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Der Zypressengarten

Der Zypressengarten

Titel: Der Zypressengarten
Autoren: Santa Montefiore
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Jetzt riecht mein Büro wie ein Obdachlosenasyl, und ich habe gleich die nächste Bewerberin.«
    »Warum setzt du dich nicht mit ihr nach draußen?«
    »Falls Elizabeth Pembridge-Hughes vorzeigbar ist, werde ich das. Aber wenn sie auch eine Verrückte ist, setze ich mich nicht mit ihr nach draußen, sonst verschreckt sie uns die Gäste. Ich habe eine Duftkerze angezündet, auch wenn ich fürchte, dass die allein nicht viel hilft.«
    »Ich hätte gedacht, dass er dir gefällt. Du magst doch exzentrische Gestalten.«
    Sie lächelte unglücklich. »Keine Exzentriker mit schwarzen Zähnen und Mundgeruch, von langen fettigen Haaren und lächerlicher Kleidung ganz zu schweigen.«
    »Du erstaunst mich.« Er kam die Leiter herunter.
    »Ich mag vorzeigbare Exzentriker. Solche, die nach Limone duften, saubere Hemden tragen und sich die Zähne putzen.«
    »Aha.« Er lüpfte eine Braue.
    Dann küsste er sie auf die Stirn. »Hauptsache, es macht dir Spaß, Marina. Schließlich war es deine Idee. Genieße es.«
    »Aber was ist, wenn ich niemand Passenden finde?«
    »Du musst ja keinen Hauskünstler haben.«
    »Doch, muss ich wohl. Wir brauchen etwas, das uns von den anderen unterscheidet, um Leute anzulocken. Ich brauche dich gewiss nicht daran zu erinnern, in welchen Schwierigkeiten wir stecken. Wir müssen uns neue Sachen ausdenken, damit wir mehr Buchungen bekommen, sonst schlittern wir in die nächste Kreditklemme. Wir verdienen kein Geld, Grey. Genau genommen verlieren wir Geld. Denk dran, dass die Hälfte der Sommergäste zum Malen herkommt. Meine Londoner Frauen haben ihre Woche im Juni nur gebucht, weil sie es wieder so wie letztes Jahr haben wollen. Ich versuche, etwas aufzubauen, das die Leute jedes Jahr wieder hierherlockt.«
    »Dann müssen wir eben die richtige Person auftreiben, sofern sie nicht bei den Bewerbern ist.«
    Marina rang die Hände. »Clementine findet, dass es geschmacklos ist.«
    »Sie ist jung.«
    »Und unverschämt.«
    »Achte nicht auf sie. Sie will dich nur auf die Palme bringen.«
    »Und ich bin kein Affe! Sie kann ruhig etwas mehr Respekt zeigen. Ich bin ihre Stiefmutter.« Sie wandte sich ruckartig ab, und das Wort »Mutter« verharrte auf ihren Lippen wie ein Affront.
    »Möchtest du, dass ich mit ihr rede?«
    »Nein, lass nur. Möglicherweise bin ich schlecht in der Rolle.«
    »Du hast dich bemüht, Schatz. Ich weiß, wie sehr du dich angestrengt hast, und ich bin dir überaus dankbar dafür. Es ist eine unmögliche Situation.« Auf einmal war die Luft schwer von Worten, die keiner laut sagen wollte.
    Als Marina sprach, war ihre Stimme leise. »Reden wir nicht mehr davon, Grey. Elizabeth Dingsda kann jede Minute hier sei, und da will ich nicht gestresst aussehen.«
    »Du siehst wunderschön aus.«
    »Nur in deinen Augen.«
    »Und das ist entscheidend.«
    Sie lächelte. »Du bist mein Held, Grey.«
    »Jederzeit, mein Schatz.«
    Shane kam linkisch zur Tür herein und tat, als hätte er nichts gehört. Er wischte sich die große Nase mit dem Handrücken, ehe er sich kerzengerade hinstellte, als er einen Wagen draußen vorfahren hörte. Jennifer überließ Rose den Empfangstresen, lief zum Fenster und presste ihre Nase an das Glas, um zu sehen, wie diese Kandidatin war.

2
    Elizabeth Pembridge-Hughes war äußerst vorzeigbar: groß, gertenschlank mit feinen, aristokratischen Zügen, Porzellanhaut und empfindsamen blauen Augen. Ja, sie war der Inbegriff dessen, wie eine Künstlerin aussehen sollte. Marina schüttelte ihr die Hand und bemerkte, dass Elizabeths sehr kalt war.
    Sie führte sie durch das Hotel auf die Terrasse, wobei sie unterwegs am Wintergarten Halt machte, damit Elizabeth die Zitronenbäume in den hohen Töpfen und die Weinranken an den Fensterstreben bewundern konnte, die hübschen Tintenfischen gleich ihre Tentakeln über das Glasdach streckten. Elizabeth entging nichts, und sie schien hocherfreut, weshalb Marina schon im Geiste frohlockte, dass sie ihre Hauskünstlerin gefunden hatte.
    Sie setzten sich an einen der runden Tische draußen, umgeben von großen Tontöpfen mit Rosmarin und Lavendel, die erst noch blühen mussten. Elizabeth schlug ein Bein über das andere und wickelte ihren breiten blasslila Schal fester um ihre Schultern, denn hier draußen wehte ein frischer Wind. Ihr naturblondes Haar war hie und da grau gestreift, und die Strähnen, die ihrem Pferdeschwanz entwichen, tanzten in der Brise. Sie war nicht mit Schönheit gesegnet, doch ihr Gesicht besaß eine gewisse
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