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Dhampir: Vergessene Zeit (German Edition)

Dhampir: Vergessene Zeit (German Edition)

Titel: Dhampir: Vergessene Zeit (German Edition)
Autoren: Barb J. C. Hendee
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Premin Jacque von der Konamologie die Ellenbogen auf den Tisch. Er hatte die Hände gefaltet und die Stirn daraufgestützt, wodurch sein Gesicht nicht zu sehen war. Die Ärmel seines türkisfarbenen Gewands waren heruntergerutscht und zeigten muskulöse Unterarme.
    Premin Hawes von der Metaologie saß am rechten Ende des Tisches. Sie sah die Besucher an, und die nussbraunen Augen unter der mitternachtsblauen Kapuze hatten fast dieselbe Farbe wie die steinernen Wände des Raums. Ernst musterte sie Wynn und il’Sänke, als der Domin vortrat, in einen ebenfalls dunkelblauen Umhang gehüllt. Dann glitt ihr Blick zu Schatten, ohne dass sich ihr Gesichtsausdruck veränderte.
    Wynn bemerkte noch eine andere Person im Ratssaal.
    Domin Hochturm stand hinter dem Rat an einem Fenster.
    Er schaute weder nach draußen noch zu den Ratsmitgliedern. Sein Kopf war gesenkt, der lange Bart auf die Brust gedrückt. Wie eingeschüchtert wirkte er, oder überaus müde.
    War er ebenfalls vor den Rat gerufen worden?
    Il’Sänke und Hochturm mochten sich nicht, aber sie hatten eins gemeinsam: die Entschlossenheit, das Übersetzungsprojekt und alles, was damit zusammenhing, vor Außenstehenden zu verbergen. Diese Einstellung hatte einige fatale Pläne geboren, denen Miriam und Dâgmund zum Opfer gefallen waren. Und auch Nikolas, der sich geistig vielleicht nie ganz erholen würde.
    Wynn schluckte.
    Seit ihrer Rückkehr aus den Fernländern hatte sie bereits sehr gelitten. Schlimmeres konnte ihr der Rat kaum antun.
    Premin Jacque hob den Kopf. Trauer zeigte sich auf seinem kantigen Gesicht, als Premin Skyion begann:
    »Wir erkennen eure guten Absichten in dem, was gestern Abend geschah, aber wir sehen darin auch einen Mangel an Vernunft. Unser Verhalten sollte nicht von Furcht bestimmt sein, denn sonst gerät unsere Sicherheit durch so schlecht überlegte Versuche, sie zu schützen, in Gefahr.«
    Hochturm wandte sich ganz vom Fenster ab.
    »Doch da die Ursache für all die Todesfälle endlich beseitigt ist, können wir uns wieder anderen Dingen widmen«, fuhr Skyion fort.
    Sie lehnte sich zurück und faltete die Hände im Schoß, wo Wynn sie nicht sehen konnte.
    »Domin il’Sänke, du hast dich bei unseren Bemühungen als große Hilfe erwiesen. Die Niederlassung unserer Gilde im Sumanischen Reich kann stolz auf dich sein. Du hast alles für uns getan, was möglich ist, und deshalb möchten wir deinen Aufenthalt bei uns nicht weiter in die Länge ziehen. Es steht dir frei, zu deiner Familie und deinen Freunden heimzukehren.«
    Wynn schloss die Augen. Es waren höfliche Worte, sorgfältig gewählt, doch an ihrer Botschaft bestand kein Zweifel: Die einzige Person innerhalb dieser Mauern, der sie vertraute, wurde fortgeschickt. Hatte der Rat in Hinsicht auf Hochturm ähnlich entschieden? Nein, in dem Fall wäre der Zwerg nicht mehr zugegen gewesen.
    »Reisende Hygeorht … «
    Wynn hob die Lider und sah, wie Premin Skyion zögerte und traurig die Stirn runzelte.
    »Mit deinen Reisen durch die Fernländer hast du mehr erreicht als viele andere Reisende in so kurzer Zeit«, fuhr die Premin schließlich fort. »Dennoch machen wir uns Sorgen um dein Wohl.«
    Wynns Ärger kehrte zurück. Nach allem, was geschehen war, und hier an diesem Ort, wo keine Uneingeweihten zuhörten, wurde sie noch immer wie eine Person behandelt, die an geistiger Verwirrung litt? Hielten die Premins an der Lüge fest, obwohl an der Wahrheit inzwischen kein Zweifel mehr bestand?
    »Wir möchten, dass Domin Tärpodious dein neuer Meister wird«, sagte Skyion.
    Wynn war verblüfft. Sie wurde nicht aus der Gilde verstoßen?
    »Er ist ein guter Freund deines früheren Meisters Tilswith«, sagte Skyion. »Unter Tärpodious’ Anleitung verkürzt sich dein Weg zum Meisterstatus in der Gilde. Deine Erfahrungen in Hinsicht auf ferne Kulturen und deine Sprachkenntnisse wären eine große … «
    »Nein!«, unterbrach Wynn die Hohe Premin.
    Skyion musterte sie erstaunt, und Hochturm drehte sich um. Die Sorge in seinem Gesicht bestätigte Wynns Vermutungen.
    »Was soll das?«, flüsterte il’Sänke. »Gib ihnen keinen Grund, dich loszuwerden!
    Er schien nicht zu begreifen, worum es ging. Aber Wynn verstand alles.
    Man bot ihr die Möglichkeit, ihre Ausbildung fortzusetzen. Außerdem lockte man sie mit der Aussicht, bald den Meisterstatus erreichen zu können, noch in jungen Jahren. Aber die Sache hatte einen Haken.
    Sie würde im Archiv festsitzen und damit beschäftigt sein,
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