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Des Teufels Alternative

Des Teufels Alternative

Titel: Des Teufels Alternative
Autoren: Frederick Forsyth
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wettmachen, die deshalb stets sein Ohr hatte.
    Und noch zwei weitere Gründe sprachen für Poklewski: Er war Bill Matthews bedingungslos ergeben und hatte keinerlei politische Ambitionen, die über dessen Schatten hinausreichten. Es gab nur einen einzigen Vorbehalt gegen ihn: Der Präsident mußte die mißtrauische Abneigung, die der Doktor für die Moskauer Machthaber empfand, stets durch die unvoreingenommeneren Beurteilungen seines aus Boston stammenden Außenministers ausgleichen.
    Der Außenminister fehlte an diesem Morgen bei der Besprechung, um die Poklewski gebeten hatte. Die beiden anderen Männer vor dem Schreibtisch waren Robert Benson, der Direktor der Central Intelligence Agency, und Carl Taylor.
    Es heißt oft, die National Security Agency sei für die gesamte elektronische Spionage der Amerikaner zuständig. Diese Meinung ist weit verbreitet, aber falsch. Die NSA ist für den Teil der elektronischen Überwachung und Spionage im Ausland verantwortlich, der die Vereinigten Staaten durch Abhöroperationen schützen soll. Sie belauscht Telefongespräche und überwacht den Funkverkehr. Tagtäglich fängt sie Milliarden von Wörtern aus Hunderten von Sprachen und Dialekten aus dem Äther auf, um sie aufzuzeichnen, zu entschlüsseln, zu übersetzen und zu analysieren. Aber sie setzt keine Spionagesatelliten ein. Die optische Überwachung der Erde durch Kameras in Flugzeugen und vor allem in Satelliten ist stets Aufgabe der von der U. S. Air Force und der CIA gemeinsam betriebenen National Reconnaissance Office gewesen. Carl Taylor, der diese Dienststelle leitete, war ein Zweisternegeneral des Luftwaffen-Nachrichtendienstes.
    Der Präsident schob die gestochen scharfen Satellitenfotos auf seinem Schreibtisch zu einem Stapel zusammen und gab sie Taylor zurück, der aufstand, um sie entgegenzunehmen und in seinen Aktenkoffer zu legen.
    »Also gut, meine Herren«, sagte Matthews langsam, »Sie haben mir gezeigt, daß die Weizenernte in einem kleinen Teil der Sowjetunion verkümmert – vielleicht sogar nur auf den hier abgebildeten wenigen Hektaren. Was beweist das?«
    Poklewski sah zu Taylor hinüber und nickte. Taylor räusperte sich.
    »Mr.   President, ich habe mir erlaubt, eine Direktübertragung von einem unserer Condor-Satelliten vorbereiten zu lassen. Möchten Sie sie sehen?«
    Matthews nickte und folgte Taylor mit den Augen, als der an die Bücherschränke vor der sanft geschwungenen Westwand trat. Dort waren seit neuestem in der untersten Reihe Fernsehapparate eingebaut, die hinter Schiebetüren aus Teakholz verschwanden, wenn der Präsident offiziellen Besuch empfing. Taylor schaltete das Gerät ein, das sich ganz links außen in der Reihe befand, und kam an den Schreibtisch zurück. Er nahm einen der sechs Telefonhörer ab, wählte eine Nummer und sagte kurz: »Vorführen.«
    Präsident Matthews war über die Condor-Satelliten informiert. Sie operierten mit noch empfindlicheren Kameras und aus noch größeren Höhen als früher und konnten Objekte von der Größe eines Fingernagels aus 300   Kilometern Entfernung selbst bei Nebel, Regen, Schnee und in absoluter Dunkelheit erfassen. Es waren die neuesten und besten Modelle.
    In den siebziger Jahren war die fotografische Überwachung zwar gut, aber langsam gewesen. Die belichteten Filmpatronen mußten an bestimmten Positionen von den Satelliten ausgestoßen werden, um in ihren Schutzkapseln in freiem Fall zur Erde zu gelangen. Sie wurden mit Hilfe ihres Peilsenders aufgespürt, ins NRO-Zentrallabor geflogen, entwickelt und ausgewertet. Direktübertragungen von Satelliten waren nur möglich innerhalb der Flugabschnitte oder von einer der Relaisstationen, von denen eine gerade Verbindungslinie mit den USA hergestellt werden konnte. Bewegte sich ein Satellit aber über der Sowjetunion, verhinderte die Erdkrümmung einen Direktempfang, so daß die Beobachter warten mußten, bis der Satellit wieder ihre Station passierte.
    Im Sommer 1978 fanden die Wissenschaftler die Parabel-Lösung, die es ermöglichte, jeden Himmelsspion direkt vom Weißen Haus abzufragen. Per Computer berechneten sie ein höchst kompliziertes Netz für die Flugbahnen von sechs erdumkreisenden Spionagesatelliten. Auf ein Signal hin übermittelte der jeweilige Satellit seine Bilder einem anderen Satelliten in seiner Reichweite, dieser zweite Satellit gab sie an einen dritten weiter, der das Material unter Umständen wiederum weiterreichte – wie Basketballspieler, die sich den Ball im
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