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Dhampir

Dhampir

Titel: Dhampir
Autoren: B Hendee
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Spalt, dort, wo der Felsvorsprung auf den Hang des Berges traf.
    Chap schaute daraus hervor und bellte.
    Leesil ergriff Magieres Arm und zog sie ebenfalls hoch.
    »Ich trage Wynn«, sagte er. »Nimm so viel Gepäck wie möglich mit.«
    Er überließ es Magiere, vor ihm durch den Spalt zu klettern. Dort lag nicht so viel Schnee, aber das Heulen des Winds schwoll in der schmalen Passage an und wurde schmerzhaft laut in Leesils Ohren.
    Und dann erschien ein dunkler Riss in der Bergflanke.
    Die vor ihm gehende Magiere versperrte Leesil die Sicht, und er konnte erst Einzelheiten erkennen, als sie in der Öffnung verschwand, die wie eine schartige Wunde im Felsleib des Berges wirkte. Im Zickzack reichte der Riss in Richtung Gipfel und war so schmal, dass er für Leesil mit Wynn auf seinem Rücken nicht genügend Platz bot.
    Magiere streckte den Arm aus der Öffnung, und er ließ Wynn vom Rücken auf den Boden gleiten. Sie stützten die junge Weise, als sie in den schmalen Felsspalt taumelte.
    Die Wände zu beiden Seiten ragten schief und steil empor, und Geröll lag auf dem Boden. Zwar bestand hier nicht mehr die Gefahr, auf Schnee oder Eis auszurutschen, aber sie mussten trotzdem darauf achten, wohin sie den Fuß setzten. Eiskalte Winterwinde und das Tauwetter im Hochsommer hatten längst alles gelöst, was herabfallen konnte.
    Ein sonderbares rhythmisches Geräusch drang an Leesils Ohren. Es verwunderte ihn, bis er es erkannte.
    Atem.
    Hier an diesem Ort, geschützt vor dem Schneesturm, hörte er Magiere und Wynn atmen. Und dann vernahm er auch noch etwas anderes: ein Kratzen von Krallen auf Stein. Im durch die Öffnung fallenden Licht glitzerten zwei Augen in der Dunkelheit.
    Chap trat ihnen entgehen, schnaubte einmal, drehte sich um und verschwand wieder in der Finsternis.
    Leesil suchte in den Satteltaschen, entdeckte aber keine der Laterne n – vermutlich waren sie zusammen mit Taff in die Schlucht gestürzt. Als er aufsah, versuchte Wynn, mit der rechten Hand in ihre linke Manteltasche zu greifen.
    »Der Kristal l … «, brachte sie hervor. »Ic h … kann ihn nich t … erreichen.«
    Magiere holte ihn für sie aus der Tasche, streifte die Handschuhe ab und rieb ihn zwischen den Händen. Doch es kam nur ein mattes Glühen von dem Kristall.
    »Zu kal t … «, sagte Wynn. »Nimm ihn in den Mun d … für ein paar Sekunden.«
    Magiere war so erschöpft, dass sie nicht einmal das Gesicht verzog. Wortlos schob sie sich den Kristall in den Mund.
    In der dunklen Höhle war deutlich zu sehen, wie ihr Gesicht zu leuchten begann. Es verwandelte sich in eine glühende Fratze, in der sich deutlich die Knochen abzeichneten und die Leesil viel zu sehr an die Totenschädel seines Vaters und seiner Großmutter erinnerte. Der gespenstische Anblick veranlasste ihn, aufzustehen und an sie heranzutreten.
    »Spuck ihn aus!«, sagte er scharf.
    Magiere nahm den Kristall aus dem Mund und hielt ihn in der Han d – diesmal ging fast blendend helles Licht von ihm aus. Sie hob ihn, leuchtete damit und schickte sich an, Chap zu folgen.
    »Warte«, sagte Leesil.
    Er holt eins von Magieres Hemden aus einem Beutel, der von Teufelchens Rücken stammte, und knüpfte daraus eine Schlinge für Wynn. Dabei bemerkte er die dunklen Flecken an dem einen Handschuh der jungen Weisen. Vorsichtig nahm er ihn ab.
    Wynns Handgelenk blutete nicht mehr, aber Hand und Arm waren blutverschmiert. Leesil hoffte, dass es schlimmer aussah, als es in Wirklichkeit war, aber das würde er erst erfahren, wenn er Zeit fand, die Wunde zu reinigen. Er riss einen Streifen vom Hemd ab und improvisierte daraus einen Verband.
    Wynn nahm alles hin und stöhnte erst auf, als er die Schlinge anlegte. Besorgt dachte er an die Möglichkeit, dass ihre Schulter ausgerenkt wa r – der Arm musste ruhiggestellt werden. Wynn stöhnte erneut und zuckte zusammen, als Leesil die verletzte Hand in die Schlinge legte.
    »Folge Chap«, sagte er zu Magiere. »Wir müssen weg von der Öffnung, zu einem geschützeren Ort.«
    Magiere schnitt eine finstere Miene, als sei dies alles seine Schuld, sah dann zu Wynn, die schwer atmend an der Felswand lehnte. Sie nahm die andere Hand der jungen Weisen und führte sie im Licht des Kristalls tiefer in die Höhle.
    Leesil hörte, wie Chaps Krallen in der Dunkelheit weiter vorn über Steine kratzten, als er ihre wenigen Habseligkeiten nahm und den anderen folgte. Mit jedem Schritt wurde das Heulen des Schneesturms leiser, und Stille breitete sich aus.
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