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Diamantenschmaus

Diamantenschmaus

Titel: Diamantenschmaus
Autoren: Pierre Emme
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Bestattung kennen.
    Kurze Zeit später kamen die beiden, die Mitzi rein äußerlich
irgendwie an Mafiosi erinnerten, die sie einmal in einem Film gesehen hatte,
wieder mit dem Sarg durch den Haupteingang.
    Instinktiv erkannte Maria Wallasch einen
entscheidenden Unterschied. Die Art, wie die Männer schleppen mussten, ließ nur
einen Schluss zu, dass der Sarg im Gegensatz zu vorhin nun belegt war, und zwar
mit einer anscheinend recht gewichtigen Leiche.
    Jetzt kam von den beiden auch kein beruhigendes
Zuwinken mehr, denn die Hände wurden definitiv zum Schleppen gebraucht. Das
größere der beiden Mannsbilder ließ es daher bei einem angedeuteten Nicken des
Kopfes bewenden. Das war allerdings nicht geeignet, Mitzis Argwohn zu
besänftigen. Ehe sie dazu kam, weiter darüber nachzudenken, bemerkte sie, dass
der Nachmittagsfilm mit Peter Alexander in ihrem kleinen Fernseher im Eck
bereits begonnen hatte. Und obwohl sie sich noch fragte, seit wann die Wiener
Bestattung Fahrzeuge ohne Aufschrift und mit niederösterreichischem Kennzeichen
verwendete, schaffte es der große Entertainer rasch, Mitzi wieder auf andere
Gedanken zu bringen.

     
    *

     
    Trotz seiner relativen Jugend, Inspektor Markus
Heidenreich hatte erst knapp 35 Lenze auf den wohltrainierten Schultern, hatte
der Stellvertreter von Franka Wallner bereits eine ganze Menge höchst
seltsamer, ja skurriler Kriminalfälle erlebt. Demzufolge konnte ihn auch nicht
so rasch etwas aus der Fassung bringen. Was sich ihm allerdings in der kleinen
ehemaligen Waschküche im vierten Stock der Dreierstiege bot, raubte ihm
zunächst einmal die Fassung und gleich anschließend die Sprache.
    »Was soll denn das hier bedeuten?« Der Inspektor gab die
rhetorisch gemeinte Frage so verstört von sich, dass Palinski Schwierigkeiten
hatte, das Gestammel überhaupt zu verstehen.
    Aber Markus Heidenreichs Reaktion war nur zu verständlich.
    Da hing ein alter, total zerknittert wirkender toter
ehemaliger Kettenraucher mit einer schweren Kopfwunde in einem Sessel. Auf der
Ablage an der Wand hinter der Leiche standen zwei leere und eine noch halb
volle Bierflasche neben einer ebenfalls fast leeren Packung eines
handelsüblichen rezeptfreien Schmerzmittels.
    Unter dem und in einem Umkreis von etwa einem
halben Meter um den Sessel herum lagen zahlreiche Tschicks in einer übel
riechenden, offenbar aus einem Gemisch von Urin und Blut bestehenden Lache. Und
darin, nicht zu übersehen, die deutlich erkennbare vordere Hälfte eines
Schuhabdruckes. Eines großen, ja sehr großen Schuhs, wie man mit bloßem Auge
erkennen konnte. Also mindestens Größe 46, eher aufwärts, so gegen 48, schätzte
Palinski.
    Weitaus verräterischer war das ganz besondere Profil der
offenbar aus Gummi bestehenden Sohle eines Sportschuhs. Im Karree verlaufende
Linien, mit einem großen X genau in der Mitte. Sicher würde die Polizei schon
bald die genaue Marke dieses Schuhs eruiert haben. Und wenig später –
hoffentlich – auch seinen Träger.
    Zu allem Überfluss, sozusagen als Krönung des Ganzen, lag eine
schwere, alte, etwa zwei Meter hohe und aus massivem Holz bestehende Standuhr
quasi auf dem Leichnam, die dem Mann mit einer ihrer scharfen Kanten die
schwere Kopfverletzung zugefügt hatte.
    »Das ist ja schlimmer als der ärgste Albtraum, den sich ein gemütskranker
Drehbuchautor für einen Horrorfilm ausdenken kann«, versuchte Palinski zu
witzeln, aber niemand lachte. Obwohl Mario damit das absurd Monströse der
gespenstischen Szene durchaus treffend charakterisiert hatte.
    Und tatsächlich, der Fundort der Leiche war für die Kollegen
von der Spurensicherung so etwas wie das Disneyland bei Paris für alle
europäischen Kids zwischen acht und 80 Jahren. Zumindest einmal im Leben sollte
man so etwas erlebt haben. Dass es sich bei der Waschküche nicht um den Tatort
handelte, war sowohl Heidenreich als auch Palinski beim ersten näheren
Hinschauen klar geworden.
    Denn die schwere Verletzung am Kopf des Herrn Lesonic hatte
so gut wie nicht geblutet, wenngleich die Blutlache am Boden etwas anderes
vortäuschen sollte. Das bedeutete, dass der Mann bereits tot gewesen sein
musste, als er hier in den Sessel gesetzt worden war.
    »Da hat sich jemand überaus viel Mühe gegeben, uns Sand in
die Augen zu streuen«, konstatierte der Inspektor, »und sich dabei saublöd
angestellt. Bemerkenswert, wirklich bemerkenswert.« Er schüttelte den Kopf. »So
was sieht man wirklich nicht alle Tage.«
    Zehn Minuten später war
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