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Dexter

Dexter

Titel: Dexter
Autoren: Jeff Lindsay
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haben schien, eine Dockingstation für den iPod. An einer Wand hing, glücklicherweise vom Blut verschont, das Poster eines grüblerischen jungen Mannes. Darunter stand TEAM EDWARD und in der nächsten Zeile
Twilight.
    Im Schrank fanden sich einige hübsche Kleidungsstücke, aber nichts Außergewöhnliches. Weder Zimmer noch Haus wirkten, als gehörten sie jemandem, der wohlhabend genug für eine Nobelschule war, doch sind schon seltsamere Dinge passiert, und soweit ich sehen konnte, hingen keine Kontoauszüge an den Wänden.
    Hatte Samantha ihre eigene Entführung vorgetäuscht, um Geld von ihren Eltern zu erpressen? Ein überraschend häufig angewandter Trick, und falls das Mädchen den ganzen Tag von reichen Kids umgeben war, mochte sich in ihr ein gewisser Druck aufgebaut haben, eine eigene Designerjeans zu besitzen. Jugendliche können extrem grausam sein, gesegnet seien sie, besonders zu jemandem, der sich keinen Sweater für fünfhundert Dollar leisten kann.
    Auf jeden Fall verriet das Zimmer nicht viel. Mr. Aldovar mochte ein zurückgezogen lebender Milliardär sein, der die gesamte Nachbarschaft aufkaufen konnte, während er nach Tokio zum Sushi-Essen flog. Oder ihre finanziellen Mittel waren wirklich bescheiden, und die Schule gewährte Samantha irgendeine Art Stipendium. Es war unwichtig; wichtig war nur, diesen grauenhaften feuchten Blutfleck zu untersuchen und ihn dann wegputzen zu lassen.
    Mir wurde bewusst, dass Deborah mich erwartungsvoll anstarrte, und so nickte ich ihr zu und brach in energische Aktivität aus, um mir keinen weiteren K.-o.-Schlag auf meinen Trizeps einzuhandeln. Ich stellte meinen Koffer auf den Tisch und klappte ihn auf. Meine Kamera lag obenauf, und ich knipste ein Dutzend Bilder von dem Fleck an der Wand und der Fläche ringsum. Dann nahm ich ein Paar Latexhandschuhe heraus und schlüpfte hinein. Ich zog einen großen Baumwolltupfer aus einer Plastiktüte, nahm einen Glasbehälter und näherte mich vorsichtig dem glänzenden Blutfleck.
    Ich entdeckte eine Stelle, an der er dick und noch feucht war, und tunkte den Baumwolltupfer mit einer drehenden Bewegung hinein, wodurch er eine brauchbare Probe von der grässlichen Flüssigkeit aufnahm. Dann steckte ich den Tupfer vorsichtig in den Glasbehälter, versiegelte ihn und trat einen Schritt zurück. Deborah starrte mich nach wie vor an, als suchte sie nach einer verwundbaren Stelle, aber als ich sie ansah, wurde ihre Miene ein wenig weicher. »Wie geht es meiner Nichte?«, erkundigte sie sich, und der grauenhafte rote Fleck an der Wand verblasste zu einem wundervoll sanften rosa Hintergrund.
    »Sie ist überaus erstaunlich«, schwärmte ich. »Alle Finger und Zehen an den richtigen Stellen und von vollkommener Schönheit.«
    Einen Moment lang streifte etwas anderes die Miene meiner Schwester, etwas ein wenig Dunkleres als der Gedanke an eine perfekte Nichte. Aber ehe ich es identifizieren konnte, nahm erneut Deborahs alte Zackenbarsch-im-Dienst-Miene dessen Platz ein.
    »Großartig«, sagte sie, kommandierte dann mit einem Nicken auf die Probe in meiner Hand: »Lass das analysieren und halt dich auf keinen Fall mit Mittagessen auf«, und wandte sich ab.
    Ich klappte meinen Koffer zu und folgte Debs durch die Schlafzimmertür und den Flur hinunter ins Wohnzimmer. Captain Matthews war eingetroffen und hatte sich rechts aufgebaut, wo jeder sehen konnte, dass er am Tatort war und unbarmherzig der Gerechtigkeit zum Sieg verhalf.
    »Scheiße«, fluchte Deborah. Aber sie biss die Zähne zusammen und ging trotzdem zu ihm hinüber, möglicherweise um sicherzustellen, dass er nicht auf einen Verdächtigen trat. Ich hätte mir das Schauspiel gerne gegönnt, aber die Pflicht rief mit Trompetenschall, deshalb wandte ich mich zur Haustür und sah mich Special Agent Brenda Recht gegenüber, die mir den Weg verstellte.
    »Mr. Morgan«, grüßte sie, den Kopf geneigt, eine Augenbraue hochgezogen, als sei sie nicht ganz sicher, ob das die richtige Ansprache für mich war oder doch lieber etwas Vertrauteres, »Schuldig!« zum Beispiel.
    »Special Agent Recht«, erwiderte ich entsprechend freundlich. »Was führt Sie hierher?«
    »Sergeant Morgan ist Ihre Schwester?«, erkundigte sie sich, was meine Frage eigentlich nicht beantwortete.
    »Das stimmt«, sagte ich dennoch.
    Special Agent Recht musterte mich und starrte dann hinüber zu Deborah, die sich mit Captain Matthews unterhielt. »Was für eine Familie«, bemerkte sie und ließ mich stehen, um
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