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DGB 11 - Blut Der Abtrünnigen

DGB 11 - Blut Der Abtrünnigen

Titel: DGB 11 - Blut Der Abtrünnigen
Autoren: Nick Kyme , Lindsey Priestley
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waren
wie sichtbare Monde, die die Position eines unsichtbaren Planeten verrieten.
Strahlende Astralkörper, in einem Muster angeordnet, das von der Schwerkraft
eines nicht sichtbaren Sterns vorgegeben wurde. Indem er feststellte, wo sie
sich aufhielten und wo nicht, konnte er genau bestimmen, wo seine Beute steckte.
    Der Saal von Leng war der wahrscheinlichste
Ort. Nach der Verteilung der getreuen Custodes befand sich seine Beute irgendwo
in der westlichen Hemisphäre des Bezirkes, also im Saal von Leng, im Haus der
Waffen, im Großen Observatorium oder in den privaten Apartments, die sich an
die beiden letzteren anschlossen. Allerdings war ihm bekannt, dass der Saal von
Leng ein bevorzugter Ort war. Wenn sich seine Beute nicht in geheimer Arbeit in
den tiefen, privaten Gewölben des Palasts abgeschieden aufhielt, verbrachte sie
üblicherweise viel Zeit in diesem Raum, um die Winkel von Raum und Zeit zu
messen.
    Es hieß, dass sich
Vergangenheit und Zukunft an diesem Ort vermischten und dass dies seit Urzeiten
so war, lange bevor dieser Ort den Namen Leng erhalten hatte, bevor seine Beute
geboren worden war, bevor ein Dach darauf gesetzt worden war und lange bevor
ein Mensch ihn zu Gesicht bekommen hatte. Der Saal von Leng mit seinen langen
Balken, der in Düsternis getaucht war, stellte nichts weiter dar als eine
Domestizierung einer Anomalie des Materiums, ein Faden aus dem Gewebe der Zeit,
ein wenig Schorf auf der Haut des Alls.
    Er hatte sich in diesem Saal
nie wohlgefühlt, der mit fassbarer Dunkelheit erfüllt war, die immer leise
auszuatmen schien, wie ein schlummernder Gott. Dennoch war es ein passender
Ort, und er würde seinen Zweck erfüllen.
     
    Er näherte sich dem Saal aus
südwestlicher Richtung, dabei folgte er einem Weg, der entlang einer Allee aus
Platanen und Silber-birken verlief. Jetzt trug er keinerlei Tarnung mehr, er
gab nicht mehr vor, ein Lampenanzünder oder Teppichklopfer zu sein, und er
benutzte auch kein Verdrängerfeld mehr, um sein Erscheinungs-bild zu verändern.
Stattdessen hatte er die spinnwebdünne Tarnhaube aus der winzigen
Silberschachtel hervorgeholt und sich darin eingewickelt. Sie fühlte sich auf
seinen Schultern, dem Rücken und dem Schädel so kalt und leicht an wie Schneeflocken.
    Das Licht ignorierte ihn, als
sei er es nicht länger wert, zur Kenntnis genommen zu werden. Es bog sich um
ihn herum, es zuckte zur Seite, es mied seine Gestalt, und indem es ihn mied,
beraubte es ihn seines Schattens und seiner Farben.
    Unbedeutend wie ein Flüstern
ging er die Allee entlang und überquerte die Rasenflächen hinter dem Saal. Er konnte
Weihrauch riechen, hörte das Knarren und Ächzen der unnatürlichen Har-monien
des Saals.
    Seine Waffe war bereit: ein Nei
Monggol-Dolch, dessen Klinge so sehr geschärft worden war, wie es kein
Genstock-Messerschleifer jemals hätte leisten können. Die Klinge war mit
absolut tödlichem Nematodengift überzogen, das aus dem qash -Harz
destilliert und raffiniert worden war.
    Genug, um einen Halbgott zu
töten? Daran glaubte er. Genug, um ein Blutspiel zu beenden? Ganz gewiss.
     
    Es gab keine Schlösser. Er
hatte das Maßwerk der Quantenalarme auswendig gelernt, und die Lumin-Sensoren weigerten
sich schlichtweg, seine Tarnhaube zu erkennen. Er nahm die Klinge in die linke
Hand.
    Das Licht in der äußeren
Säulenhalle schien undurchsichtig, als wäre es von Rauch braun verfärbt worden.
Er ging weiter über schwarze Fliesen, die über die Jahrhunderte von unzähligen
Besuchern abgetreten worden waren, so dass sie nur noch stumpf und matt waren.
Reines Schmelzwasser tropfte in ein Steinbecken neben den inneren Türen. Über
dem Türrahmen zeigte der Architrav in Flachrelief die Mühen der ersten Pilger
auf dem Weg nach Leng.
    Die inneren Türen waren schwer
und älter als der Palast, die gerahmten Paneele aus uralter Bergeiche, jeweils einen
halben Meter dick, abgenutzt und handgearbeitet, und nicht ein einziger Winkel
war so exakt, wie er hätte sein sollen. Er hob den schwarzen Eisenriegel und
stieß eine der Türen auf. Luft strömte ihm entgegen, die nach kaltem Stein
roch.
    Der gewaltige Saal war
sternenlichtdunkel und mitternachtsruhig.
    Dann und wann trieb ein
Geräusch durch den schwarzen Raum, das fast klang wie ein himalasiatischer
Windstoß und wie Wellen, die sich an der Küste eines Ozeans brachen, das aber
weder das eine noch das andere war. Winzige orangefarbene Funken tanzten unter dem
hohen Dach, wie Glühwürmchen, wie ignis
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