Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Dhampir: Vergessene Zeit (German Edition)

Dhampir: Vergessene Zeit (German Edition)

Titel: Dhampir: Vergessene Zeit (German Edition)
Autoren: Barb J. C. Hendee
Vom Netzwerk:
er die beiden jungen Weisen auf.
    Elias wartete nicht auf Jeremy und betrat das Schreibkontor.
    Im breiten Eingangsraum stand ein alter, abgewetzter Tresen mit zwei Türen dahinter. Und dort saß der große, griesgrämige Meister Pawl a’Seatt.
    Glänzendes, glattes schwarzes Haar fiel auf seine Schultern. Zwar zeigten sich hier und dort einige graue Strähnen, aber das Gesicht war völlig ohne Falten. Das Alter des Meisters ließ sich schwer abschätzen. Seine Züge wirkten ein wenig kantig und schienen kaum Gefühl zum Ausdruck bringen zu können. Umso ausdrucksvoller waren die braunen Augen, in denen ein Feuer zu brennen schien.
    Elias mochte den Inhaber des Ladens ebenso wenig wie Meister Teagan, aber a’Seatt genoss hohes Ansehen bei der Gilde. Was für Elias bedeutete, dass er ihm gegenüber höflich sein musste.
    »Bist du noch nicht fertig?«, rief Teagan.
    Elias sah zurück. Jeremy war hinter ihm hereingeschlichen, aber die Worte des alten Meisterschreibers galten nicht den beiden Besuchern. Er schloss die Tür und richtete einen ungeduldigen Blick auf den Inhaber des Ladens hinter dem Tresen.
    »Noch ein Fehler«, entgegnete Meister a’Seatt.
    »Was?«, stieß Teagan hervor und hinkte zu ihm.
    Pawl a’Seatt sah nicht auf und blätterte in den vor ihm liegenden Papieren.
    »Nicht in den Abschriften, sondern in der Übersetzung«, sagte a’Seatt.
    Teagan grummelte leise. »Reicht es nicht langsam? Glaubst du, mehr zu wissen als die Weisen?«
    »Es ist und bleibt ein Fehler«, beharrte a’Seatt.
    Elias beobachtete, wie der Ladeninhaber die Spitze eines Federkiels vorsichtig in ein Tintenfässchen tauchte. Als er etwas auf ein Stück Pergament schrieb, öffnete sich die rechte Tür hinter dem Tresen und Imaret streckte ihren kleinen Kopf hindurch.
    »Oh nein«, murmelte Elias.
    Sie war kaum groß genug, über den Rand des Tresens zu blicken. Das krause braunschwarze Haar trug sie im Nacken zusammengebunden, doch einige widerspenstige Strähnen tanzten um ihr karamellfarbenes Gesicht. In ihren Augen leuchtete es auf, als sie Jeremy sah.
    Elias verzog das Gesicht, aber Imaret bemerkte nichts davon.
    Warum ließ der griesgrämige Meister a’Seatt ein dreizehnjähriges Mädchen in seinem Skriptorium arbeiten?
    Imaret war bei der Gilde bekannt und hatte so manche Enttäuschung hinnehmen müssen, als sie Jeremy gefolgt war. Sie besuchte keine der vier von der Gilde geleiteten öffentlichen Schulen, sondern erhielt teuren Privatunterricht, für den ein Unbekannter bezahlte. Von ihrem Vater kam das Geld gewiss nicht, denn der bekam als Feldwebel im Ruhestand nur eine kleine Pension.
    »Hallo Imaret«, sagte Jeremy höflich.
    Elias verdrehte die Augen, und auch das bemerkte niemand.
    Imaret senkte schamhaft den Blick und öffnete den kleinen Mund, um etwas zu sagen.
    »Bist du mit dem Saubermachen fertig?«, fragte Pawl a’Seatt, ohne von den Blättern aufzusehen.
    Imaret hob den Kopf, den Mund noch immer offen.
    »Es ist spät, Mädchen«, sagte Teagan. »Und ich möchte vermeiden, dass sich deine Eltern noch einmal beklagen.«
    Schmollend und mit einem letzten sehnsüchtigen Blick auf Jeremy zog sich Imaret durch die Tür zurück.
    Pawl a’Seatt schrieb eine weitere Anmerkung. Als er den Federkiel beiseitelegte, griff Teagan nach dem Blätterstapel.
    »Sieben?«, stöhnte der alte Schreiber. »Sieben Korrekturen bei den Übersetzungen? Ich habe Mühe, die Symbole der Schriften zu entziffern, die wir kopieren sollen, und ich bin weit davon entfernt, ihre Bedeutung zu verstehen. Unsere Aufgabe besteht darin, saubere Kopien für die Weisen herzustellen, nicht, ihre Arbeit zu korrigieren. Wie willst du überhaupt imstande sein, einen Fehler als solchen zu erkennen?«
    Das fragte sich auch Elias. Die Übersetzung von Wynn Hygeorhts Texten war eine mühsame und zeitaufwändige Arbeit, wie er gehört hatte. Jene Teile, die ohne Unklarheiten übertragen werden konnten, wurden dem Begaine-Syllabar der Weisen hinzugefügt. Manchmal gehörten dazu auch gewisse unübersetzbare Worte oder Wortfolgen, bestehend aus den Symbolen der Ursprungssprachen.
    Weder Elias noch Jeremy hatten den Inhalt der Folianten gesehen, die an ausgewählte Skriptorien geschickt wurden. Der Mantel des Schweigens und der Geheimhaltung wurde über das Projekt gebreitet, und nur Gildenmeister und Domins waren direkt daran beteiligt. Doch Meister a’Seatt, nur der Inhaber eines privaten Skriptoriums, maßte sich an, eine Arbeit zu korrigieren, von
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher