Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Des Wahnsinns fette Beute: Macken und Marotten auf der Spur (German Edition)

Des Wahnsinns fette Beute: Macken und Marotten auf der Spur (German Edition)

Titel: Des Wahnsinns fette Beute: Macken und Marotten auf der Spur (German Edition)
Autoren: Cornelia Scheel , Hella von Sinnen
Vom Netzwerk:
eine Autobahnraststättentoilette gehe, dann muss ich danach, wenn ich mir die Hände gewaschen habe, mit dem Papierhandtuch die Klinke runterdrücken. Ich möchte, nachdem ich mir die Hände gewaschen habe, nicht mehr mit der «Siffklinke» in Berührung kommen. Bis ich am Auto bin, habe ich es auch schon wieder vergessen, und diese Klinke kann ich dann wieder normal anfassen. Aber wo fängt es denn an, haarig zu werden? Das ist doch eigentlich schon eine Macke, oder?
     
Eine leichte Macke, würde ich sagen, aber nichts Diagnostisches. Man kann versuchen, solche Dinge, wenn sie einen sehr stören, verhaltenstherapeutisch wegzubekommen. Für Laien ist das Flooding eine besonders überraschende Methode. Wenn Sie zum Beispiel Angst vor dreckigen Sachen haben, dann müssen Sie therapeutisch mal richtig in Mist reinpacken. Wenn Sie da eine gewisse Zeit lang die Hände drin haben, dann merken Sie, dass diese Angst, die Ihnen das in Ihrer Vorstellung eigentlich macht, in der konkreten Situation zurückgeht. Sie wird physiologisch zurückreguliert. Ähnlich ist es, wenn Sie Höhenangst haben und dann mit einem Verhaltenstherapeuten einen Fernsehturm besteigen. Dann haben Sie erst große Angst, merken aber, dass die erstaunlicherweise zurückgeht. Auf diese Weise kann man sich Ängste abgewöhnen.
     
    Was muss ich denn machen? Ich habe Angst vor Rolltreppen. Ich habe keine Angst vor Höhe und keine Angst vor Bewegung. Aber vor Rolltreppen.
     
Wahrscheinlich sollten Sie mit einer vertrauten Person oder einem Therapeuten mal ganz viele Rolltreppen hochfahren.
     
    Furchtbarer Gedanke!
     
Das ist es ja gerade! Der Gedanke ist furchtbar, aber die Wirklichkeit, die Sie ja gar nicht mehr kennen, ist dann mit der Zeit überraschenderweise ganz anders. Ich gehe jetzt mal davon aus, dass Sie die Benutzung der Rolltreppe schon längere Zeit meiden. Das heißt, Sie wissen gar nicht mehr, wie das wirklich ist, und das steigert die Angst natürlich. Wenn man das dann aber mit einem Therapeuten oder einer vertrauten Person zusammen mehrfach macht, dann geht zwar anfangs erwartungsgemäß der Blutdruck hoch, und Panik kommt auf. Irgendwann spürt man aber, dass der Körper das nicht lange durchhält. Das heißt, der Körper reguliert von selber runter. Und das vergisst man nicht mehr.
     
    Funktioniert das auch bei Flugangst?
     
Ja.
     
    Sie sagten ja, wir sind alle Mängelwesen. Warum glauben Sie, muss fast jeder Schauspieler dreimal vorher auf Holz klopfen? Oder ein Toi-toi-toichen dabeihaben? Oder warum muss ein Fußballer vor einem Spiel ein Stück Rasen rauszupfen? Das ist ja so eine Mischzone zwischen Ritual und Aberglaube. Hat das was mit Angstbekämpfung zu tun?
     
Na ja, krank ist das sicher nicht. Es gibt katholische Fußballspieler, die bekreuzigen sich vor dem Spiel. Das ist zum einen ein Glaubensbekenntnis, andererseits rufen sie Gott um Hilfe an. Erst wenn die ohne ein solches Ritual die Panik bekämen, wäre das bedenklich.
     
    Gut, aber wie fängt es denn überhaupt an? Warum sind denn so viele Menschen abergläubisch? Müssen dem Schornsteinfeger über die Schulter schubbern, weil das Glück bringt? Wo kommt das her, und warum brauchen so viele Leute das?
     
Der Philosoph Martin Heidegger hat darauf hingewiesen, dass der Mensch das einzige Wesen ist, das weiß, dass es stirbt, die anderen Wesen wissen das nicht. Das ist unheimlich und macht Angst. Uns ist dadurch bewusst, dass jeder Moment unwiederholbar ist und dass der Tod jederzeit eintreten kann. Tag für Tag hört man vom Tod anderer Menschen. Man versucht das natürlich zu verdrängen, aber diese Angst prägt nach Heidegger jeden Menschen. Das hat selbstverständlich mit Angsterkrankungen gar nichts zu tun. Man kann diese existenzielle Angst natürlich mit künstlicher Fröhlichkeit übertönen, damit wird man sie aber nicht los. Die Antwort auf diese Angst ist aus meiner christlichen Sicht der Glaube. Wenn einem aber aus welchen Gründen auch immer diese Antwort abhandengekommen ist, dann gilt oft: «Wer nichts mehr glaubt, der glaubt alles.» Das heißt, man geht in einer anderen Form dem Bedürfnis nach Orientierung nach. So klammert man sich an alle möglichen Plastikreligionen, also an allen möglichen Aberglauben, was sehr mühsam ist auf die Dauer. Eines Tages rief bei mir die Redaktion von «Arabella» an. Es ging um Talismane. Da habe ich spontan gesagt: «Talismane? Über so einen Quatsch rede ich nicht.» Dann habe ich mir aber überlegt, das ist
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher