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Deutsche Geschichte Von 1815-1870

Titel: Deutsche Geschichte Von 1815-1870
Autoren: Luise Buechner
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Schutz- und Trutzbündniß, welches Rußland und Preußen im März miteinander schlossen, bekannt als der:
Vertrag von Kalisch
, der ausdrücklich besagte, daß beide Staaten ihre alte Freundschaft erneuert hätten, um Europa frei zu machen. Wie aber die Monarchen es bereits schon bei Abschluß dieses Vertrages in's Auge faßten, auf welche Weise sie nach gewonnenem Siege die alten Gränzen zwischen sich wieder herstellen, wie sie ihre Macht gegenseitig neu regeln wollten, eben so lebhaft dachten
Stein
und
Scharnhorst
dabei an
Deutschland
, und es gelang ihnen denn auch, in jenem Vertrag die politischen Grundsätze geltend zu machen, nach welchen später bei Besetzung und Verwaltung der zu befreienden deutschen Länder verfahren werden sollte.
    In Folge dieses Kalischer Vertrags erging nun ein
Aufruf an die deutschen Fürsten, das fremde Joch abzuschütteln
, verschärft durch eine
Androhung des Verlustes ihrer Staaten
, wenn dies nicht rechtzeitig geschähe. Die zurückeroberten Länder, deren Fürsten verjagt worden waren, sollten durch einen Centralverwaltungsrath, aus Abgeordneten Rußland's und Preußen's gebildet, vorläufig regiert werden. –
    Es war
Stein's
Gedanke, hier eine Verwaltung zu schaffen, die an die alte Reichseinheit erinnerte, und die Sondersouveränitäten, welche Napoleon so schlau befestigt hatte, möglichst bei Seite schieben sollte. – Dem Aufrufe an die Fürsten folgte das
Manifest
des Königs von Preußen an sein Volk, welches die Kriegserklärung gegen Napoleon enthielt und in den Worten gipfelte: »Meine Sache ist die Sache meines Volks und aller Gutgesinnten in Europa!«
    Nun war der Stein im Rollen; die wundervollen Vorbereitungen und Rüstungen Scharnhorst's, die Vermischung von Landwehr und Militär rückten rasch vorwärts und am 10. März 1813, dem Todestage der Königin Luise, wurde durch die Stiftung des eisernen Kreuzes eine Auszeichnung geschaffen, die in der eisernen Zeit Jeden schmücken sollte, der dem Vaterlande seine Opfer brachte.
    Napoleon's Zuversicht jedoch blieb unerschüttert. »Ich bin für außerordentliche Abenteuer geschaffen, eine umgestürzte Welt ist mein Element. Bald werde ich wieder mit 300,000 Mann an der Weichsel stehen!« so schrieb er seinem Bruder Joseph und ordnete eine neue Aushebung von 350,000 Mann an. Die Conscribirten für das Jahr 1814 wurden im Voraus eingestellt, ob auch Frankreich halb in Verzweiflung darüber gerieth, und unübertrefflich haben die französischen Schriftsteller Erkmann-Chatrian uns in ihrem Romane:
Erlebnisse eines Conscribirten
, die damalige Stimmung des französischen Landvolks geschildert.
    Wunderbar jedoch bleibt es immerhin, was Napoleon noch mit diesem mangelhaften Material zu leisten vermochte; dennoch waren die Tage seines Ruhms gezählt. Rasch folgten sich nun die Tage von
Möckern
, wo zum Erstenmale die überlegene Tapferkeit der Preußen die Franzosen zurückdrängte, von
Großgörschen
, wo zwar Napoleon das Feld behauptete, die Preußen jedoch mit solchem Heldenmuth gekämpft hatten, daß ein Augenzeuge erzählte: »Selbst die Todten lagen da, mit verklärtem Antlitz, sie waren mit dem Gefühle aus der Welt gegangen, daß sie ihr Vaterland und sich selbst gerächt!« –
    Auch bei
Bautzen
blieb Napoleon Sieger, aber er konnte mit Pyrrhus sagen: Noch solch ein Sieg und ich bin verloren! – Der Abschluß eines Waffenstillstandes vom 4. Juni bis 20. Juli war die nächste Folge dieser Kämpfe, und er gab den Preußen willkommene Zeit zu neuen Rüstungen. – Falsch und zweideutig hatte sich bis dahin
Oestreichs
Haltung gezeigt; der kalte, engherzige Metternich, der Diplomat aus der Schule des 18. Jahrhunderts, wollte nichts, keinen Sieg, keinen Erfolg,
durch das Volk
. Immerhin konnte er sich nicht verhehlen, welche Gefahren für Oestreich der Vertrag von Kalisch in sich barg; der Waffenstillstand bot ihm wieder einmal die günstige Gelegenheit, die Rolle des Schiedsrichters und Vermittlers zu spielen. Die
Centralverwaltung
war natürlich Oestreich ein Dorn im Auge; spottend nannte man in Wien den Freiherrn v.
Stein
den »
deutschen Kaiser
«. Doch entschloß man sich endlich zum Beitritt und durch den Vertrag zu Reichenbach schloß sich Oestreich dem Bündniß Preußens und Rußlands an,
für den Fall
, daß kein Friede zu Stand gebracht werden könne. So mußten denn abermals die Waffen ruhen und man griff zu dem beliebten Mittel eines Congresses, der in
Prag
zusammentreten und bis zum 10.
August
die
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