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Deutsche Geschichte Von 1815-1870

Titel: Deutsche Geschichte Von 1815-1870
Autoren: Luise Buechner
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mochte er seinen Officieren, die jubelnd diesen Entschluß begrüßten, sagen: »Ihr habt gut reden, Ihr jungen Leute, mir Altem wackelt der Kopf auf den Schultern.« Er selbst jedoch wankte nicht und die Convention von
Tauroggen
, die er auf eigne Gefahr hin mit den Russen abschließt, sich dadurch verpflichtet auf dem Gebiete zwischen Memel und Tilsit stehen und neutral zu bleiben, wird der
Grund- und Eckstein
der deutschen Befreiungskämpfe. Sein König zwar verwirft den Vertrag', er entsetzt den rebellischen General seines Commandos, weil er ja äußerlich noch nicht mit Napoleon brechen durfte, vergebens, kein Anderer will den Oberbefehl übernehmen und York ergibt sich darein, für einen Augenblick als Meuterer zu erscheinen. »Mit blutendem Herzen,« so schreibt er, »zerreiße ich die Bande des Gehorsams und führe den Krieg auf eigne Hand, die
Armee
will den Krieg gegen Frankreich, das
Volk
will ihn, der
König
will ihn, aber der König hat keinen freien Willen! Die Armee muß ihm diesen Willen frei machen!« Es war wie er sagte; Jeder der noch deutsch dachte,
wollte
den Krieg und auch Alexander sprach nun das entscheidende Wort aus, daß er keinen Frieden mit Napoleon schließen werde, ehe auch Deutschland befreit sei. –
Königsberg
in Ostpreußen ist nun die erste deutsche Stadt, von der die Bewegung ihren Ausgangspunkt nimmt; dort sehen wir jetzt neben York die Männer stehen, die er eigentlich nicht mochte,
Stein
mit
Arndt
, deren Hülfe aber jetzt unumgänglich nothwendig ist, denn die
Entfesselung der Volkskraft
, von Scharnhorst schon lange in der Stille vorbereitet, muß nun die Losung werden. Vorerst wurden jetzt die alten preußischen Landstände, deren Macht einst Preußens Fürsten gebrochen, die sie lange vergessen und vernachlässigt, in dieser Stunde der Gefahr von den Volksmännern wieder herbeigerufen, um dem, was sich jetzt vorbereitete, die gesetzliche Sanction zu geben. Sie beschlossen eine Volkswehr einzurichten, den
Landsturm
, alle Männer bis zum 60. Jahre aufzubieten und diese mit den regulären Truppen zu vereinigen. So erinnerte man sich in dieser Stunde, als der Geist der Väter neu aufflammte, auch wieder der alten vergessenen Institutionen und sowie das Volk jetzt in Ostpreußen, auf diese gestützt, freiwillig den ersten Schritt zum Widerstande thut, nimmt es auch die ganze Verantwortung dafür auf sich, und schon zu Anfang Februar des Jahres 1813 sehen wir ganz Ostpreußen vom französischen Joche befreit. Mochte man auch am Hofe dies Alles mit Furcht und Schrecken aufnehmen, mochte selbst der König, als er von der Convention erfuhr, in die harten Worte ausbrechen: »Da möchte Einem ja gleich der Schlag rühren!« in der Nation fanden diese Vorgänge den jubelndsten Wiederhall. Napoleon hatte, natürlich im eignen Interesse, – denn noch bestand ja sein Bündniß mit Preußen, und jene muthigen Befreier erschienen als Rebellen, – eine neue Werbung gestattet, und nun bedarf es hier keiner Wiederholung, um den Enthusiasmus zu schildern, welcher sich jetzt erhob, wie Alles sich herbeidrängte, wie der Bürger sein Handwerkgeräthe, der Bauer seinen Pflug, der Gelehrte seine Bücher stehen ließ, um in den »heiligen Krieg« zu ziehen. Die Universitäten und Schulen lösten sich auf, die Frauen eilten herbei, ihren Schmuck, ihre Kostbarkeiten darzubringen, selbst das Köstlichste, was das deutsche Haus bewahrt, die Trauringe wurden geopfert, um Waffen dafür schmieden zu lassen.
    Nun zeigte es sich, daß
Fichte
nicht vergebens an die Herzen seiner Nation angepocht, daß
Arndt, Görres, Stein
nicht vergebens zu ihm gesungen und gesprochen hatten für Freiheit und Recht! – Schon während dieses Aufschwungs konnte Napoleon vernichtet, konnten die späteren blutigen Kämpfe vermieden werden, wenn die leitenden Gewalten sich in gleichem Sinne thatkräftig und begeistert gezeigt hätten; aber sowie der Blick der Klapperschlange sein Opfer willenlos festhält, so fühlten sich die Fürsten noch unter dem Banne des gewaltigen Mannes. Auch ist nicht zu vergessen, daß bis jetzt nur Preußen und Rußland sich zu dem großen Kampfe entschlossen hatten, daß noch der größte Theil Deutschlands sich in Napoleon's Händen befand und die deutschen Fürsten nach wie vor seine Verbündeten blieben. Besonders hemmend war der Umstand, daß Oestreich, thatlos zuschauend, das freundschaftliche Verhältniß mit Napoleon vollständig aufrecht erhielt. –
    Entscheidung brachte endlich jenes
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