Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Des Teufels Maskerade

Des Teufels Maskerade

Titel: Des Teufels Maskerade
Autoren: Schlederer Victoria
Vom Netzwerk:
kommt’s doch herein, in meinem Haus braucht wirklich keiner auf dem Gang herumzustehen!«
    Fügsam folgten wir ihr in ihr äußerst hellblaues, opulentes Boudoir, von dem aus sie die Geschicke ihres Salons und ihrer Mädchen zu lenken pflegte.
    »Mit dem Herrn Marchese ist auch heut’ Abend wieder zu rechnen«, setzte Esther indes ihren Redeschwall fort. »Er kommt immer nur donnerstags und sonntags zu mir, der Rest der Woche ist für die Marchesa reserviert … Mein Gott, Dejan, schau mich nicht so trist an! Man könnt’ ja meinen, du hättest deinen eigenen Geist gesehen.«
    Mit schwachem Lächeln hielt ich sie auf Armeslänge von mir. »So ähnlich«, bekannte ich.
    Mir entging nicht, dass Lysander und Esther wissende Blicke tauschten, während Mirko sich scheinbar gänzlich in die Betrachtung einer kleinen Erosfigur auf dem Frisiertisch vertiefte.
    Esther, ließ ich mir durch den Kopf gehen, war nicht nur hübsch – und das, obgleich sie die Vierzig bereits überschritten hatte –, sondern verfügte auch über eine ausgesprochen rasche Auffassungsgabe.
    Augenblicklich verstummte sie, stemmte die Hände in ihre ausladenden Hüften. Ärger, Interesse und Sorge funkelten gleichermaßen in ihren schwarzbraunen Augen. »Raus mit der Sprache.« Mit flinken, präzisen Bewegungen füllte sie drei Gläser mit Portwein.
    Noch während ich überlegte, wie diese Geschichte zu beginnen war, sagte Lysander ohne Umschweife: »Trubic.«
    Esther schüttelte den Kopf, strich sich eine dunkelbraune Haarsträhne aus der Stirn. »Trubic?«, wiederholte sie verständnislos. »Hast du meinen Brief nicht erhalten?«
    Mit einem Mal fiel mir ein, das ich nie mit ihr über die unglückselige Affäre Trubic gesprochen hatte. In jenen Tagen hatten Lysander und ich ein stillschweigendes Abkommen geschlossen,
dass niemand allzu genau erfahren musste, was geschehen war. Trubics angeborener Diskretion sowie seinen ausgezeichneten Kontakten zu den unterschiedlichsten Persönlichkeiten von Einfluss und Namen war es darüber hinaus zu verdanken gewesen, dass die Angelegenheit in den Salons der Gesellschaft totgeschwiegen worden war. Selbst die Lokalblätter hatten ihr keinerlei Bedeutung zugemessen.
    Auch Lysander schien sich jetzt – endlich – daran zu erinnern, denn er blinzelte entsetzt und senkte den Kopf.
    Träge ließ ich mich auf dem kleinen Diwan nieder. »Ist dir ein Oberst von Waldhausen bekannt?«, fragte ich stattdessen.
    Mit einem dramatischen Seufzen stürzte Esther ihren Portwein hinunter. »Aber ja. Der alte Mistkerl besaß die Unverschämtheit, im letzten Augenblick noch in eine Vase mit Orchideen zu urinieren, als er besoffen aus dem Haus getaumelt ist.« Gedankenverloren nahm sie die zerschundene Zigarettendose zur Hand, in der sie ein Sortiment an Stiften und Pinselchen verwahrte, ließ den Deckel auf- und wieder zuspringen.
    »Und seinen Wein hat er auch nicht vertragen. Wie der ausgeschaut hat, ganz bleich und krank – wie ein Schulbub nach seinem ersten Rausch!«, fuhr sie ihre Erzählung der Ereignisse fort. »Wer nicht trinken kann, der soll’s erst gar nicht probieren, aber bitte … Ich frag’ mich wirklich, wie ein Herr wie der Graf Trubic mit so was befreundet sein kann! Und die Louise hat auch ihre Geschichten zu erzählen gehabt, na, ich sag’s dir … Das war wohl die gerechte Strafe Gottes, dass das alte Schwein der Herzschlag getroffen hat.«
    Lysander setzte sich auf seine Hinterbeine. »Louise? Jene Louise, die nach Warschau geflohen ist?«
    Esther nickte heftig. »Ein paar Tage später, ja. Übelnehmen kann man’s ihr kaum, dass sie nach so was genug hatte von ihrer Arbeit. Aber trotzdem, was für ein Bild das machen
könnt’ – Gerüchte gab’s da gleich. Da bräucht’ nur irgendeine dahergelaufene Straßenhure erzählen, der Oberst wär’ vergiftet worden, und schon hätten wir die ärgsten Scherereien am Hals. Na, und zwei Tage später kreuzt der Trubic, bei dem der Oberst gewohnt hat, hier auf und fragt die Mariana nach dir aus. Ich mein’ ja, der will dich auf die Geschichte ansetzen. Die Polizei hatten wir noch nicht im Haus, ein rechtes Glück, sag’ ich dir.«
    Im Wandspiegel betrachtete ich, en passant , mein Gesicht, schmal und hart und mitgenommen präsentierte es sich mir, gerahmt von schulterlangem, unordentlichem, blondem Haar. Unwillkürlich rief ich mir Trubics Worte wieder in Erinnerung  – vielleicht hatte ich tatsächlich zu viel Zeit unter Barbaren und
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher