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Des Koenigs Konterbande

Des Koenigs Konterbande

Titel: Des Koenigs Konterbande
Autoren: Alexander Kent
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Flußufer verfielen die Ruinen einer alten Festung. Rochester lebte wie viele Orte in diesem Teil Kents von der Marine mit ihrer großen Werft und den vielen Ausrüstungspiers. Aber in Kriegszeiten verriegelten die Einwohner bei Einbruch der Dunkelheit dennoch ihre Türen und Fenster und lauschten dahinter furchtsam auf die verhaßten Preßgangs, wenn sie die Straßen nach Opfern durchkämmten.
    Zuerst suchten sie in den Kneipen und Logierhäusern nach erfahrenen Seeleuten, aber seit der Bedarf der Flotte immer größer wurde, nahmen sie mit, wen sie finden konnten. Feldarbeiter und Schuljungen, Schneider und Sattler – niemand wurde verschont. Denn die Schiffe des Königs waren unersättlich.
    Viele Kommandanten mußten mit einer Besatzung auslaufen, die nur zu einem Drittel aus erfahrenen Matrosen bestand. Der Rest lernte das Nötigste unter Flüchen, Prügeln und dem Klatschen der Peitsche. Bei dieser Tortur wurden viele getötet oder verletzt, lange bevor der Kommandant dem Feind gegenübertreten mußte. Männer stürzten aus der Takelage zu Tode, brachen sich die Knochen, wenn überkommende Seen sie gegen die festgelaschten Kanonen warfen, oder fielen unbemerkt über Bord und ertranken hilflos.
    Jetzt, da über den Kanal wieder Kriegsgewölk gen England zog, mußten die Preßgangs ständig unterwegs sein, dachte Bolitho. Das Pressen war in der Bevölkerung verhaßt, aber noch gab es keine andere Methode; England brauchte Schiffe, und die Schiffe brauchten Männer. Diese Logik galt seit hundert Jahren.
    Bolitho blickte auf, als wäßriges Sonnenlicht ihn wärmte.
    Kapitän auf eigenem Schiff.
Einst war es ein unerreichbarer Wunschtraum gewesen, der schwierigste Schritt auf dem Weg vom überfüllten Fähnrichslogis zum Luxus der geräumigen Achterkajüte. Aber diesen Lohn schon erkämpft zu haben und wieder entrissen zu bekommen, war am härtesten zu verkraften.
    Sein neues Kommando bestand aus drei Toppsegelkuttern, schnellen und wenigen Fahrzeugen, die den Zollschiffen glichen. Eines davon lag noch zum Ausbau in der Werft, doch auf den beiden anderen erwartete man seine Ankunft gewiß schon mit Neugier oder Mißvergnügen. Alle fragten sich wahrscheinlich, warum sich ein Vollkapitän in ihre vertraute kleine Welt drängte.
    Bolitho hatte die wenigen verfügbaren Berichte eingehend studiert, in der Hoffnung, auch nur das kleinste Detail zu finden, das ihn mit seiner neuen Aufgabe hätte versöhnen können. Vergeblich. In Südostengland und besonders auf der Insel Thanet schienen sich Katze und Hund das Revier zu teilen. Die Zollkutter jagten Schmuggler, und die Preßgangs jagten widerspenstige Rekruten und Deserteure.
    Aber die Fraktion der Gesetzlosen – Schmuggler, die oft besser ausgerüstet und bewaffnet waren als ihre Gegner – schien die Oberhand zu haben.
    Als Bolitho wieder die Kutsche bestieg, begegnete er Alldays Blick, dessen eisengrauer Nackenzopf keck über den Kragen seiner dunkelblauen Uniformjacke ragte.
    »Da sind wir wieder, Käptn«, stellte Allday fest. »Fregatte oder nicht, es ist die See, wo wir hingehören.«
    Bolitho lächelte ihn an. »Das werde ich mir merken, alter Freund.«
    Allday lehnte sich zurück und sah zu, wie die Pferde antrabten. Es war ihm nicht entgangen, daß Bolithos Wangenmuskeln arbeiteten. Er hatte die Zähne zusammengebissen wie unter Feindbeschuß oder wie damals, als seine Lady viele Faden tief in der See versank. So hatte er auch ausgesehen, als er das große graue Steinhaus fiebergeschwächt zum ersten Spaziergang verlassen hatte, nur ein paar Schritte weit am ersten Tag, aber jeden Tag ein bißchen weiter. Bis er seinen stützenden Arm wütend von sich stieß und zur Klippe wankte, an deren Fuß die Brandung um die Felsen tobte.
    Dort war er dann zusammengebrochen. »Ihr hätte es hier gefallen, alter Freund«, hatte er gemurmelt.
    Gemeinsam hatten sie den Kampf bestanden, den härtesten, an den sich Allday erinnern konnte.
    Jetzt war er wieder da, und gnade Gott jedem, der sich gegen ihn erhob. Allday tastete nach dem schweren Entermesser unter seinem Sitz. Der bekommt es erst mal mit mir zu tun, dachte er.
    Der Ärger begann, noch ehe sie die ersten Häuser von Rochester erreichten.
    In der schnell hügelabwärts rollenden Kutsche las Bolitho seine Befehle vielleicht zum hundertstenmal, als er Allday draußen rufen hörte: »Da vorn auf der Straße – bei Gott, da rottet sich Gesindel zusammen! Dreh um, Matthew!«
    Der Kutscher zügelte die Pferde, und
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