Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Deutsche Geschichte Von 1815-1870

Titel: Deutsche Geschichte Von 1815-1870
Autoren: Luise Buechner
Vom Netzwerk:
ein Dorn im Auge, und auch England und Schweden sahen sauer dazu, Ersteres wegen seiner Beziehungen zu Hannover, Letzteres besorgt um die Herrschaft an der Ostsee. Schon jetzt war in den Cabinetten die Zusage gegeben worden, daß die Theilnahme der
Nation
an dem Kampfe möglichst ignorirt werden müsse, und
Gentz
, Metternich's characterloser, aber vielgewandter Geheimsecretär, durfte bald schon den Ausspruch wagen: »
Nur
die hohe Eintracht der Cabinette habe Deutschland seine Freiheit wiedergegeben.« – Am 9. September schlossen Oesterreich, Preußen und Rußland den Vertrag zu
Teplitz
, durch welchen sie sich verpflichteten, nur
gemeinsam
Frieden zu schließen, eine erfreuliche Kunde für Deutschland, aber sorgsam hütete man dabei das Geheimniß einer Anzahl von
geheimen Artikeln
. Die schwerwiegendsten von diesen betrafen die Wiederherstellung der österreichischen und preußischen Monarchien, wie sie zur Zeit vor 1805 gewesen, weiter die
Auflösung des Rheinbundes
, sowie die
völlige
und
unbedingte
Unabhängigkeit der zwischen
Preußen
und
Oesterreich
, wie zwischen
Rhein
und
Alpen liegenden deutschen Gebiete
. Damit war denn nun die Kleinstaaterei auf's Neue verewigt, damit eine feste, politische Verbindung Deutschlands, wie
Stein
und seine Freunde sie erstrebten, –
bei Seite geschoben
– damit einer der giftigsten Drachenzähne, den Metternich's feile Politik in die junge Saat des nationalen Aufschwungs einzustreuen sich bemühte, ausgeworfen. Er träumte jetzt schon von dem späteren »Bundestage« und äußerte sich in diesem Sinne gegen den preußischen Minister
Hardenberg
: »Wir haben es nur mit den Fürsten, nicht mit den Völkern zu thun!« – Es ist einer der tragischsten Momente in der Geschichte jener Tage, daß im selben Augenblick, wo Deutschland alles opferte, was es irgend besaß, wo es sein innerstes Herzblut verspritzte, ihm der Preis des Sieges bereits durch »
geheime
Artikel,« vorweggenommen war. – Auch fehlte es schon damals nicht an verdammenden Urtheilen darüber, der Mund des englischen Bevollmächtigten, des
Grafen Münster
sprach es unverhohlen mit den Worten aus: »Das Schicksal der Deutschen würde höchst zu beklagen sein, wenn sie künftig dem Willen kleiner Despoten unterworfen sein sollten. Sollte diese Souveränität für das arme Deutschland beliebt werden, so wäre ich bereit, mich auf die Seite der Revolutionärs zu schlagen. Der brave Stein hat Ursache finster auszusehen!« so äußerte sich ein Mann, der selber ein Vollblut-Aristokrat gewesen.
    Noch fehlte im Bunde ein wichtiger deutscher Staat, nämlich
Baiern
; man gewann es durch den Vertrag
von Ried
–; welcher Baiern zwar verpflichtete, Truppen zu stellen, aber ihm das
eigne Commando
darüber gestattete, und als wichtigste Bedingung mußte ihm noch obendrein die Aufrechthaltung vollständiger Selbstherrschaft zugesagt werden. – Der Beitritt Baierns war natürlich das Signal zur Sprengung des Rheinbundes, aber durch die Bedingungen, die man diesem Staate gewährleistete, war zugleich eine Neugestaltung Deutschlands vollends unmöglich gemacht. – Ohne Ahnung von diesen Ränken waren die Kämpfer, die sich jetzt näher und näher um Leipzigs Wälle schaarten, wo in den Octobertagen von 1813 die große
Völkerschlacht
entbrannte, deren Erinnerung allein mehr als einmal hinreichen mußte, selbst in den trübsten Tagen der Zukunft die Hoffnung auf Deutschlands einheitliche und freiheitliche Entwicklung neu zu heben und zu kräftigen. – Es ist überflüssig, dieselbe hier wiederholt zu schildern, denn wer kennt sie nicht, diese drei Tage des größten Heldenmuthes, der zähesten Ausdauer von beiden Seiten! Ohne Einfluß auf den Gang der Schlacht war der Uebertritt der sächsischen und würtembergischen Truppen, unendlich größer jedoch der moralische Eindruck, den er hervorbrachte. Es blieben jetzt bei Napoleon nur noch die kleinen deutschen Contingente; Polen, Badenser und Hessen-Darmstädter besetzten als Nachhut die eroberte Stadt, und deckten den abziehenden Franzosen den Rücken; leider – man wollte eben Napoleon nicht ganz vernichten – wurden sie keineswegs nach dem glänzenden Siege so verfolgt, wie die Tapferen im preußischen Hauqtquartiere es verlangten. – An die furchtbaren Opfern die dieser Kampf gekostet brauche ich nicht zu erinnern; auf beiden Seiten war die Lage der Verwundeten und Kranken, die man damals noch nicht mit solchen Mitteln zu unterstützen wußte, wie heute, trotz dem
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher