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Detektivin Anfang 30 sucht Auftraege

Detektivin Anfang 30 sucht Auftraege

Titel: Detektivin Anfang 30 sucht Auftraege
Autoren: Sue Grafton
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durfte.
    »Ich möchte mir ungern den Vorwurf einhandeln, aus der Schule geplaudert zu haben«, erklärte sie schließlich.
    »Mrs. Merriman . Es besteht der Verdacht, daß ein Verbrechen begangen worden ist«, sagte ich. »Wenn die Polizei erst da ist, wird man Sie dasselbe fragen .«
    »Na ja, in dem Fall ist das wohl in Ordnung. Natürlich habe ich nicht die leiseste Ahnung, wo sie ist... Aber ich finde, daß sie sich in den vergangenen Monaten ziemlich komisch benommen hat .«
    »Inwiefern?«
    »Sie hat so geheimnisvoll getan, so von oben herab. Als wüßte sie was, wovon wir keine Ahnung hatten .«
    »Was sich mittlerweile als zutreffend herausgestellt hat«, bemerkte ich.
    »Aber damit hatte das wohl nichts zu tun. Ich glaube, sie hatte eine Affäre .«
    Das interessierte mich. »Ein Verhältnis? Mit wem?«
    Mrs. Merriman schwieg und berührte eine der Haarnadeln, die ihren kunstvollen Haarturm zusammenhielten. Dann ließ sie ihren Blick bedeutungsvoll zu Mr. Sotherlands Bürotür schweifen. Ich drehte mich um und sah in dieselbe Richtung.
    »Wirklich ?« murmelte ich. Kein Wunder, daß er schwitzt, dachte ich.
    »Ich möchte es nicht beschwören«, flüsterte sie. »Aber seine Ehe wackelt seit Jahren, und ich vermute, daß sie auch nicht besonders glücklich war. Sie hat diese drei schrecklichen kleinen Jungen, wissen Sie... und einen Mann, der entschlossen zu sein scheint, noch mehr davon in die Welt zu setzen. Sie und Mr. Sotherland ... Gavie , nennt sie ihn... haben... also ich bin sicher, daß sie was miteinander hatten. Ob das was mit dem verschwundenen Geld zu tun hat... Also, da will ich lieber keine Mutmaßungen anstellen .« Nachdem sie bereits so viel gesagt hatte, kriegte sie es plötzlich mit der Angst zu tun. »Sie wiederholen das doch hoffentlich nicht vor der Polizei, oder ?«
    »Selbstverständlich nicht«, erwiderte ich. »Es sei denn, man fragt mich .«
    »Natürlich.«
    »Hat die Firma übrigens ein Reisebüro, mit dem sie zusammenarbeitet ?«
    »Ja. Gleich nebenan«, antwortete sie.

    Ich unterhielt mich kurz mit der Buchhalterin, die dem allgemeinen Eindruck von Lucy Ackermans letzten Arbeitstagen nichts hinzuzufügen wußte, holte meinen VW vom Parkplatz und fuhr zur Frauenklinik hinüber, die nur ein paar Blocks weiter lag. Mich beschäftigte die Frage, was Lucy Ackerman dort gewollt haben konnte. Ich tippte auf Empfängnisverhütung... und zwar die endgültige. Falls sie einen Liebhaber hatte — und entschlossen war, nie wieder schwanger zu werden — , schien das die logische Konsequenz. Mir war nur noch nicht klar, wie ich das feststellen könnte. Ärzte und anderes Krankenhauspersonal geben sich, was solche Informationen betrifft, im allgemeinen äußerst zugeknöpft.
    Ich stellte den Wagen vor dem Krankenhaus ab und griff nach der Aktentasche auf dem Rücksitz. Für Fälle wie diesen führe ich stets einen Vorrat an Allzweck-Formularen bei mir. Sie sehen aus wie eine Mischung aus Bewerbungsformular und Versicherungsvertrag. Ich füllte eines dieser Formulare in Lucys Namen aus und fälschte ihre Unterschrift unter dem Absatz, der den Besitzer berechtigte, Informationen über die Unterzeichnerin einzuholen. Als Vorlage benutzte ich die Kopie der Empfangsbestätigung, die im Kontobuch gelegen hatte. Ich gebe gern zu, daß man meine Methoden als unorthodox, ja sogar als illegal bezeichnen könnte. Aber da ich nicht annahm, daß diese Information vor Gericht zur Sprache kommen würde, schien es irrelevant, wie ich sie mir verschafft hatte.
    Ich betrat die Klinik, registrierte dankbar den fast leeren Wartesaal und holte aus meiner Brieftasche einen Ausweis der California Fidelity Versicherung heraus. Für diese Gesellschaft arbeite ich gelegentlich als Versicherungsdetektivin. Dafür zahlen sie mir meine Büromiete. Die Firma hat allerdings einmal den Fehler gemacht, mir einen Firmenausweis mit Paßfoto auszustellen, mit dem ich seither ziemlich schamlos hausieren gehe.
    Bei der Anmeldung hatte ich die Wahl zwischen drei weiblichen Angestellten. Nach kurzer Bedenkzeit stellte ich Sichtkontakt zu der ältesten Frau her. An Orten wie diesem besitzen jüngere Kräfte keinerlei Autorität, und Leute ohne Befugnisse leiern meistens nur wie Papageien ihre Vorschriften herunter. Außerdem scheinen sie angesichts ihrer eigenen Ohnmacht auch noch eine geradezu boshafte Befriedigung dabei zu haben, andere zur Fügsamkeit zu zwingen.
    Die Frau trat an die Theke und sah mir erwartungsvoll entgegen.
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