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Des Koenigs Konterbande

Des Koenigs Konterbande

Titel: Des Koenigs Konterbande
Autoren: Alexander Kent
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nicht entgangen. Vorhin hatte er befürchtet, daß schon hier alles zu Ende sein würde.
    Nun begriff er: Für Bolitho hatte es gerade erst angefangen.

Mißtrauen
    Die Schuhe im nassen Sand vergraben, stand Kapitän Richard Bolitho auf dem Uferhang und starrte über die ganze Breite des Medway zu der Baumreihe hinüber, die im Dunst fast verschwamm. Das harte Sonnenlicht verbreitete noch keine Wärme. Bolitho bewegte die Schultern unter dem lockeren Mantel und fragte sich, ob er jemals wieder aufhören würde zu frieren. Selbst die Brise, die vom Fluß herüberwehte, war kühl und feucht.
    Trotzdem – es wurde Frühling. Er nahm sich vor, das nicht immer wieder zu vergessen. Das Kältegefühl kam aus seinem Inneren, von der Erinnerung an wärmere Gegenden, an glücklichere Zeiten.
    Allday, der ein paar Schritte hinter Bolitho stand, bemerkte wie beiläufig: »Tja, Sir, da liegt einer aus Ihrer Herde.« Er wartete, um Bolithos Stimmung zu sondieren – wie schon so oft seit ihrer Ankunft.
    Bolitho nickte und beschattete seine Augen mit der Hand, um das kleine Fahrzeug studieren zu können, das über seinem Spiegelbild vor einer kleinen Insel lag, zwischen zwei glänzenden, trockengefallenen Schlickbänken. Ein Toppsegelkutter namens
Telemachus,
eben jener, der in der Werft flußaufwärts neu ausgerüstet worden war.
    Seine Linien wirkten karg und würden erst unter Segeln voll zur Geltung kommen. Bolitho rief sich ins Gedächtnis, daß diese Kutter – so klein sie auch waren im Vergleich zu einer Fregatte – auf ihre Größe bezogen mehr Segelfläche tragen konnten als jedes andere Schiff. Vielleicht gab es einige wenige Wasserfahrzeuge, die ihnen an Schnelligkeit überlegen waren, nicht aber an Wendigkeit bei jedem Wind.
    Einer aus meiner Herde.
Allday mußte trotz seiner gespielten Gelassenheit seine Gedanken gelesen haben. Er wußte, daß er nun
Telemachus
mit
Tempest
verglich und den Medway mit der Großen Südsee. Wie von selbst stand ihm wieder das Bild der drei turmhohen weißen Segelpyramiden vor Augen, die in den blauen Himmel ragten. Das von der Hitze weiche Pech der Decksnähte, das immer an den Schuhsohlen kleben blieb, wenn man den spärlichen Schatten aufsuchte, um die nach allen vier Windrichtungen leere, wie mit dem Messer gezogene Kimm zu studieren. Ja, die
Tempest
war ein richtiges Schiff gewesen, ein Vollblut. Alldays Gedanken konnten sich von seinen eigenen nicht sehr unterscheiden.
    Bolitho hatte sich nach seiner Ankunft bei dem Admiral gemeldet, der die Werft der Kriegsmarine leitete. Der Mann schien in Gedanken woanders zu sein, gab sich aber recht verbindlich. Allerdings schien er die Zusammenrottung auf der Landstraße und die Mißhandlung der beiden Preßoffiziere eher für lästige Bagatellen zu halten.
    Er sagte: »Der Midshipman, tja – der hat keinen blassen Schimmer. Aber der kommandierende Leutnant hätte es besser wissen müssen. Wie konnte er Privathäuser durchsuchen und der Fahnenflucht Verdächtige festnehmen, ohne vorher die örtlichen Behörden zu informieren? Natürlich werde ich mich beschweren, und ich rechne auch damit, daß die Schuldigen mit einer Geldstrafe belegt werden, aber…«
    Den Rest konnte er sich sparen.
    Bolitho jedoch blieb hartnäckig. »Wie ich hörte, hat sich letztes Jahr in Rochester ähnliches ereignet, Sir. Damals führte sogar der Bürgermeister selbst den Mob an, der die Wache überfiel, um Gepreßte zu befreien.«
    Der Admiral runzelte die Stirn. »Richtig. Der Wahnsinnige hat unseren Offizieren sogar ein hohes Bußgeld abgepreßt, ehe er sie wieder freiließ.« Er schien sich in Wut geredet zu haben. »Aber wenn die Franzosen wieder Amok gegen uns laufen, wird der Wind hier bald aus einer anderen Ecke wehen. Dann heißt es wieder:
unsere tapferen blauen Jungs, unser ganzer Stolz!
Dann rufen all die selbstgerechten Heuchler hier nach uns, weil ihre kostbare Haut in Gefahr ist, und betteln die Marine um Hilfe an!«
    Als Bolitho nach Kommodore Hoblyn fragte, erklärte ihm der Werftadmiral, daß dieser unterwegs sei, um für die Kriegsmarine kleine wendige Schiffe aufzukaufen, als Verstärkung für den Kriegsfall. »Und zwar mit ein paar Kaperbriefen in der Tasche, will ich wetten«, hatte der Admiral trocken bemerkt. »Um für den König noch einige Halsabschneider zu rekrutieren.«
    Enttäuscht verließ Bolithos das Haus des Admirals, dessen letzte Worte ihm noch im Ohr klangen: »Nehmen Sie es sich nicht so zu Herzen, Bolitho. Sie haben drei
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