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Des Teufels Maskerade

Des Teufels Maskerade

Titel: Des Teufels Maskerade
Autoren: Schlederer Victoria
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leichten Nicken zur Kenntnis genommen; Sekunden verstrichen, ehe er hinzufügte: »Wenn ich den Herrn Baron darauf hinweisen dürfte, dass der Herr Graf angeordnet hat, dass er heute gar niemand empfangen will?«
    »Ich warte in der Bibliothek.« Ohne eine Reaktion des Dieners abzuwarten, händigte ich ihm Hut und Cape aus und schritt geradewegs die gewundene Marmortreppe, ein Relikt vergangenen Reichtums der Familie Trubic, empor. Ich hatte stets über ein ausgezeichnetes Gedächtnis verfügt – bittere Notwendigkeit in einem Beruf wie dem meinen –, so dass es mir ohne größere Mühen möglich war, mich in dem Palais zu orientieren, auch wenn ich seit Jahren nicht mehr zu Gast gewesen war.
    Indes, das bunte Panoptikum der Erinnerung illustrierte meinen Weg mit Trugbildern, schmerzhaft in ihrer Harmlosigkeit. Zehn Jahre waren vergangen – bei weitem nicht genug, um Schuld und Hass zu tilgen.
    Meine Hände zitterten merklich, als ich vor den hohen Flügeltüren zur Bibliothek haltmachte, mich nicht dazu entschließen konnte, sie aufzustoßen. Was erwartete ich nur dahinter?
Meinen alten Freund Felix Trubic, wie ich ihn unzählige Male gesehen hatte: auf dem Sofa lungernd, in eine englische Tageszeitung vertieft, derart konzentriert auf eine Detailfrage der Weltpolitik, dass er mein Erscheinen erst nach einigen Momenten wahrnahm?
    Einmal noch war ich wiedergekehrt, damals, Wochen nach jener Affäre der Ehre; nie konnte ich mit Gewissheit sagen, weshalb. Hatte ich um Verzeihung bitten wollen für das, was ich getan, oder für das, was ich unterlassen hatte? War mir an jenem bewussten Abend – berauscht von süßem Rotwein und dem Duft der Huren – der Gedanke gekommen, die unglückselige Angelegenheit in einer Art abzuschließen, wie es sich für Männer von Stand und Ehre geziemte?
    Die steife Höflichkeit, mit der Trubic mich empfing, war schlimmer als jede offene Beleidigung. Mit gespenstischer Ruhe hatte er mich gemustert, die Augen ausdruckslos in seinem hageren, von Krankheit gezeichneten Gesicht. »Also schön«, hatte er mit gelangweilter Stimme gesagt. »Wenn du möchtest, so beenden wir es. Übermorgen früh, selbe Lokalität.« Mit einem sanften Lächeln hatte er hinzugefügt: »Dann bleibt dir noch ein Tag, um deine Angelegenheiten zu ordnen und nüchtern zu werden.«
    Ich war, Entschuldigungen flüsternd, geflohen.
    Nach diesem höchst unrühmlichen Auftritt hatte ich es auf das Tunlichste vermieden, meine Pfade noch einmal jene Trubics kreuzen zu lassen, was sich nicht weiter diffizil gestaltete, da er und ich uns häufig auf Reisen befanden und im Übrigen in äußerst unterschiedlichen Kreisen verkehrten.
    Erst als eine dunkle, wohlbekannte Stimme mich aus meinen Gedankengängen riss, wurde mir bewusst, wie lange ich so auf dem Gang ausgeharrt haben musste.
    »Baron Dejan Sirco«, sagte Trubic ruhig. »Nun, das ist eine Überraschung.«

    »Wohl kaum«, erwiderte ich, ohne mich umzudrehen. »Zumal Sie es waren, der auf recht unsubtile Weise Erkundigungen über mich eingezogen hat.«
    Dicht an meinem Ohr vernahm ich Trubics leises, heiseres Lachen. »Oh, dies meinte ich nicht. Es erstaunt mich lediglich, dass du nicht länger deine Herkunft verleumdest und wieder als Baron verkehrst.«
    Langsam und, wie ich hoffte, gelassen, wandte ich mich ihm zu, wechselte wie er die Anrede. »Was willst du von mir?«, fragte ich. »Und vor allem, weshalb machst du dich zum Narren, indem du Dirnen befragst, statt nach mir zu schicken? Du weißt bei Gott, wo du mich finden kannst.«
    Felix Trubic seufzte. »Du hast offenkundig zu viel Zeit unter Barbaren und Gelichter verbracht, das lässt die Manieren ein wenig leiden, mein lieber Freund«, stellte er gleichmütig fest. Mit lockerem Griff umschloss er meinen Unterarm, führte mich in die Bibliothek.
    »Die Angelegenheit ist ein wenig diffiziler, als du annimmst.« Leichthin fügte er hinzu: »Diffizil genug, um sie wie zivilisierte Menschen über einem Aperitif zu besprechen.«
     
     
    Die Sitzgruppe am östlichen Fenster präsentierte sich dunkelgrün und zerschlissen wie einst. Einzig der klobige Schreibtisch aus glänzendem Teakholz, dessen ich mich noch so lebhaft entsann, war einem weniger ausladenden Exemplar gewichen, das gegenwärtig mit Depeschen, Landkarten und Büchern bedeckt war. Ein schneller Blick offenbarte mir, dass Trubic sich eingehender mit dem Thema Piemont auseinandergesetzt hatte.
    Meine Neugier entging ihm nicht.
    »Ausgesprochen
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