ihr. Den Biberhut mit der breiten Krempe tief ins Gesicht
gezogen, ergriff Diana den Klopfer und schlug dreimal energisch gegen die Tür.
    Es trat
eine lange Stille ein, die nur vom Heulen des Windes unterbrochen wurde.
    Als sie
gerade ihre Hand noch einmal zum Türklopfer ausstreckte, öffnete sich die Tür
und gab den Blick auf einen hochgewachsenen Mann in einem Morgenmantel frei,
der eine Kerze in einem Messinghalter trug.
    Eine ganze
Weile musterten sie einander schweigend. Der Morgenmantel des Herrn war
doppelreihig geknöpft und aus dunkelblauer, wattierter Seide. Am Hals war ein
feines Leinenhemd zu sehen, und aus den Manschetten lugten Spitzenrüschchen. Er
hatte so helle Haare, daß sie fast weiß schienen. Sie waren im Nacken mit einem
schwarzen Seidenband zusammengehalten. Seine weit geöffneten Augen waren seltsam
grün-gold gesprenkelt. Sein Mund war langgezogen, schmal und ziemlich grausam.
Diana stellte fest, daß sie zu ihm aufschauen mußte, etwas, wozu sie selten gezwungen
war, da die meisten Leute in der Grafschaft so klein wie ihr Vater waren.
    Der
Gentleman betrachtete Dianas durchnäßten scharlachroten Jagdrock und den
Schmutz an ihren Stiefeln. Er wartete höflich, und als Diana nichts sagte,
fragte er: »Vom Weg abgekommen, junger Jägersmann?«
    Seine
Stimme war angenehm und voll, mit einer heiseren Note, und dennoch eine Stimme,
die gewohnt war, Befehle zu erteilen.
    Diana
schluckte heftig und nickte.
    »Und Sie
brauchen einen Stall für Ihr Pferd?«
    Diana
nickte wieder.
    »Sie sind
nicht zufällig stumm?«
    Diana
schüttelte den Kopf.
    »Normalerweise
belästige ich meine Diener nicht zu dieser Stunde, da sie alle sehr alt sind,
aber ich will Harry, einen Stallknecht, holen.«
    Er drehte
sich um und ließ Diana auf den Eingangsstufen stehen. Es schien für ihren
Gastgeber sehr kompliziert zu sein, den
Wunsch, die Diener nicht zu belästigen, in die Tat umzusetzen. Er klingelte
nach dem Butler, welcher seine Jacke überstreifend erschien.
    Dem Butler
wurde aufgetragen, den Pagen zu holen, der wiederum zu den Ställen laufen
sollte, um Harry herbeizuholen.
    Dennoch
bewirkte der Anblick des Butlers, daß Dianas Herz einen Purzelbaum schlug. Sie
erkannte den Butler von Osbadiston, Chalmers, der vor Osbadistons Tod den vielgeliebten
schwarzen Butler ersetzt hatte. Dieser Gentleman mußte
demzufolge Lord Dantrey sein, obwohl er keineswegs jung war, dachte Diana. Er
war bestimmt fünfunddreißig, was ja schon beinahe alt war.
    »Ich
glaube, ich begleite unseren jungen Freund in den Stall«, sagte Lord Dantrey,
als der Stallknecht kam. Der Butler, Chalmers, brachte einen Seidenschirm zum
Vorschein. Lord Dantrey winkte gelangweilt mit einer weißen Hand. Der
Stallknecht ging voraus, dahinter Diana und danach Lord Dantrey, vom Regen
geschützt durch einen großen Lakaien, der ihm den Schirm über den Kopf hielt.
Dieser Lakai war ebenfalls vom Butler gerufen worden.
    Zuerst war
Diana viel zu sehr mit dem Wohlergehen ihrer Stute beschäftigt, um über ihre
mißliche Lage nachzudenken. Sie gab dem durstigen Pferd einen halben Eimer
lauwarmes Wasser, denn ein großer Eimer kaltes Wasser hätte
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