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DHAMPIR - Blutsverrat

DHAMPIR - Blutsverrat

Titel: DHAMPIR - Blutsverrat
Autoren: Barb & J. C. Hendee
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stolperte. Die Spitze der Klinge kratzte über sein Kettenhemd, als er auf den Waldboden fiel.
    »Leesil!«, rief jemand in weiter Ferne, und aus der Stimme wurde ein zischendes Knurren. »Lass ihn in Ruhe!«
    »Mörder«, flüsterte Hedí. Sie riss Leesil das Bündel aus den Armen und schrie so laut, dass ihr Hals schmerzte: »Weißt du, was mit meiner Mutter geschehen ist? Und mit meinen Schwestern?«
    Sie stieß mit dem Dolch zu.
    Ein seltsamer Glanz erschien in Leesils Augen, aber ihr Blick galt nicht etwa Hedí, sondern dem Bündel, das sie ihm weggenommen hatte.
    »Hedí, nein!« Diesmal war es Emêls entsetzte Stimme.
    Leesil bewegte sich unter Hedí und griff nach dem Bündel. Die Spitze des Dolchs rutschte vom Kettenhemd ab und schnitt durch den Ärmel. Leesil schwang den anderen Arm herum, und Hedí fiel von ihm herunter, als er nach dem Bündel langte. Sie kam auf die Knie und starrte den Mann an, dessen Tod sie sich noch mehr wünschte als den von Darmouth.
    Leesil kniete auf dem Boden, kehrte ihr den Rücken zu und drückte sich das Bündel wieder an die Brust. Er verharrte in dieser Haltung, drehte sich nicht um und unternahm keinen Versuch, sich zu verteidigen. Hedí stand auf, näherte sich ihm und richtete den Dolch auf seinen ungeschützten Nacken.
    Eine Gestalt erschien vor ihr, wie ein Tier aus dem Dunkeln, und die geknurrten Worte waren kaum zu verstehen.
    »We g … vo n … ihm!«
    Die Frau namens Magiere hockte fast auf allen vieren vor Hedí und versperrte ihr den Weg. Ihr Gesicht war so blass, dass es in der Dunkelheit weiß erschien, doch die Augen waren ebenso schwarz wie die Nacht, wie auch das zerzauste Haar. Die Fingernägel erinnerten Hedí an Krallen, und die Eckzähne in ihrem Mund waren lang und spitz.
    Der große silbergraue Hund kam hinter Leesil aus dem Gebüsch und näherte sich langsam. Er hielt den Kopf gesenkt und sah Hedí aus hellen Augen an.
    Tränen rannen über Magieres Wangen, doch das grimmige Gesicht zeigte keinen Kummer, nur einen Zorn, der über jede Vernunft hinausging.
    Hedí blickte in das Gesicht eines Ungeheuers, doch es war ihr gleich. Sie wollte nur, dass Leesil starb, hier und jetzt. Sie trat vor, bereit, dem Monstrum die Augen auszustechen.
    »Zurück, Hedí!«, rief Wynn. »Magiere! Tu ihr nichts!«
    Hedí wollte sich auf Magiere stürzen, doch jemand hielt sie am Handgelenk fest.
    »Hör auf«, sagte Emêl scharf, zog sie erneut an seine Brust und schlang die Arme um sie.
    »Ich muss ihn töten!«, rief Hedí, aber sosehr sie auch zappelte und schlug, sie konnte sich nicht aus Emêls Griff befreien. »Er ist der Mörder meines Vaters! Und er hat auch meine Mutter auf dem Gewissen und meine Schwestern.«
    »Er war ein Sklave«, sagte Emêl. »Wie alle, die Darmouth dienten. Wie seine Eltern Gavril und Nein’a. Dem Mädchen, das ihr mitgebracht hat, erging es kaum anders. Was wäre mit Leesils Eltern geschehen, wenn er sich geweigert hätte, Darmouth zu gehorchen? Du kennst die Antwort. Gerade du solltest wissen, wie Darmouth alles unter Kontrolle gehalten hat. Schließlich hat er dich jahrelang benutzt, um mich an der Kandare zu halten.«
    Hedí gab den Versuch auf, sich zu befreien, aber der Hass in ihr blieb.
    Leesil hockte noch immer auf dem Boden, mit dem Rücken zu ihr, und regte sich nicht.
    Das Ungeheuer namens Magiere wich zu ihm zurück, schnappte dabei immer wieder zischend nach Luft. Die Frau veränderte sich langsam und wurde wieder zu einem Mensche n – die Zähne wurden kürzer, und sie schloss den Mund. Sie beugte sich zu Leesil hinab, ergriff ihn an der Schulter und zog ihn hoch. Als er stand, sah Hedí nur noch eine blasse Frau in einer Lederrüstung und mit langem schwarzem Haar.
    Hedís Blick blieb auf Leesil gerichtet, bis Magiere ihn hinter den Baum geführt hatte, der das Feuer abschirmte. Dann sah sie Korey, die entsetzt in Wynns Armen kauerte, und sie dachte daran, was sie vor langer Zeit verloren hatte.
    »Kein Töten mehr«, flüsterte Emêl. »Bald fließt mehr Blut, als irgendjemand von uns ertragen kann.«
    Hedí verstand nicht, was er meinte, und es war ihr gleich.
    Sie sackte in sich zusammen. Tränen voller Zorn und Schmerz liefen ihr über die Wangen, während Emêls Arme sie in der schwarzen Kälte des Waldes umfingen. Unter Darmouth hatte es nur Betrug und Verrat gegeben. Sklaven hatten Sklaven getötet, nur um einen weiteren Tag am Leben zu bleiben.
    Doch Hedí brachte Leesil kein Mitgefühl entgegen und wünschte ihm
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